Supercalifragilisticexpialigetisches Gespräch mit Hamburgs neuem Kindermädchen

Die junge Hannah Leser beendete im Sommer 2017 ihre Musicalausbildung an der "Stage School" und verkörperte in der Sommer - Abschlussproduktion bereits ihre erste große Rolle, nämlich "Velma Kelly" in dem Musical "Chicago". Doch bei diesem Erfolg sollte es nicht bleiben, denn aktuell verzaubert Hannah als alternierende Besetzung für die Rolle der "Mary Poppins" in dem gleichnamigen Disney - Stück das Hamburger Publikum. Ich hatte das Glück, mit dem fliegenden Kindermädchen ein sehr interessantes Interview führen zu dürfen...


Wann stand für dich fest, dass du im Genre Musical tätig sein möchtest? 

Ich habe schon als kleines Mädchen sehr gerne auf der Bühne gestanden, zwar immer  hobbymäßig, aber immer süchtig. Ich war immer das Kind, das die anderen überredet  hat, eine Choreografie zu erfinden und sie  dann den Erwachsenen zu zeigen. Mit dem  Singen habe ich dann angefangen, als ich 13 Jahre alt war. Ich wollte ein Instrument  erlernen,  konnte mich aber nicht entscheiden, und dann schlugen meine Eltern mir Gesang  vor. Ein paar Jahre später sah ich „Wicked“  am Broadway und es war komplett um mich geschehen.... 

Du hast erst letztes Jahr deine Ausbildung an der „Stage  School“  in Hamburg beendet. Wie hast du deine Zeit dort selbst empfunden? 

Ich vermisse die Ausbildung, sogar schon jetzt  nach weniger als einem Jahr! Ich finde, es gibt nichts Besseres, als etwas Neues zu lernen. Natürlich hast du mit ganz viel Frustration zu kämpfen und kommst ständig an deine Grenzen, aber du lernst auch, mit  dem Frust umzugehen, deine Grenzen zu überwinden und gleichzeitig auch einmal  geduldig mit dir selbst  zu sein. Drei Jahre  sind sehr kurz, und man kann ja danach nicht  von sich selbst verlangen, in allem perfekt zu sein. Ich  weiß, dass ich noch sehr viel  zu lernen  habe und nehme weiterhin viel  Unterricht.  

Momentan stehst du als alternierende  „Mary  Poppins“  in dem gleichnamigen Musical in Hamburg auf  der Bühne. Wie hast du reagiert, als du die Zusage für diese bekannte Rolle erhalten hast? 

Ich bin ausgerastet!!!  Ich musste  ziemlich lange auf die Entscheidung warten, weil  der  Produzent damals im Urlaub war und er hat  das  letzte  Wort, wenn es  um  die  Hauptrollen in “Mary  Poppins“ geht.  Es war ganz  schön nervenaufreibend zu wissen, dass  man  ganz  nahe dran an so etwas Großem ist. Ich hatte  zwei andere  Rollenangebote, und als  die  nicht mehr auf mich warten  konnten, setzte  ich alles  auf eine  Karte und sagte  ihnen ab...ich hätte  also "Mary" oder gar nichts  gehabt.  Das waren wahrscheinlich  die  gruseligsten Tage meines Lebens. 

Was ist für dich das  Besondere  an der Show? 

Mag sein, dass es das perfekte  Musical  vielleicht gar nicht geben kann, aber wenn doch, dann kommt  „Mary  Poppins“ dem  schon verdammt  nahe!  Das Stück sprüht nur so vor Magie! Die Musik ist wunderschön und wird sehr harmonisch eingesetzt,  das Bühnenbild ist  brilliant  und hat  nicht ohne Grund einen Tony  Award gewonnen. Die Choreografien sind mitreißend und die  Kostüme atemberaubend!! Ich bin in meiner Freizeit leidenschaftliche  Näherin von historischen Kostümen, und wenn ich dann  all  diese tollen Sachen  sehe, schwebe ich auf  "Wolke 7"!  Außerdem finde  ich, dass  das  Stück nie an Schwung verliert! Es gibt nicht ein Lied, bei dem man den Gedanken hat: Oooch, das  hätte  man sich jetzt  sparen können. Dieses Gefühl habe  ich sonst  bei  fast  jedem  Musical, muss  ich ehrlich sagen.  

Hast du einen Lieblingsmoment oder ein Lieblingslied in der Produktion? 

Puhh...es gibt so viele. Das Fliegen ist  natürlich schon ziemlich unschlagbar.  Aber auch alle Zaubertricks mit der  Tasche! Oder am Treppengeländer hochzurutschen ...aber  ich verrate  ja  schon viel  zu viel. Meine  Lieblingsnummer ist auf  jeden Fall „So ein  wunderschöner  Tag“.  


Welche  Gemeinsamkeiten und welche  Unterschiede  gibt  es  zwischen  dem  weltbekannten Film  „Mary  Poppins“  und dem  Musical? 

Zuächst einmal muss  man  wissen, dass  das  Musical  sich  etwas  mehr nach  dem  Roman von Pamela L. Travers  richtet. Die  Frau war wohl  nicht  ganz  einfach.  Sie  wollte  eigentlich überhaupt  nie ein Musical über ihr geliebtes  Kindermädchen haben.  Wer dazu  den Film  „Saving Mr Banks“  noch  nie gesehen  hat, sollte  sich den  unbedingt einmal  anschauen! Natürlich wurde die  Musik  auch komplett überarbeitet und es wurden ein paar  neue Songs dazugeschrieben, wie zum  Beispiel  „Völlig Ohne Fehler“.  

Wie bereitest  du dich auf  Auditions  vor und wie  nervenaufreibend  empfindest  du diese Ereignisse? 

Es kommt ganz darauf an, wofür man  vorsingt. Manchmal  bekommt man Material, dann auch wieder nicht. Manchmal  sind Szenen  dabei, oder man soll sogar einen Tanz  vorbereiten.  So oder  so, ich  bereite  mich immer sehr sorgfältig vor.  Ich glaube, das macht  auf jeden Fall  einen guten Eindruck. Auch wenn man dann vielleicht nicht so gut  singen sollte, wie  man  es  gerne gehabt  hätte, so hat  man auf jeden Fall  doch gezeigt, dass  es  einem  ernst  ist.  Außerdem  gibt  es  einem  selbst  auch  mehr Sicherheit. Und wenn man alles  gut  geübt  hat  und weiß, dass man es kann, dann  kann eine  Audition  sogar  Spaß machen!  ABER: die  Nervosität  ist  natürlich  immer groß.  

Hast du eine Traumrolle, die  du in der  Zukunft  unbedingt einmal spielen möchtest? 

Ich würde wahnsinnig gerne einmal "Christine  Daeé" im „Phantom  der Oper“ verkörpern.


Welche ist  deine größte  Stärke  und welche  deine  größte  Schwäche? 

Ich glaube, eine  große  Stärke von mir ist, dass  ich sehr fleißig und diszipliniert sein kann.  Was mir allerdings oft  im  Weg steht, das  ist meine  Ungeduld.  

Wie  verbringst  du deine  spielfreien  Tage  am  liebsten? 

Mit Nähen! Abends gehe ich persönlich auch gerne einmal ins Theater. 

Welchen Beruf  hättest  du ergriffen, wenn du keine  Musicaldarstellerin geworden  wärst? 

Dann wäre ich gerne Kostümdesignerin geworden. 

Besuchst  du in  deiner  Freizeit  selbst  gerne  andere  Stücke  und welches  ist  dein persönliches  Lieblingsmusical? 

Ich gehe wirklich sehr gerne ins Theater, und ich bin zum  Beispiel  ein Riesenfan des "Thalia  Theaters"!! Ein Lieblingsmusical  habe  ich  natürlich, aber  das  ändert  sich ständig. Im  Moment  höre  ich „Hamilton“ rauf und runter.  

Was ist  dein größter Wunsch für die  Zukunft? 

Hmmmm....endlich Männerspagat  zu können? :D  Quatsch! Ich würde  wahnsinnig gerne einmal  eine Show am  West  End spielen!

Vielen Dank für dieses "supercalifragilisticexpialigetisch(e)" Interview, liebe Hannah! Wir sind wahnsinnig gespannt, wohin dein Weg dich in Zukunft noch führen wird und wünschen dir bei deinem Flug über die Hamburger Häuserdächer ganz viel Spaß!


Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Große Emotionen im Sherwood Forest - Mit Robin Hood kommt eine neue Zeit des Musiktheaters

Wenn die Sehnsucht tanzen geht - Schaurig-schöne Ästhetik und düstere Fulminanz in Hamburgs Gruft

Theater kann die Welt verändern - "Der Club der toten Dichter", ein eindringliches Meisterwerk, das die Sprache des Herzens spricht