Das gefürchtete Kindermädchen von einer ganz anderen Seite

Die ursprünglich aus den Niederlanden stammende Maaike Schuurmanns steht bereits seit 27 Jahren auf der Bühne und ist aus der Welt des Musicals nicht mehr wegzudenken. Von "Cats" über "Tanz der Vampire" und "Jekyll and Hyde" bis hin zu "West Side Story" hat die sympathische Darstellerin schon in alle großen Produktionen mitgewirkt. Momentan spielt sie zum wiederholten Male die Rolle der "Miss Andrew" in "Mary Poppins". Im folgenden Interview erfahrt ihr unter anderem, warum sich Maaike total in dieser Rolle wiederfindet und wo sie zum ersten Mal mit der Show in Kontakt gekommen ist, aber natürlich auch, wie sie das Genre "Musical" für sich entdeckt hat und warum sie eigentlich nach Deutschland gekommen ist. 

Beschreibe doch bitte erst einmal deine Rolle in "Mary Poppins", liebe Maaike!

Das Musical ist angelehnt an die Buchvorlage, in der auch meine Figur "Miss Andrew" auftaucht. Sie war das Kindermädchen von Mr. Banks, als dieser selbst noch ein kleiner Junge war. Sie hat ihn zu Disziplin und Ordnung erzogen. Nachdem der Familie "Banks" wieder einmal ein Kindermädchen fehlt, wird "Miss Andrew" eingeladen, um Ordnung in das Leben im Hause Banks zu bringen.
Der Charakter der "Miss Andrew" wird auch "Höllenhund" genannt, weil sie sehr streng und wirklich furchterregend ist.

Findest du dich als Maaike selbst in den Charakterzügen dieser Rolle wieder?

Ja, absolut! Ich finde das Verkörpern von netten Rollen oft fad, da im Leben nicht alles gut oder böse ist, sondern vielmehr eine Farbe dazwischen. Eigentlich hat nichts im Leben nur eine Seite. Ich glaube, dass wir auch alle diese "böse" Seite in uns tragen, aber diese oft gar nicht ausleben, deshalb ist es toll, das dann auf der Bühne zeigen zu dürfen. Ich genieße das wirklich total!


Du hast die Rolle ja bereits in Wien gespielt. Gibt es irgendwelche Unterschiede zwischen den Produktionen?

Es gibt ganz kleine Unterschiede, da hier in Deutschland ein anderer Regisseur für die Show verantwortlich ist, was der ganzen Produktion noch einmal ein anderes Tempo verleiht. In dieser Inszenierung ist vor allem die Familie Banks noch etwas jünger und pfiffiger und dadurch ist die Vorstellung fast noch lustiger als in Wien. Grundsätzlich finde ich aber beide Produktionen ganz toll und gelungen, allerdings kann man in der aktuellen Produktion die Figur noch ein wenig weiterentwickeln und besonders die Energie der "Miss Andrew" noch mehr ausleben.

Weißt du noch, wie oft du dir vor den Auditions und während der Probenzeit die Filmvorlage angesehen hast?

Der Film war tatsächlich der allererste Film, den ich mit meiner Mutter im Kino sehen durfte und es war wirklich ganz fantastisch, aber diese Vorlage ist natürlich auch ein wenig Kult geworden.
Allerdings habe ich 2005 das Musical in New York gesehen und ich habe wirklich vor Freude und Begeisterung geweint, weil es so unbeschreiblich schön war. Daher war es auch immer mein ganz großer Traum, irgendwie in diesem Stück mitzuwirken und dann hat es ja tatsächlich gleich zweimal funktioniert.

Zuvor standest du ja in Hamburg in "Liebe stirbt nie" als "Madame Giry" auf der Bühne. Leider wurde das Stück doch recht schnell in Deutschland wieder abgesetzt. Warum hat es deiner Meinung nach nicht den erwünschten Erfolg gebracht?

Meiner Meinung nach ist das Musical dramaturgisch nicht so stark. Es gibt sehr viele Balladen hintereinander, durch die die Geschichte ins Stocken gerät. Ich glaube, dass das Publikum heute Shows mit sehr viel Action und Tempo möchte und die Inszenierung "Liebe stirbt nie" vor zwanzig Jahren bessere Chancen gehabt hätte. Die Musik ist wirklich fantastisch, aber die Geschichte geht leider ein wenig unter, da diese doch recht dünne Story über einen langen Zeitraum gezogen wird.

Ursprünglich kommst du aus den Niederlanden. Wie schwer war es für dich, dann Deutsch lernen zu müssen?

Meine erste Rolle in Deutschland war die Erzählerin in "Joseph". Natürlich habe ich in der Schule bereits Deutsch gelernt, aber dennoch musste ich selbstverständlich sehr viel für dieses Engagement üben. Wir haben ja Phonetiklehrer, die uns auf anderssprachige Engagements vorbereiten, und so konnte man mich trotz meines niederländischen Akzents doch ziemlich gut verstehen, und das war ja erst einmal das Wichtigste.


Viele niederländische Darsteller kommen im Laufe ihres Berufslebens nach Deutschland. Welche Unterschiede gibt es denn zwischen der Musical - Branche in den Niederlanden und in Deutschland?

Es gibt sehr gutes stimmliches Potenzial und auch tolle Ausbildungsmöglichkeiten in den Niederlanden, aber leider nicht so viele Arbeitsplätze und Beschäftigungsangebote in dieser Branche. Der Markt in Deutschland ist größer und das Berufsbild des Musicaldarstellers wird hier meiner Meinung nach tatsächlich auch insgesamt mehr geschätzt.
Ich persönlich bin eher zufällig in Deutschland gelandet, da mich mein Gesangslehrer auf die Rolle in "Joseph" aufmerksam gemacht und mich motiviert hat, es dort zu probieren.

Du hast nun schon sehr viele verschiedene Rollen verkörpert. Gibt es eine Rolle, die ganz besonders für dich war und die du auch sehr gerne noch einmal spielen würdest?

Leider kann ich diese Figur nicht mehr spielen, da ich die tänzerischen Anforderungen nicht mehr erfüllen würde, aber ich fand die Rolle der "Anita" in "West Side Story" besonders schön, da ich auf dieses Engagement wirklich sehr stolz war und "West Side Story" sowieso mein Musical - Favorit ist. Die Geschichte ist so universal und zeitlos, man kann sie immer wieder erzählen.
Aber natürlich liebe ich auch die "Miss Andrew", da ich einfach ihre Art ganz toll finde.

Hast du auch eine Traumrolle, die du unbedingt einmal spielen möchtest?

Ich wollte immer sehr gerne die Rolle der "Evita" verkörpern, aber nun bin ich schon etwas zu alt für ein solches Engagement.
Grundsätzlich finde ich Frauen toll, die schon viel erlebt haben und vielleicht auch ein bisschen lustig oder verrückt wirken. Auch Charakterrollen, wie beispielsweise die der bösen Fee als Antagonistin im Stück finde ich klasse!

Aufgrund deiner verschiedenen Engagements hast du natürlich auch schon in ganz vielen verschiedenen Theatern gearbeitet. Hast du vielleicht ein Lieblingstheater?

Das "Ronacher" in Wien ist auf jeden Fall eines meiner Favoriten, allerdings mag ich Hamburg als Stadt auch sehr, deshalb finde ich auch das Operettenhaus ganz toll.

Dein Beruf bringt ja viele Vor -, aber auch Nachteile mit sich. Der Job verlangt euch Darstellern besonders das viele Reisen ab. Ist dieses Erfordernis in deinen Augen eher ein Nachteil?

Ja, ich finde schon, dass es ein herausfordernder Teil unseres Jobs ist, weil Reisen auch sehr viel Energie kostet. Diese Herausforderung  macht mir nun auch auf Dauer keinen Spaß mehr, weshalb ich mir auch momentan etwas mehr Ruhe gönne.

Welchen Beruf hättest du ergriffen, wenn du keine Musicaldarstellerin geworden wärst?

Ich habe mich immer sehr für Sprachen interessiert, aber ich liebe auch den Sport sehr, weshalb ich ursprünglich immer Ballerina werden wollte. Ich habe früher auch dafür vorgetanzt und ich hätte tatsächlich auch Ballett - Lehrerin werden können, allerdings wollte ich zunächst einmal selbst auf der Bühne stehen.

Hast du vielleicht einen Tipp für die Teilnahme an Auditions, was ist dort besonders wichtig?

Ich glaube, dass es unglaublich wichtig ist, so authentisch wie möglich zu sein. Es ist notwendig, seine Rolle selbst zu verstehen und eine eigene Idee zu diesem Charakter zu entwickeln.

Gibt es für dich selbst auch ein kleines Geheimrezept, wie du am besten Texte lernst?

Das ist sehr interessant, weil jeder dabei seine ganze eigene Methode hat. Ich persönlich muss immer rechtzeitig anfangen zu lernen, was teilweise sehr schwierig ist, weil man manchmal die Texte erst spät bekommt. Grundsätzlich ist das Lernen von Texten aber auch eine Frage des Trainings.

Wie würdest du dich abschließend selbst beschreiben?

energisch, ambitioniert, perfektionistisch 


Vielen Dank für dieses sehr offene Gespräch zu deinen ganz persönlichen Ansichten, liebe Maaike. Ich danke dir für deine Zeit!
Für die Zukunft wünsche ich dir alles Gute und natürlich, dass all deine Ziele und Pläne sich noch erfüllen und du weiterhin Spaß an deiner Arbeit hast! 

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