Ein Vergnügen für Leib und Seele

Am Donnerstag, den 10. August 2017, habe ich zum ersten Mal den Medicus in Isfahan - bzw. auf den Straßenschildern stand eigentlich "Fulda" - besucht.

Das Musical erzählt die Geschichte des jungen Rob Cole, dessen Mutter bereits sehr früh an den Folgen einer noch unheilbaren Krankheit stirbt. Rob wird daraufhin von einem keltischen Bader aufgenommen, der ihm sein Handwerk beibringt. Doch der junge Rob möchte noch mehr Wissen über die Medizin erlangen, um mehr Menschen helfen zu können, denn er hat selbst eine ganz besondere Gabe: Wenn er die Hand von jemandem berührt, spürt er, ob dieser bald sterben wird.
Der Mann entschließt sich, nach Isfahan zu reisen, um dort vom besten Arzt aller Ärzte "Ibn Sina" zu lernen. Auf seinem Weg dorthin lernt er Mary, die Tochter eines Schafzüchters kennen, und verliebt sich in sie. Doch schon bald trennen sich die Wege der Beiden, denn zunächst scheinen Mary und Rob ihr Glück an unterschiedlichen  Orten zu finden.
Im persischen Isfahan angekommen, findet Rob schnell neue Freunde namens Mirdin und Karim, mit denen er an der Madrassa Medizin studiert und auch seine geliebte Mary trifft er dort aufgrund eines sehr schrecklichen Schicksalschlags wieder. Die Liebe des Paars flammt erneut auf und das Glück scheint perfekt zu sein, doch der Schein trügt! Als Karim eines Tages überraschenderweise zum neuen Schah gekrönt wird, scheint die gewonnene Macht wichtiger als die Freundschaft. Diese Gier nach Macht und Reichtum hat tragische Folgen... 


Friedrich Rau stand an diesem Abend als "Rob Cole" auf der Bühne. Er verkörperte die Rolle voller Leidenschaft und stellte die Figur des aufstrebenden Medizinlehrlings vor allem unglaublich authentisch dar. Besonders die Willensstärke kommt bei seiner Interpretation der Rolle sehr gut zum Vorschein. Er weiß, was er möchte, und unterstreicht die Gefühle der Figur auch durch seine ausdrucksstarke Mimik.
Stimmlich ist Friedrich einfach großartig und kann bei jedem Lied auf ganzer Linie überzeugen. Einfach die perfekte Besetzung für diesen Charakter!

"Mary Cullen" wurde von Johanna Zett gespielt, die die Rolle auf der Bühne völlig auslebt und in ihren Gefühlen absolut aufgeht. Sowohl in ihren Gesang, als auch in ihr Schauspiel legt sie sehr viele Emotionen und harmoniert so ausgezeichnet mit ihrem Bühnenpartner.
Johannas Solo "Kilmarnock" war definitiv einer der großen Höhepunkte der Show, bei dem im gesamten Zuschauerraum doch die ein oder andere Träne aufblitzte.

Reinhard Brussmann begeisterte das Publikum in der Rolle des Arztes aller Ärzte, namens "Ibn Sina". Er scheint in der Rolle eine ganz besondere Aura zu haben und über dem Geschehen zu schweben, er strahlt so eine Ruhe und Weisheit aus und nimmt eine Art "Vaterfigur" ein. Neben dieser grandiosen Darstellung des Charakters besitzt Reinhard auch ein exzellentes gesangliches Talent, welches besonders bei dem Lied "Nimm die Last von meinen Schultern" die Menschen im Saal zu Gänsehaut und Tränen rührte.


"Karim" wurde von Andreas Wolfram verkörpert, der in der Inszenierung sehr viele verschiedene Facetten seiner Bühnenkunst zeigen kann. Andreas durchlebt mit seiner Figur innerhalb des Stückes eine große Entwicklung und kann aufgrund seines Schauspieltalentes ganz unterschiedliche Charakterzüge in den Fokus stellen, von dem ausgelassenen, extrovertierten, aber auch vertrauenswürdigen Studenten bis hin zum machtbesessenen und egoistischen Herrscher. Vor allem nach der Pause wurden die Zuschauer durch seine große Bühnenpräsenz in seinen Bann gezogen.

Der dritte Student im Bunde namens "Mirdin" wurde in dieser Vorstellung von Kristian Lucas gespielt, der in der Show das Bindeglied und ein wichtiges Element der Freundschaft zwischen Rob, Karim und ihm ist. Er konnte den Zuschauern sehr glaubwürdig dieses Freundschaftsgefühl und den Zusammenhalt der Studenten vermitteln. 

Frank Bahrenberg unterhielt die Menge als schelmischer "Bader"  und konnte mit seinem Schauspiel absolut authentisch in die Zeit des Mittelalters einführen. Sobald Frank die Bühne betrat, gehörte ihm die gesamte Aufmerksamkeit des Publikums, da er das Talent besaß, mit seinem Charme die Zuschauer um den Finger zu wickeln.


Die kleine Anna - Maria Eichler begeisterte als junger Rob bzw. Samuel. Sie spielte vor allem den Beginn der Geschichte unglaublich bewegend und man konnte merken, dass die Bühne ihr Zuhause ist. Beeindruckend mit welcher Freude und Präsenz Anna - Maria die Bühne für sich einnehmen konnte.

Das gesamte Ensemble brachte eine ganz besondere Magie in den Saal und verzauberte das Publikum mit tollen Choreografien und wirklich schönen Ensemble - Songs. Auf der Bühne war ein starker Zusammenhalt zwischen dieser fantastischen Cast zu merken.

Für diese Inszenierung ist neben der großartigen Besetzung der einzelnen Rollen  die wundervolle Musik ein wichtiges Merkmal. Die Show setzt sich aus vielen Ohrwürmern zusammen, mit denen man noch Wochen später Bilder des Geschehens verbinden kann. 
Auch das Bühnenbild zeigt sich extrem beeindruckend. In der Geschichte wechseln oft die Standorte, sodass die aufwendig gestalteten Kulissen immer sehr schnell gewechselt werden mussten, was aber aufgrund der tollen Mitarbeiter hinter der Bühne kein Problem war.


Der "Medicus" ist ein sehr berührendes Musical, das seine Zuschauer in die Geschichte des Mittelalters abtauchen lässt und unzählige Gänsehaut - Momente zaubert . Von emotionalen Duetten bis zu energischen Ensemble - Nummern beinhaltet das Stück alles, was das musikalische Herz begehrt.

Seht euch diese phänomenale Inszenierung in Fulda unbedingt an. Ich kann versprechen, sobald ihr in dem Schloßtheater sitzt, fühlt es sich nach Heimat an. 
Die Vorstellung schafft eine grandiose Verbindung zwischen den ernsten Themen des Lebens, der Liebe, aber auch der Lebenslust. 
Wer diese atemberaubende Show dieses Jahr nicht mehr sehen kann, sollte dies auf jeden Fall nächste Spielzeit nachholen... denn sie bietet sowohl für Leib, als auch für Seele, alles, was man sich nur wünschen kann!

Fotos: (c) Spotlight Musicals 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Große Emotionen im Sherwood Forest - Mit Robin Hood kommt eine neue Zeit des Musiktheaters

Wenn die Sehnsucht tanzen geht - Schaurig-schöne Ästhetik und düstere Fulminanz in Hamburgs Gruft

Theater kann die Welt verändern - "Der Club der toten Dichter", ein eindringliches Meisterwerk, das die Sprache des Herzens spricht