Mamma Mia, es geht schon wieder los! - Gute Laune und Sonnenschein im Herzen garantiert!

"Mamma Mia, es geht schon wieder los..." - ganz unter diesem Motto steht wohl die aktuelle Inszenierung des mit den weltbekannten ABBA-Songs gespickten Kultmusicals, welches im September 2022 in die Neue Flora in Hamburg eingezogen ist. Nachdem "Mamma Mia" im Jahre 2002 große Deutschlandpremiere auf der Reeperbahn gefeiert hat, ist die vielfach umjubelte Show nun genau 20 Jahre später wieder an ihren Geburtsort Hamburg zurückgekehrt und begeistert seit Herbst erneut das Hanseatische Publikum. Es gibt wohl kaum jemanden, dessen Herz nicht mit individuellen Erinnerungen an "Mamma Mia" erfüllt ist - ob ein gemeinsamer Kinobesuch mit der Familie, ein gemütlicher Filmabend auf dem heimischen Sofa an der Seite des Partners oder vielleicht sogar ein unvergesslicher Besuch in der Musicalproduktion, welche seit vielen Jahren aus der deutsch- sowie englischsprachigen Theaterwelt kaum mehr wegzudenken ist. Und wer bisher unglaublicherweise weder mit Film- noch mit Musicalfassung Bekanntschaft gemacht, der hat doch mit Sicherheit schon unzählige Male die beliebten Songs von ABBA gefeiert oder war vielleicht selbst als kleine "Dancing Queen" auf entsprechender Tanzfläche unterwegs. Es gilt jedenfalls festzuhalten, die Songs aus den 70er und 80er Jahren verbinden Millionen Menschen und begeistern seither Groß und Klein. Die Musik ist also eigentlich schon einmal ein absoluter Garant für eine mitreißende Show. Doch wie betten sich die großartigen Songs in eine Musicalinszenierung ein und ist "Mamma Mia" heute, 15 Jahre nach Erscheinen des gleichnamigen Films und 24 Jahre nach der Uraufführung des Theatererlebnisses, überhaupt noch zeitgemäß? Dies gilt es bei einem Besuch im Hamburger Theater herauszufinden und eines sei an dieser Stelle bereits gesagt, die Geschichter der Zuschauer*innen haben beim Schlussapplaus sowie nach Verlassen des Saals eine eindeutige Antwort auf diese Fragen erkennen lassen... ;-)

(c) Brinkhoff-Mögenburg

Ich gebe es zu, ich habe den Theatersaal am vergangenen Wochenende voller Skepsis betreten, denn ich war nie ein großer Fan der 2008 erstmals veröffentlichten Filmkomödie und auch ein Theaterbesuch vor einigen Jahren bei "Mamma Mia" konnte diesen Eindruck nicht verändern. Diese Geschichte rund um eine abenteuerliche Suche nach dem eigenen Vater, das ist einfach nichts für mich, davon war ich überzeugt. Doch seit vergangener Woche ist dieser feste Glaubenssatz gänzlich aus meinem Kopf verschwunden und einer puren Begeisterung gewichen, denn - ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen - die aktuelle Inszenierung in der Neuen Flora ist bestens geeignet, um auch den größten Kritiker von der Qualität dieser freudeversprühenden Show zu überzeugen und Sonnenschein in die Welt hinauszutragen. "Mamma Mia" wird dem Anspruch, Emotionen in den Theaterbesuchern zu wecken, sie in eine fantasievolle Szenerie zu entführen und die kleinen und großen Sorgen des Alltags für einen Abend vergessen zu lassen, mehr als gerecht. Das Publikum erwartet eine bunte, herzerwärmende Reise in das Leben vieler charakterstarker Figuren, deren Geschichte erzählt werden muss, denn sie birgt das Potenzial, die Menschen im Theatersaal wortwörtlich glücklich zu machen... Und was könnte es Schöneres geben?

Doch beginnen wir am Anfang, dort wo alle guten Geschichten beginnen, und werfen einen Blick auf den inhaltlichen Stoff, der in seiner Oberfläche bekannt sein dürfte und schnell erzählt ist, der sich jedoch im Gewand dieser Produktion weit von Oberflächlichkeit entfernt und trotz der humoresken, locker-flockigen Präsentation immer wieder Momente zulässt, in denen andere Farben der Emotionspalette ihren Platz bekommen.
Erzählt wird die Geschichte rund um ein Mutter-Tochter-Gespann, das auf den ersten Blick sehr außergewöhnlich wirkt und doch eigentlich im Kern ganz nah an vielen Familienbeziehungen dran ist. Die junge Sophie steht kurz vor ihrer Hochzeit mit Traummann Sky und kann sich - trotz der Einwände ihrer bindungsscheuen, nach Unabhängigkeit strebenden Mutter Donna - nichts Schöneres vorstellen. Doch der bevorstehende Hochzeitstag soll ihr Leben gleich in zweierlei Hinsicht grundlegend verändern, denn Sophie hat sich in den Kopf gesetzt, endlich ihren Vater kennenzulernen. Da gibt es nur ein Problem: Es stehen gleich drei mögliche Väter zur Auswahl. Kurzerhand lädt die sich nach Gewissheit sehnende zukünftige Braut ihre drei Vielleicht-Väter ein und ist bereits vor dem anstehenden Kennenlernen felsenfest davon überzeugt: Sie wird ihren wahren Vater auf den ersten Blick erkennen können. Das kann doch nicht so schwer sein! Schließlich wird es trotz der bisherigen Distanz zwischen Vater und Tochter eine besondere Verbindung geben. Oder? Als die drei möglichen Väter Sam, Harry und Bill schließlich in der familiengeführten Taverne auftauchen, erkennt Sophie schnell ihren Trugschluss, denn alle drei Männer haben ihre Eigenarten und auch die ersten zaghaften Annäherungsversuche können nicht über die Fremdheit hinwegtäuschen. Als dann Mutter Donna plötzlich ohne Vorwarnung vor ihren drei ehemaligen Liebschaften steht und ganz unvermittelt mit einem einst verdrängten und doch nie vergessenen Kapitel ihrer Vergangenheit konfrontiert wird, scheint die Katastrophe perfekt... Die Geschichte vereint vermeintliche Jugendsünden mit komödiantischen Verwechslungsgeschichten und Missverständnissen und inkludiert dabei aber vor allem eines: eine Hommage an die starke Frauenfigur! 

(c) Brinkhoff-Mögenburg

Angeführt wurde die Riege starker Frauen an diesem Tag von Alex Avenell, die in der Rolle der "Donna" brilliert und mit ihrer nuancierten Darstellung den gesamten Zuschauersaal in einen Zustand zwischen purer Begeisterung und ungläubigem Staunen versetzt hat. Im Rahmen dieser großen Rolle erhält die Ausnahmekünstlerin die Möglichkeit, ihr gesamtes Können unter Beweis zu stellen und sich ihrer mit zahllosen differenten Farben angereicherten schauspielerischen Palette zu bedienen. Sicher führt sie das Publikum durch die humoristisch angelegte Story und balanciert ihr komödiantisch ausgearbeitetes Spiel dabei mit großartiger Mimik und facettenreicher Intonation wunderbar aus, sodass der Theaterbesucher zwar mit gekonnter Comedy Bekanntschaft macht, dabei jedoch niemals von unnötigen Banalitäten oder gar nervenaufreibender Albernheit erstickt wird. Alex gelingt es brillant, den Charme der durchsetzungsfähigen Donna auf die Bühne zu bringen und neben allem Frohsinn der Show zugleich auch die Tiefgründigkeit und Ehrlichkeit der Figur geschickt zu platzieren. Besonders die enge Verbindung zu Tochter Sophie, die so kurz vor der Hochzeit natürlich mit einer großen Portion Liebe aber auch mit Ängsten und wehmütigen Erinnerungen an vergangene Zeiten aufgeladen ist, arbeitet die Darstellerin mit viel Fingerspitzengefühl aus. Doch natürlich bleibt ebenso Alex herausragende gesangliche Leistung im Kopf, die sich mit der schauspielerischen Stärke zu einer umwerfenden Gesamtleistung verbindet. Mit geschickt eingesetztem Twang sowie einer unvergleichlichen Stimmgewalt weiß die Künstlerin zu überzeugen und schafft so sehr eindrückliche musikalische Momente. Und so ganz nebenbei gibt sie dem Zuschauer wahrscheinlich die schönste Darbietung des großen Titels "Der Sieger hat die Wahl" mit, die dieser jemals gehört hat.

An ihrer Seite stehen Sängerin Stefanie Hertel und Musicalkünstlerin Franziska Lessing in den Rollen der "Tanja" und "Rosie" - zwei gute Freundinnen Donnas, die nicht nur ihre weibliche Stärke und Emanzipation sondern auch die Begeisterung für den musikalischen Auftritt teilen. Gemeinsam bilden die drei Künstlerinnen ein herrliches Gespann auf der Bühne und beweisen dem Zuschauer in ihrer schauspielerischen Interaktion, dass sie sich als Kolleginnen beinahe blind verstehen. Scheinbar ganz intuitiv geben sich Franziska und Stefanie den beiden exzentrischen Frauenfiguren und deren spritziger Art hin und verzaubern die Theaterbesucher mit ihrem spielerischen Charme. Franziska Lessing beweist ein unglaubliches darstellerisches Talent mit ihrer ausdrucksstarken, mitreißenden Interpretation der "Rosie" und schleicht sich mit ihrer unbändigen Spielfreude in die Herzen der Zuschauer. Auch Stefanie Hertel, die in einem anderen Genre beheimatet ist und zuvor eher keine großen Erfahrungen mit der spielerischen Dimension gesammelt hat, überrascht mit ihrem schauspielerischen Geschick in der Rolle der "Tanja" und lässt eine selbstbewusste, willensstarke und outrierte Frauenfigur auf den Brettern, die die Welt bedeuten, erstrahlen. Beide Künstlerinnen wissen zudem selbstverständlich mit stimmlicher Sicherheit und klangvollen Harmonien zu begeistern und bilden mit Donna-Darstellerin Alex Avenell auch auf gesanglicher Ebene ein stimmstarkes Trio.

(c) Brinkhoff-Mögenburg

In der Rolle der jungen "Sophie" brilliert Darstellerin Rose-Anne van Elswijk mit einer pointierten, ausgefeilten und zugleich unglaublich natürlich wirkenden Darbietung. Dabei jongliert sie wunderbar mit Stärke und Zerbrechlichkeit des Charakters und kreiert eine ein wenig naive, neugierige und sympathische Fassung der jungen Frauenfigur, die durch schauspielerische Raffinesse besticht. Rose-Anne reichert den Charakter mit sehr viel Authentizität an und lässt das Innenleben Sophies, welches von dem sehnlichen Wunsch erfüllt ist, endlich ihren Vater kennenzulernen und mehr über ihre eigenen Wurzeln zu erfahren, auf der Bühne transparent werden.
Doch vor allem wird das Publikum von ihrem wundervollen, glockenhellen Sopran berührt, der in Liedern, wie "Mich trägt mein Traum", fantastisch zur Geltung kommt und dem Zuschauer eine dicke Gänsehaut beschert. Im Verlauf der Vorstellung kann Rose-Anne ihre beeindruckende Range eindrucksvoll präsentieren und ihre warme, umschmeichelnde Stimmfarbe perfekt in Szene setzen. 

Sophies angehender Bräutigam "Sky" wird von Robin Reitsma mit viel Herzblut und Charisma zum Leben erweckt. Mit scheinbarer Leichtigkeit mimt er den vordergründig stets optimistisch wirkenden, lebensfrohen jungen Mann, der im Verborgenen jedoch auch mit seinen ganz persönlichen Zweifeln zu kämpfen hat. Dem Künstler gelingt es großartig, die augenscheinliche Lockerheit und Positivität des smarten Charakters in seinem Spiel mit ehrlichen emotionalen Ausbrüchen zu verbinden und so gemeinsam mit Spielpartnerin Rose-Anne intime Momente eines jungen Liebespaares zu kreieren, welches in seiner Liebe zueinander bereits tief verwurzelt ist, sich jedoch zugleich noch auf einer Reise zu den eigenen Gefühlen, Wünschen und Träumen befindet. Die beiden Darsteller wirken in ihrem Zusammenspiel äußerst vertraut und reagieren ganz natürlich und authentisch auf die spielerischen Impulse des jeweils anderen. 

(c) MusicalNieuws

An besagtem Tag gab es eine ganz besondere Premiere. Oder sollte ich lieber Re-Premiere sagen? Denn der aufgrund zahlreicher Krankheitsausfälle kurzfristig angereiste und eingesprungene Jerry Marwig war bereits von 2013 bis 2015 in "Mamma Mia" zu erleben. Nun gab es für den Darsteller ein überraschendes Wiedersehen mit seiner Paraderolle des potentiellen Vaters "Sam" und es hat sich tatsächlich wie eine kleine Wiedervereinigung angefühlt, denn Jerry ist - trotz dieser ungewöhnlichen Situation und aller damit verbundenen Spontaneität - in Windeseile scheinbar gänzlich mit dem Charakter verschmolzen und hat bereits in den ersten Szenen eine sichtbare emotionale Bindung zu der altvertrauten und zugleich lange nicht mehr auf der Bühne gelebten Figur aufgebaut, die es dem Darsteller ermöglicht hat, einen sehr glaubwürdigen Bogen über die gesamte Vorstellung hinweg zu spannen und den Charakter mit schauspielerischer Präzision weiterzuentwickeln. Wirkt die Figur nach Ankunft auf der vor vielen Jahren zuletzt bereisten Insel zunächst noch etwas distanziert und schroff, lässt sie im Laufe der Handlung immer mehr von ihrem Seelenleben aufblitzen und präsentiert den äußerst weichen Kern unter der anfänglich etwas hart und rauhbeinig anmutenden Schale. Dank Jerrys fantastischer schauspielerischer Darbietung wird die nach vielen Jahren immer noch bestehende tiefe Verbindung des Charakters zu seiner Jugendliebe Donna präsent und der Zuschauer erlebt "Sam" schlussendlich als einen gestandenen Mann, der doch immer wieder von seinen Gefühlen übermannt wird. Mit viel Feingefühl entwickelt der Schauspieler innerhalb der Rolle eine zaghafte Verbindung zur potentiellen Tochter Sophie und lässt das Publikum an einer berührenden Reise der Figur zu sich selbst und den neuen familiären Verwurzelungen teilhaben. 

Gemeinsam mit Darsteller Jerry Marwig bildeten in dieser Vorstellung Ramin Dustdar und René Siepen die Riege der potentiellen Väter und verkörperten die Charaktere der beiden ehemaligen Liebhaber Donnas. Ramin begeistert mit viel Charisma und schauspielerischem Scharfsinn in der Rolle des liebenswerten Harry, der immer wieder von den Erinnerungen an seine Jugendzeit gefangen genommen wird und mit seiner Begeisterung für das Musizieren, welche vor allem durch die charmanten Erinnerungen an den jungen "Headbanger" zum Ausdruck kommt, in Windeseile die Herzen der Zuschauer erobert. Auch René gelingt es mit seiner raffinierten Darstellung des nach Abenteuer strebenden Schriftstellers "Bill" die Theaterbesucher für sich einzunehmen. Gekonnt lässt der Künstler die mit der Rückkehr auf die Insel entflammenden Erinnerungen an vergangene Zeiten sowie an sein jüngeres Ich transparent werden und arbeitet die zarte Beziehung zur potentiellen Tochter Sophie mit ebenso viel Wärme wie Spielpartner Ramin Dustdar und Jerry Marwig aus.

(c) Brinkhoff-Mögenburg

Weiterhin hervorgehoben werden müssen in jedem Fall Lyssa Tejero und Bathoni Buenorkuor, die Sophies treue Freundinnen "Ali" und "Lisa" mit sichtlicher Spielfreude verkörpern und mittels ihrer energiegeladenen Darbietung eine ordentliche Portion Schwung in den Theatersaal transportieren. Doch nicht nur die Mädels mischen in dieser Show mit ihrer positiven Art sowie Lebendigkeit so richtig auf, nein, auch Sky hat mit Blick auf die bevorstehende Hochzeit natürlich zwei Kumpels und mentale Unterstützer an seiner Seite. Benjy und Samuel Hoi-Ming Chung präsentieren die Figuren der beiden besten Freunde "Pepper" und "Eddie" mit jugendlichem Charme sowie spielerischer Leichtigkeit und bilden so gemeinsam mit Robin Reitsma ein mitreißendes Trio. Vor allem in der Szene rund um den Titel "Wenn das Mami wüsst'" vermag Benjy sein darstellerisches Können im Zusammenspiel mit Stefanie Hertel voll auszuschöpfen und überzeugt in der Rolle des naiven, liebesvernarrten jungen Mannes, der sich von Tanjas Attraktivität gleich angezogen fühlt und trotz ihrer anfänglichen Abweisungen hartnäckig sein Begehren offenbart.

Dem gesamtes Ensemble ist es zu verdanken, dass die Produktion ihre volle Strahlkraft in Hamburg entfalten und dem Publikum ein breites Lächeln auf die Lippen zaubern kann. Hauptdarstellern und Ensemble gelingt es in Zusammenarbeit ausgezeichnet, mit einer hohen Dynamik durch die Show zu führen und für Hochstimmung im Saal zu sorgen. Die Stimmen der gecasteten Künstlertruppe können die großen ABBA-Songs mit scheinbarer Leichtigkeit tragen, sodass dem Zuschauer wunderschöne, kräftige und äußerst klangvolle Interpretationen der bekannten Melodien dargeboten werden. Bei solch einer gesanglichen Qualität kann sich durchaus schon einmal die ein oder andere Gänsehaut einschleichen. 

(c) Brinkhoff-Mögenburg

Im Allgemeinen stellt die Mischung der bekannten ABBA-Songs hier eine elementare, tragfähige Säule der Produktion dar. Die Einbettung der verschiedenen Nummern innerhalb der Inszenierung sorgt seitens der Zuschauer nicht nur für sehnsuchtsvolle Erinnerungen und den Drang, bei dem ein oder anderen schwungvollen Stück fleißig mitzuwippen, sondern lässt sich auch mit Blick auf den dramaturgischen Aufbau der Show sehr gut begründen. Geschichte und Musik greifen hier wunderbar ineinander, sodass die Songs die jeweilige Atmosphäre der Szenen stützen und die ohnehin schon recht unterhaltsame Handlung mit ihrer Rhythmik und Raffinesse bereichern. Da kann auch mal mit Witz und musikalischer Stärke über den ein oder anderen etwas flachen Dialog hinweggetäuscht und ein Gesamterlebnis geschaffen werden, das trotz aller Leichtigkeit und komödiantischen Ausgestaltung nicht in Beliebigkeit oder gar Albernheit abzurutschen droht. 

Das Bühnenbild ist recht simpel und funktional gehalten. Mit wenigen Bühnenelementen wird versucht, den Zuschauer optisch in die Szenerie der griechischen Traverne zu entführen und mittels lichttechnischer Akzente einen Raum für die bunte, sommerlich-leichte Handlung zu generieren.
In puncto Kostümausstattung hat "Mamma Mia" hingegen so einiges zu bieten und besticht insbesondere durch die farbenfrohen, glitzernden Dynamo-Kostüme, die auch visuell immer wieder einen Bogen zwischen alten Zeiten und der viele Jahre später immer noch lebendigen Liebe der drei Freundinnen zu großen Auftritten und musikalischem Ausdruck spannen.

Dem Musical gelingt das, was sich wohl jede Inszenierung auf ihre Weise wünscht, nämlich eine besondere Stimmung im Theater zu kreieren und den Besucher nach ca. zweieinhalb Stunden voller Emotionen mit nachhallenden Eindrücken auf den Heinweg zu entlassen. Dominierende Gefühle sind in dieser Show ohne Frage Spaß, Lebensfreude und Enthusiasmus. Doch die Produktion eröffnet auch immer wieder geschickt Räume für die Einflechtung nachdenklicher, intimer Momente, die den Strom an Positivät und humorvoller Leichtigkeit mit anderen Klängen der emotionalen Intonation unterfüttern. Hierbei findet jedoch kein harter Bruch statt, im Gegenteil, besagte Momente fügen sich ganz fließend und organisch in das große Ganze ein. Das Stück überzeugt nicht durch die innovativsten Ansätze, die komplexeste Handlung oder die tiefgreifendsten Texte, aber all das ist auch gar nicht Anspruch der mittlerweile als Kultmusical zu bezeichnenden Show. Den kreativen Köpfen ist es gelungen, ein beschwingtes Gesamterlebnis zu erschaffen, welches von ausgezeichneten musikalischen Arrangements, einer pointierten Situationskomik und einer Zeichnung markanter, starker Figuren getragen wird. 

(c) Brinkhoff-Mögenburg

Ein Besuch bei "Mamma Mia" in der Neuen Flora verspricht beste Unterhaltung und eine abenteuerliche Reise auf den Spuren starker Persönlichkeiten. Vor allem der herausragenden Cast ist es zu verdanken, dass die aktuelle Inszenierung in ihrer gesamten Qualität scheinen und das Publikum mit genau der richtigen Portion Witz und Schwung für einen Abend aus dem Trott des Alltags entführen kann. Den Künstlerinnen und Künstlern gelingt es grandios, die unterschiedlichen Farben der Figuren herauszuarbeiten und zu einem bunten Bild zu vereinigen, das Sonnenschein in die Herzen von Jung und Alt zaubert. Die zunächst etwas skurril anmutende Geschichte greift bei näherer Betrachtung unzählige alltägliche Momentaufnahmen auf und schafft in der feinfühligen Ausgestaltung der dargebotenen zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Mutter und Tochter, zwischen besten Freunden oder auch zwischen Partnern einen starken Lebensweltbezug für das Publikum. Was in erster Linie ganz viel Spaß, Spritzigkeit und Humor fokussiert, verliert dabei doch nie den Blick für die kleinen gefühlvollen Augenblicke, die dieses sonst so schillernde Feuerwerk an positiven Emotionen definitiv braucht, um die volle Wirkung entfalten zu können.
Vielleicht seid ihr bereits Fans der ersten Stunde, vielleicht verbindet ihr mit "Mamma Mia" bislang aber auch eher gemischte Gefühle, ähnlich meiner Vorgeschichte. Egal, ob bekennender Liebhaber oder bisheriger Kritiker, bei der aktuellen Inszenierung des Erfolgsmusicals kommt sicherlich jeder auf seine Kosten. Die Produktion ist frech, erfrischend und zelebriert die kleinen und großen Momente, die das Leben so lebenswert machen.
Puh, nach so umfassenden Ausführungen bleibt jetzt aber wirklich nur noch eine Schlussbemerkung: Danke für die Lieder und danke für den eindrucksvollen Beweis, dass qualitativ hochwertiges, zeitloses und emotionsgeladenes Unterhaltungstheater die Kraft hat, für einige Stunden einfach jeden dunklen Gedanken mit ganz viel musikalischem Sonnenschein zu vertreiben!

(c) Stage Entertainment 


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Große Emotionen im Sherwood Forest - Mit Robin Hood kommt eine neue Zeit des Musiktheaters

Wenn die Sehnsucht tanzen geht - Schaurig-schöne Ästhetik und düstere Fulminanz in Hamburgs Gruft

Theater kann die Welt verändern - "Der Club der toten Dichter", ein eindringliches Meisterwerk, das die Sprache des Herzens spricht