It was great when it all began

Bei dem Stichwort "Time Warp" fällt wohl jedem Musical - Fan blitzschnell eine Show ein, oder? Richtig, die "Rocky Horror Show"! Und genau diese bunte und sehr verrückte Inszenierung habe ich am 5. August zum allerersten Mal bei den Schlossfestspielen Zwingenberg besucht.

Das Musical erzählt die Geschichte des Liebespaares Brad Majors und Janet Weiss, dem eine Autopanne an einem gewittrigen Abend zum Verhängnis wird. In ihrer Not irren die beiden Verzweifelten zu einem Schloss, in dem sie noch ein Licht sehen. Sie müssen sehr bald feststellen, dass sie an diesem dunklen und mystischen Ort das größte und gefährlichste Abenteuer ihres Lebens erwartet, denn dort wohnen die seltsamen Kreaturen vom Planten Transsexual, wie beispielsweise der bucklige Butler Riff Raff, seine Schwester Magenta und natürlich allen voran der Hausherr Frank N. Furter, der sich in seinem Labor seine Traummänner kreiert. Die Ereignisse dort überschlagen sich und Brad und Janet erleben alles von Mord, über Verfolgung und Verrat bis hin zur Verführung...

(c) Schlossfestspiele Zwingenberg

Brad Majors wurde verkörpert von David Lee Krohn, dessen Interpretation der Rolle stark an die von Barry Bostwick erinnerte, der diesen Charakter in der Filmfassung dargestellt hat. David überzeugte sowohl mit einem sehr authentischen Schauspiel, als auch mit einer wirklich ausdrucksstarken Stimme. Natürlich konnte er vor allem bei dem Solo "Once in a While" sein Gesangstalent beweisen. Zudem stellte er die Liebe zu Janet sehr real dar und konnte so in Verbindung mit seiner Angebeteten auch große Gefühle auf die Bühne vor der traumhaften Schlosskulisse zaubern.

Janet Weiss wurde von Jana Marie Gropp gespielt, die unglaublich gut mit ihrem Brad harmonierte. Sie spannte innerhalb ihrer Rolle einen großen Bogen, entwickelte die Figur in jeder Szene weiter und brachte dem Publikum besonders das Gefühlschaos der Rolle sehr nah. Im Gegensatz zu den Gestalten aus Transsexual, war das Liebespaar doch recht stark an das Original angelehnt. Diese Tatsache zog noch einmal sehr gut die Konturen um die zwei Welten, nämlich die reale Welt und den Planeten Transsexual. Trotz dieser starken Anlehnung an den Film, war es für Janet kein Problem, das Publikum von ihrer Interpretation der naiven und doch sehr liebenswerten jungen Frau zu überzeugen, denn sie konnte in jeder Hinsicht mit der Originalbesetzung Susan Sarandon mithalten.

Dr. Frank N. Furter wurde in dieser Inszenierung von Gino Emnes verkörpert, der ohne Frage der große Star an diesem Abend war. Er machte nicht nur Brad und Janet von seiner lasziven und zugleich herrschsüchtigen Art abhängig, auch die Zuschauer zog er in seinen Bann. Vor allem mit seiner großartigen Stimme konnte Gino begeistern und so jedes einzelne Lied zu einem echten Ohrwurm verwandeln. Und so blieb wohl noch lange der Klassiker "Sweet Transvestite" und der damit verbundene erste Auftritt des Schlossherrn lange in den Herzen und der Erinnerung der Zuschauer.

Michael Gaedt stellte mit viel Raffinesse den Butler "Riff Raff" dar, der in der Show ebenfalls eine wirklich wichtige Rolle spielt. Michael zeigte seine ganz persönliche Darstellung des Charakters und war sicherlich ein bedeutsames Highlight in dieser Inszenierung. In seiner sehr verrückten Rolle konnte der Darsteller viel Humor und Comedy-Talent beweisen. Besonders aufgrund seiner sehr eigenen und amüsanten Mimik und Schauspielweise konnte er das Publikum an sich fesseln und sich mit seinem Witz in dessen Herzen spielen.

(c) Emilia Horpácsi

Ines Hengl - Pirker stand als "Magenta" auf der Bühne und konnte schon bei ihrem allerersten Song "Science Fiction" ein fantastisches Gesangstalent beweisen. Man merkte, dass Ines ihre eigene Interpretation und den Charme der Rolle gefunden hatte und sich schauspielerisch völlig ausleben konnte. Gemeinsam mit ihrem Bruder Riff Raff gab sie ein ausgezeichnetes Paar ab, das von der Unterwerfung bis hin zur Herrschaft einen großen Wandel durchlebt.

Bianca Spiegel beeindruckte in der Rolle der "Columbia" und hauchte der Figur ihren ganz eigenen Atem ein. Bianca kreierte ein neues Wesen, das nicht immer mit dem des Films zu vergleichen war und genau dafür liebten sie die Zuschauer. Auch ihre grandiose Mimik unterstrich diese besondere Darstellung. Und trotz dieser fantastischen Komik, konnte sie auch ihre starken Gefühle für Frank N. Furter und ihre Verletzlichkeit sehr glaubwürdig zeigen.

Die von Frank N. Furter kreierte Gestalt, Rocky, wurde von Malcom Quinnten Henry gespielt. Vor allem im Moment seiner Erschaffung überzeugte der Darsteller mit einer unglaublich gelungenen Interpretation und vor allem einem tollen stimmlichen Talent.


Dave Moskin spielte "Eddie" und "Dr. Everett Scott" und überraschte mit seiner Wandlungsfähigkeit. Er konnte sowohl die rockige und wilde Figur, als auch den alten, zerbrechlichen und intellektuell gebildeten Mann im Rollstuhl verkörpern. Doch diese Wandlung spiegelte sich nicht nur in seinem Schauspiel wider, auch stimmlich konnte Dave eine große Bandbreite abdecken. Egal, ob "Hot Patootie/Bless my soul" oder "Eddie´s Teddy", er schaffte es, jedes Lied mit einer faszinierenden Stimme zu präsentieren.

Das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss, denn ein weiteres Highlight war an diesem Abend Markus Brock, der als "Erzähler" durch die Geschichte führte. Mit einer angenehmen Stimme und einem eigenen Charme erzählte er die völlig konfuse und dennoch sehr anziehende Geschichte. Auch an Humor fehlte es ihm keineswegs und so wurden seine Auftritte noch viel bedeutender als die seiner Filmvorlage.

Das gesamte Ensemble bildete ein perfektes Fundament für dieses verrückte Stück und jedes einzelne Mitglied des Teams konnte sich in die Show bedeutend mit einbringen, sodass auf der Bühne eine bunte Vielfalt entstand.

Die Produktion passte natürlich wie die Faust aufs Auge in diese wirklich sensationelle Kulisse, denn nicht nur die Bühne konnte bespielt werden, auch das Schloss dahinter und die Aufgänge zwischen diesem und dem Zuschauerraum konnten sehr gut in die Vorstellung eingebunden werden. Einen besseren Ort für die bekannte Schlossgeschichte hätte man kaum finden können, denn sofort kamen Bilder aus dem Filmklassiker auf.


Die Aufführung bei den Schlossfestspielen stand deutlich auf eigenen Beinen und war keinesfalls eine einfache Kopie des Orginals. Vom Kostüm bis zum Schauspiel wurden ganz eigene Raffinessen eingebaut, um das Stück vom Film abzuheben. Äußerlich konnte man nur am Rande Paralellen zwischen den Musicaldarstellern und den Vorbildern im Film ziehen, sodass die Künstler frei ihre eigene Gestaltung präsentieren durften und somit noch viel mehr Emotionen als im Orginal zu den Zuschauern transportierten.

Das Stück lässt Jung und Alt träumen und versprüht ganz intensive Gefühle. Wer einmal vom "Time Warp" besessen ist, der komt so schnell nicht wieder davon los.
Gerade wegen der Unstimmigkeiten und der Verrücktheit ist die "Rocky Horror Show" ein echtes Herzensstück geworden und begeistert Fans auf der ganzen Welt.  Aus musikalischer Sicht betrachtet reiht sich ein Ohrwurm an den nächsten und es gibt nicht nur einen großen Auftritt in der Produktion, statt dessen ist die ganze Show ein Highlight.
Und wenn es dann nach einer atemberaubenden und fulminanten Vorstellung für die Zuschauer heißt: " I´m going home", wird ganz sicher ein starker Trennungsschmerz aufkommen.

Leider ist diese phänomenale Produktion in Zwingenberg nun leider schon wieder vorbei, aber wir hoffen natürlich auf eine baldige Rückkehr. In der Zwischenzeit ist die Rocky Horror Show auch an anderen Orten in Deutschland zu erleben, so beispielsweise in Köln und München.
Schaut euch das Musical auf jeden Fall an, denn dort gibt es alles, was das Herz begehrt und das Stück bietet den perfekten Ort für die Entfaltung eurer Fantasie. Dort könnt ihr eine ganz neue Seite an euch erleben und ausleben, denn wie heißt es schließlich: Don´t dream it, be it!


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