Ein wortgewaltiger Flug an der Seite von Sängerin und Musikliebhaberin Madeleine Haipt
Madeleine Haipt absolvierte ihre Ausbildung zur Bühnendarstellerin an der "Stage School" in Hamburg, wo sie 2009 ihren Abschluss erlangte. Anschließend zog es die Künstlerin auf diverse Musicalbühnen. So stand sie unter anderem in Produktionen, wie beispielsweise "Sweeney Todd", "Arielle" und "Die Schöne und das Biest", auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Seit einiger Zeit ist Madeleine zudem eine feste Größe am Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen, wo sie beispielsweise bereits in "Die Päpstin" und "Ludwig2" begeistern konnte. Aktuell steht die sympathische Sängerin sowohl in "Ein bisschen Frieden" als auch in "Zeppelin" auf besagter Bühne und entführt das Füssener Publikum allabendlich in andere Zeiten und Welten. Ich hatte die große Freude, Madeleine als Interviewpartnerin gewinnen und sie ein wenig über ihre Leidenschaft zur Musik ausfragen zu dürfen. Ein Blick auf ihre Homepage verrät, wie vielseitig diese Frau mit starker Persönlichkeit doch ist und umso spannender gestalten sich natürlich auch ihre Interviewantworten, im Rahmen derer die Künstlerin uns ein wenig an ihrem beruflichen sowie privaten Alltag teilhaben lässt. Mir bleibt nur, viel Spaß und reichlich Inspiration bei dem folgenden Blick hinter die Kulissen zu wünschen und zu sagen: Bühne frei für Madeleine Haipt...
Mein erstes Musical als Zuschauer war „Miss Saigon“, als ich 14 Jahre alt war und ich war einfach nur „geflasht“. Die Verbindung von Gesang, Tanz und Schauspiel hat mich schon immer fasziniert und dann auch noch einen echten Helikopter auf der Bühne zu sehen... Zum Glück war das SI-Zentrum in Stuttgart nur eine Stunde von meinem Zuhause entfernt, sodass meine Familie und ich von diesem Zeitpunkt an fast alle Musicals dort angeschaut haben.
Wie hat sich der Prozess der Berufswahl bei dir gestaltet? Wann stand für dich fest, dass du selbst als Künstlerin auf der Bühne stehen möchtest und gab es alternative Berufswünsche in deiner Jugend?
Mit sechs Jahren hat meine Tanzausbildung begonnen, was mir immer sehr viel Spaß gemacht hat, vor allem bei dieser großartigen Lehrerin Ingeborg Kimmerle. Allerdings war der Wunsch zu singen bald noch größer und somit haben mir meine Eltern auch den Gesangsunterricht ermöglicht. Überall, wo gesungen, getanzt oder geschauspielert wurde, war ich immer dabei und habe mich zuhause gefühlt. Als es dann an die Berufswahl ging, war es dennoch nicht sofort klar, welchen Weg ich gehen möchte. Mich hat zum Beispiel auch die Delfintherapie sehr interessiert sowie die Zusammenarbeit mit behinderten Kindern. Parallel zur Ausbildungssuche in diesem Bereich, habe ich jedoch auch Aufnahmeprüfungen für allerlei Musicalschulen gemacht und somit dann auch ganz schnell mein neues Zuhause in Hamburg gefunden und die Entscheidung für das Musical war getroffen.
Deine Ausbildung hast du an der "Stage School" in Hamburg absolviert. Was hast du während dieser Zeit als größte Herausforderung und was als größte Bereicherung erlebt?
Die für mich größte Bereicherung war es, so viele tolle Menschen kennenlernen zu dürfen - Freunde fürs Leben zu finden, Dozenten, die an einen glauben und auf diesem Weg begleiten. Und die Möglichkeit, jede Woche vor der Schule auftreten zu dürfen und einmal im Monat (Monday Night) vor großem zahlendem Publikum. Das war jedoch auch gleichzeitig die größte Herausforderung... Ich hatte es mir zum Ziel gemacht, auf jeder Monday Night aufzutreten und habe es auch schlussendlich fast geschafft!
Seit deiner Ausbildung standest du bereits in ganz unterschiedlichen Produktionen auf der
Bühne. Die Rolle der „Joana“ im Musical „Sweeney Todd“ hast du gleich zwei Mal, nämlich bei den Schlossfestspielen Ettlingen sowie am Theater in Pforzheim, verkörpert. Welche Erinnerungen verbindest du mit diesen Engagements und inwiefern bietet das mehrfache Hineinschlüpfen in ein und dieselbe Rolle zu unterschiedlichen Zeitpunkten eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Figur?
"Sweeney Todd" ist eine tolle Produktion und "Joana" eine wundervolle Rolle. Ich liebe dieses Sondheim-Werk. In Pforzheim war jedoch die größere Herausforderung, dass ich gaaanz spontan eingesprungen bin und innerhalb kürzester Zeit und ohne Proben auf einer Bühne stand, die ich nicht kannte, in einer Inszenierung, die ich noch weniger kannte und einfach nur froh war, dass ich alles erfüllen und umsetzen konnte, was gefragt war :-). Die Frage nach der Weiterentwicklung der Rolle kann ich eher bei Bella in Doepkes „Die Schöne und das Biest“ beantworten. Dieses Stück und diese Rolle habe ich ein paar Jahre auf Tour gespielt und nun auch am Festspielhaus in Füssen. Das Spannende ist die Berufserfahrung, die mittlerweile spürbar einen Unterschied macht. Ich lasse mich nicht mehr so schnell verunsichern, stehe zu mir und vertraue dem Regisseur und mir ganz anders. Somit ist es eher die eigene Weiterentwicklung, die dazu führt, dass auch die Rolle wächst!
Seit ca. zwei Jahren bist du immer wieder fester Bestandteil der Musicalproduktionen im Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen. Was verbindet dich mit diesem Theater und was macht deiner Meinung nach den Zauber der dortigen Inszenierungen aus?
Oh je, wie viel Zeilen darf ich nutzen?! Haha...das wird lang... Was verbindet mich mit dem Festspielhaus in Füssen: eindeutig die Menschen! Ich bin so dankbar, in diesem Umfeld zu arbeiten. Das Miteinander zwischen Produktionsleitung, Bühnentechnik, Kostüm, Dresser, Maske, Pforte, einfach allen Gewerken und natürlich der Zusammenhalt mit den Kollegen auf der Bühne ist hier etwas ganz Besonderes! Überall, wo Menschen sind, menschelt es natürlich auch mal, allerdings sind hier so viele positive, offene Menschen und ein "geht nicht...gibt's nicht!". Teamwork ist hier ganz großgeschrieben! Es gibt vieles, was ich in Füssen ganz besonders finde... die Bühne ist natürlich ein großes Highlight für jede Inszenierung, mit Pool und kleiner Drehbühne auf riesiger Drehscheibe - ein absoluter Schatz, genauso wie die Bilder von Benjamin Sahler als Regisseur und die Choreografien von Stefanie Gröhning. Spannend macht es das Haus auch durch die Besetzungen. Man kann ein Stück mehrere Male anschauen und es wird nicht langweilig, im Gegenteil, eher spannend, da die wechselnden Besetzungen es am Leben halten und es jedes Mal wieder anders ist. Und auch für mich als Darstellerin bleibt es dadurch immer spannend.
Aktuell wirkst du unter anderem in der Produktion von „Zeppelin“ mit, welche nun schon in der dritten Spielzeit dem Füssener Publikum präsentiert wird. Dort bist du als Tänzerin zu erleben und coverst die Rollen der „Lilli von Hoeven“ sowie der „Gräfin Isabella von Zeppelin“. Bitte beschreibe doch für all jene, die das Stück bislang noch nicht gesehen haben, zunächst einmal in wenigen Sätzen die beiden Charaktere und verrate uns gerne im Anschluss, welche Charakterzüge dich hinsichtlich deiner schauspielerischen Darbietung besonders reizen / herausfordern?
"Isabella" wird im Stück die Frau von "Ferdinand von Zeppelin". Sie ist Wegbegleiterin, Antrieb und auch Finanzier von Ferdinand. Eine starke Frau mit der Vision, ihren Mann zu unterstützen, wo sie nur kann, und das bis zum Tod. "Lilli van Hoeven" hingegen ist eine Schauspielerin, die mit der Hindenburg auf dem Weg in die USA und nach Hollywood ist. Sie hat einen exzentrischen Nazi-Ehemann, der ihr das Leben schwer macht, und so verliebt sich die Frau während des Flugs in den Pianisten "Paul". Wie diese Dreiecksgeschichte weitergeht, erfährt man im Stück... ich will nicht zu viel verraten ;).
Spannend bei den beiden Rollen sind schon allein die Zeit und das Umfeld, in der sie jeweils lebten. Schauspielerisch reizt mich, bei "Isabella" die "höfische Zeit" und den Adel im Blick zu behalten und jedes Mal die Entwicklung während des Stückes von jung bis alt spielen zu dürfen. Das verändert Sprache, Haltung, Gangart...einfach alles. An "Lilli" finde ich die verschiedensten Emotionen durch das Stück hindurch unglaublich reizvoll. Von Liebe, Hass, Resignation, Freude, Ende und Neuanfang ist wirklich alles dabei. Das macht unglaublich viel Spaß.
Mit dem Musical "Zeppelin" erhält der Zuschauer die Möglichkeit, einen Blick in die
Vergangenheit zu werfen und in das vergangene Jahrhundert einzutauchen. Wenn du für einen Tag eine Zeitreise machen könntest, für welche Epoche / Zeitspanne würdest du dich entscheiden und gibt es
auch eine historische Persönlichkeit, der du dann gerne einmal die ein oder andere Frage stellen würdest?
Da fällt mir ganz spontan Johanna von Orleans ein. Das Mittelalter ist zwar nicht unbedingt eine Zeit, in der ich gerne leben würde, dieser Frau jedoch Fragen zu stellen und sie an einem Tag ihres Lebens, erleben und begleiten zu dürfen, wäre sicherlich mehr als spannend.
Mit der Show "Ein bisschen Frieden" habt ihr vor einigen Wochen zudem Premiere im
Festspielhaus gefeiert. Wie hast du diesen besonderen Abend erlebt?
Premieren sind immer spannend, vor allem wenn man so eng mit dem Stück verbunden ist. Ich war schon von Anfang an dabei, durfte Demos einsingen und Texte einsprechen. Dann tatsächlich selbst Teil des Casts zu sein und eine der Rollen zu verkörpern, die einem über die Jahre ans Herz gewachsen ist, ist wirklich etwas ganz Besonderes. Dabei auch noch die Reaktionen des Publikums zu erleben, die sehr gut sind...das macht einfach Spaß. Es ist eine Ehre, für und mit Ralph Siegel arbeiten zu können und einen solchen Abend zu erleben, an dem sein Werk, sein Traum wahr wird, ist unbezahlbar.
Beide angesprochenen Produktionen stammen aus der Feder des Komponisten Ralph Siegel. Wie hat sich die Zusammenarbeit im Rahmen der Erarbeitung der Shows gestaltet und wie hast du grundsätzlich die Probenprozesse mit dem gesamten Team empfunden?
Es ist unglaublich spannend, mit Ralph zu arbeiten und man lernt dabei sehr viel. Die Arbeit mit ihm als Künstlerin bei "Zeppelin" wie auch bei "Ein bisschen Frieden" fand jedoch hauptsächlich im Vorfeld statt - bei der Umsetzung und Entwicklung seiner Ideen, seiner Songs am Mikrofon und vor allem aller Chorsätze im Tonstudio. Ab dem Zeitpunkt des Probenstarts gab es dann hauptsächlich die Zusammenarbeit mit Benjamin und Stefanie. Die Probenzeiten sind unglaublich anstrengend, wenn auch sehr bereichernd. Da ich auf so vielen Positionen eingesetzt werde, hieß es auch, wirklich bei ALLEN Proben dabei zu sein. Das bedeutete z.B. 2021 in der "Zeppelin"-Anfangszeit sechs Wochen Proben, täglich von 10-22 Uhr. Ausnahmen bestätigen die Regel, es gab auch schon mal Tage, an denen die Proben nur von 11-18 Uhr dauerten, die waren jedoch eher eine Seltenheit. Ein Pensum, das man sich schwer vorstellen kann, jedoch tatsächlich so bewältigt werden musste und bei dem man gewiss auch mal an seine Grenzen kam. Dennoch war es, wie schon gesagt, eine unglaublich tolle Zeit, in diesen Anfängen dabei gewesen zu sein. Bei "Ein bisschen Frieden" waren die Proben für mich viel entspannter, da ich "nur" eine Rolle, die junge "Elisabeth Jünger", verkörpere, welche lediglich in einem Zeitstrang der Inszenierung vorkommt - nicht wie in "Zeppelin" drei Rollen, Tanzpositionen und eine Ensembleposition.
Gibt es eine Produktion auf deiner „inneren Liste“, in der du besonders gerne einmal mitwirken würdest?
Hm, wenn ich die Wahl hätte, würde ich gerne einmal die "Maria" in "West Side Story" spielen, oder auch die "Christine" in Webbers "Phantom der Oper". Ich bin jedoch offen für alles und freue mich über jegliche Herausforderung in Form neuer Rollen.
Abseits der Musicalbühne bist du auch swingend unterwegs und bereicherst die Band "The Airlettes". Bitte nimm uns doch einmal ein wenig mit hinter die Bandkulissen und verrate uns, wie die Idee zu diesem Projekt entstanden ist und wie sich diese seit der Gründung eures Trios weiterentwickelt
hat.
"The Airlettes" gibt es nun schon seit fast elf Jahren. Bereits während der Ausbildungszeit haben mich solche Formationen, wie "The Andrews Sisters" fasziniert und einige Songs wurden mit Kolleginnen im Close Harmony Stil umgesetzt. Bei einem Musicaljob habe ich dann Paulina kennengelernt und sie hatte noch eine Freundin, Stefanie, der diese Ära ebenfalls sehr zusagte. Somit war die 3er-Konstellation schon einmal gegeben und wir haben begonnen, uns ein Thema, einen Namen sowie ein Programm zu erarbeiten. Über die Jahre haben wir es nun geschafft, immer größer zu werden und mit unserer Band nicht nur auf Firmenevents zu spielen, sondern jedes Jahr auch eigene Tourneen zu erleben. Mittlerweile haben wir auch ein paar Agenturen, die uns unterstützen, bei denen wir jedoch nicht exklusiv sind, sodass wir auch nach wie vor das Meiste in Eigenarbeit umsetzen, wie z.B. die Tournee-Organisation. Unsere beiden CDs mit unserem wunderschönen Weihnachtsprogramm sowie einem retro Swing-Programm werden womöglich in der Zukunft noch um ein drittes Album ergänzt, auf dem unser verswingtes 90er-Jahre Programm "Swing it Baby One more time" verewigt werden wird.
Gemeinsam mit deinem Ehemann Jan Haipt bist du zudem musikalisch auf Feierlichkeiten aller Art unterwegs und stellst dort das Transportieren von Emotionen durch Musik in den Mittelpunkt. Welche besondere emotionale Kraft birgt in deinen Augen die Sprache der Musik und was bedeutet das
Singen für dich und deine Gefühlswelt?
Ich liebe die folgenden beiden Zitate: "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" (Gustav Mahler) und "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist" (Victor Hugo). Beide Zitate sagen aus, dass es ausschließlich um Emotion geht. Es benötigt keine Worte, keine Sprache, um berühren zu können. Man kann so viel Text singen wie man möchte, wenn er nicht gefühlt wird und voller Emotionen transportiert wird, dann kommt der beste Text nicht an. Meine große Herausforderung und mein Wunsch bei jedem einzelnen Job, ob bei einer Taufe, Hochzeit oder vor einem ausverkauften Theatersaal, ist es, die Menschen zu rühren und sie fühlen zu lassen. Wenn Tränen fließen, ist das der größte Dank an meine Arbeit. Das macht mich glücklich und das bedeutet Gesang für mich... selbst zu fühlen und fühlen zu lassen.
Wie sieht dein perfekter spielfreier Tag aus?
Ich bin ein absoluter Familien- und Naturmensch. Mit meinem Mann und/oder meiner Familie in der Natur sein... da brauche ich nicht mehr und dann ist es mir eigentlich auch fast egal, was wir machen. Ob wandern, am See liegen, eine Fahrradtour oder einfach miteinander grillen und am Lagerfeuer sitzen...
Hauptsache wir sind zusammen :) Und klasse ist es, wenn ich hierfür auch noch einen Kuchen backen kann...
Was ist das Wertvollste, das dir die Arbeit auf der Bühne geschenkt hat?
Meinen Traum leben zu dürfen und mein Hobby zur "Berufung" gemacht zu haben ist so wertvoll. Und dabei die Möglichkeit zu haben, Menschen für ein paar Stunden in eine andere Welt entführen, vom oft schwierigen Alltag ablenken und ihnen einfach pure Freude bereiten zu können.
Schnellfragerunde:
- Lieblingsbuch? - Roman: "Die sieben Schwestern"
Sachbuch: "Von Mensch zu Mensch"
- Vorbild? - Barbara Streisand
- Lieblingsmusical? - "Das Phantom der Oper"
- Madeleine in drei Worten… - Spontan, lebensfroh und optimistisch
- Traumreiseziel? - Island und Seychellen (kann mich nicht entscheiden! ;-))
Ein großes Dankeschön für dieses facettenreiche und hoch sympathische Gespräch, liebe Madeleine! Es war ein Fest, dich sowie dein Wirken auf der Bühne im Rahmen dieses Interviews näher beleuchten und dich auf "Musicalmuffin" begrüßen zu dürfen! Vielen Dank für deine Zeit, deine Mühe und deine Bereitschaft!
Alles Gute für deinen weiteren Weg, der dich hoffentlich noch auf viele weitere Bühnen dieser Welt führen mag!
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