Der Schmusekater lässt das Mausen nicht

Benjamin Eberling ist ein Zauberer auf der Bühne und er entführt seit Jahren die Zuschauer in fremde Welten. Momentan steht er zum wiederholten Male als "Joey" in der Tour-Produktion des Musicals "Sister Act" auf den Brettern, die die Welt bedeuten, und geht dort auf Nonnenjagd. In den vergangenen Jahren hat Benjamin jedoch schon in unglaublich vielen verschiedenen Stücken mitgewirkt, wie z.B. in "Shrek", "Cats", "Zorro", "Hairspray", "Letterland" und "Into the Woods".
Ich hatte das Glück, mit diesem sympathischen Darsteller ein Interview führen zu dürfen...
 
1. Wann hast du dich entschieden, Musicaldarsteller zu werden? 

Das war im Alter von zwölf Jahren. Ich bin mit acht Jahren zu den "Limburger Domsingknaben" gekommen und habe das Singen immer geliebt. Erst war es nur die Klassik, aber mit elf Jahren habe ich die CD vom „Phantom der Oper“, die alter Wiener Aufnahme, in die Hand bekommen. Ich bin dann im Alter von zwölf Jahren mit meiner Mutter nach Hamburg gefahren, um die Show dort zu sehen und war sofort Feuer und Flamme.

 2. Welche Eigenschaften sollte man deiner Meinung nach mitbringen, um ein guter Darsteller zu sein?   

Man sollte zuerst einmal ein guter Schauspieler sein, denn ich finde, das ist der Kleber für jeden Musicaldarsteller auf der Bühne, egal ob Tänzer oder Sänger. Wenn man die Figur richtig fühlt und spürt, dann ist es mir persönlich egal, ob einmal ein Ton oder Schritt daneben geht. Wenn die Emotion stimmt, ist alles möglich, und dann beginnt die Magie. Ich finde es auch immer wichtig, sozial kompetent zu sein, nicht nur mit den Kollegen auf der Bühne, sondern auch mit allen anderen Gewerken wie Bühne, Maske, Requisite, Kostüm, Technik, Sound, Light, Büro bis hin zum Pförtner. Man ist viel zusammen auf engstem Raum für eine bestimmte Zeit, da sollte man es sich gemeinsam einfach schön machen.

Sister Act 2012 (c)Stage Entertainment

3. Kurz nach deinem Studium standest du in Hamburg in der „Heißen Ecke“ auf der Bühne. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit? 
  
Es war mein erstes Engagement nach dem Studium und deshalb schon etwas ganz besonderes. Ich kannte das Schmidt`s Tivoli von so schönen Theaterabenden wie „Swinging St. Pauli“ oder „Fifty Fifty“. Als Corny Littmann, der Hausherr vom Schmidt Imperium, mich fragte, ob ich Lust hätte, in die „Heiße Ecke“ einzusteigen, hielt ich das erst für einen Scherz, denn er tat es während der Finalrunden beim Bundeswettbewerb Gesang. Als ich dann aber nach Hamburg kam, um mit ihm zu reden und mir die Show anzuschauen, sah ich, dass er es ernst meinte. Es war ein guter erster Job, in dem ich sehr viel gelernt habe. So habe ich dann bis heute knapp 580 Shows im Imbiss gespielt und wer weiß, was noch passiert. Gerade letztes Jahr bin ich wieder für drei Monate eingesprungen und liebe es immer noch. Wenn man bedenkt, dass die Show jetzt auch schon erfolgreich seit fast 15 Jahren läuft, ist es umso mehr eine Ehre. Es ist immer wie nach Hause kommen und ich bin stolz darauf, dort meine Profikarriere begonnen zu haben.

4. Derzeit stehst du als „Joey“ in der Produktion „Sister Act“ auf der Bühne. Verkörperst du grundsätzlich lieber solche amüsanten Rollen oder spielst du lieber ernsthafte Charaktere, und was ist für dich persönlich auch leichter umzusetzen?   

Ganz ehrlich? Ich liebe eigentlich die bösen Charaktere. In Stuttgart und Oberhausen durfte ich ja Curtis in „Sister Act“ spielen, was ich genossen habe. Leider werde ich nicht oft besetzt für solche Rollen, da das "Schubladen - Denken" im Theater sehr weit verbreitet ist. So werde ich meist für den komischen Nebencharakter besetzt, der mir aber auch viel Spaß macht. Es sind meist Rollen, die viel Herz besitzen, wie Garcia, den ich in Tecklenburg im Musical "Zorro" gespielt habe und solche Rollen liegen mir im ersten Moment vielleicht besser, aber man muss sich mit jeder Rolle wieder neu öffnen. Zum Beispiel der Erwin Kannes, im Musical "Letterland"… Der Typ Mensch ist sehr weit weg von mir, und ich weiß noch, wie Peter Lund, unser Regisseur, mit mir damals gearbeitet hat, bis wir endlich an dem Punkt waren, dass es Spaß gemacht hat und einfach von der Hand lief. Allerdings ist das ja auch gerade das Schöne an dem Job. Wenn alles einfach wäre, würde der Spaß irgendwann fehlen. Ich liebe es, vielseitig zu arbeiten und freue mich über jede neue Herausforderung.

5. Momentan habt ihr eine kurze Pause auf eurer Musicaltour. Wie nutzt du diese freie Zeit und freust du dich bereits auf die Shows in München?  

Ja, leider haben wir ganz schön viel Pause während der Tour. So war das am Anfang gar nicht geplant, aber durch organisatorische Schwierigkeiten der Firma ist der Spielplan jetzt so, wie er ist. Ich hätte mir gewünscht, dass wir nicht so viel Pause haben. "Sister Act" wird wohl nach der Tour erstmal verschwinden, aber vielleicht werden dann auch die Rechte freigegeben und andere Theater können sich an dem Stück versuchen. Es ist ein wundervolles Stück mit so viel Herz, dass es schade wäre, wenn es gar nicht mehr gespielt würde. Ich versuche, in der Pause ein bisschen abzuschalten, Castings zu machen und mich um meine Familie und Freunde zu kümmern. Ich freue mich schon sehr auf die Zeit in München und bin gespannt auf das Deutsche Theater und das Münchener Publikum.

Heiße Ecke 2008 (c)Schmidts Tivoli

6. Wie lange verbringst du vor einer „Sister Act-Show“ in der Maske und wie bereitest du dich mental auf die Vorstellung vor? 
  
In der Maske bin ich immer so fünfzehn bis zwanzig Minuten. Früher ging das schneller, als ich selbst noch längere Haare und einen Bart hatte, aber nun muss das alles geklebt und gesteckt werden, daher dauert es länger.
 Da ich "Sister Act" nun schon über sechshundert Mal gespielt habe, brauche ich vor der Show meist nur ein paar Minuten, um mich zu fokussieren, aber die ersten Schritte auf der Bühne sind immer noch aufregend. Ich glaube, das Lampenfieber werde ich nie verlieren.

7. Wie haben dir die bisherigen Spielzeiten in Berlin und Niedernhausen gefallen und wie versteht ihr euch in der derzeitigen Cast untereinander?   

Das ist ein Phänomen von "Sister Act", die Cast versteht sich immer gut. Natürlich hat jeder einmal einen schlechten Tag, aber die großen Zickereien und Kämpfe habe ich nie erlebt. Berlin hat mir sehr gut gefallen, vor allem das Theater des Westens mit seiner Mannschaft. Es ist ein tolles Theater und die Stadt Berlin kenne ich ja gut durch mein Studium an der Universität der Künste. Ich habe dort immer noch viele Freunde. Niedernhausen war ein kleines Abenteuer, ein bisschen wie Klassenfahrt, da das Hotel direkt neben dem Theater war, viele dort auch lebten und es sonst auch nicht viel in der Umgebung gab. Das Theater ist ein bisschen in die Jahre gekommen, aber wir haben das Beste daraus gemacht und hatten so eine schöne Zeit. Besonders schön war, dass ich meine alte Schule und das Internat in Hadamar und Limburg besuchen konnte, da es ja nur 45 Minuten mit dem Auto von Niedernhausen entfernt ist. Es war toll, z.B meinen alten Musik-LK Lehrer wieder zu treffen.

 8. Vor deiner Spielzeit bei „Sister Act“ hast du schon bei bekannte Produktionen, wie zum Beispiel „Hairspray“, „Cats“, „Shrek“ und „Zorro“ mitgewirkt. Gibt es eine Inszenierung bzw. Rolle, die dir besonders viel Spaß gemacht hat, oder die eine sehr große Herausforderung dargestellt hat? 

Ich bin in der glücklichen Lage sagen zu können, dass es für mich bisher keine Rolle gab, die mir keinen Spaß gemacht hätte. (*klopf auf Holz*)
Es gab schon sehr fordernde Momente, z.B „Cats“ in Tecklenburg auf Plateau-Schuhen zu tanzen auf dem harten Steinboden, oder die sehr aufwendige Maske von „Shrek“, die eine besondere Herausforderung für meinen Körper darstellte. Auch als Erwin Kannes in Unterhose Walzer zu tanzen war eine besondere Aufgabe. Ich liebe alle meine Rollen und kann mich ehrlich gesagt nicht entscheiden, die eine Rolle herauszugreifen. 

9. Was ist dein Lieblingslied aus dem Stück „Sister Act“?   

Von Anfang an, seitdem ich das Stück kenne, ist es das Lied „Hier an diesem Ort“ (das erste Solo der Mutter Oberin). Darin steckt ein wenig Sondheim, es ist beruhigend und einfach eine tolle Nummer.

( (c)Andrew Hill

10. Wie würdest du dich selbst in drei Worten beschreiben?  

Ehrlich, groß und mit viel Herz :-)

11. Welche Musicals möchtest du dir gerne einmal ansehen und in welchen Stücken würdest du vielleicht auch gerne einmal mitspielen wollen?

Wirklich???  Die Liste ist lang… :-)  Ich bin privat dem Musical sehr zugetan und schaue mir sehr gerne Stücke an. Sehen würde ich gerne: „Beautiful“, „Dreamgirls“, „Kinky Boots“, „School of Rock“, „Waitress“ und „Anastasia“. Reizen würde mich auch die Neuinszenierung von Uli Wiggers zu „Tanz der Vampire“ oder die neue Fassung von „Ghost“ in Linz. Stücke, die ich gerne einmal spielen würde, sind: „Wicked“, „Phantom der Oper“, „Into the woods“, „Sweeny Todd“, „Rent“, „Priscilla, Queen of the desert“, „I love you, your perfect, now change“, „Falsettos“, „Closer than ever“, „ The last 5 years“, „Zum Sterben schön“, „Avenue Q“ und „Elternabend“. Vielleicht liest das hier ein Regisseur und bekommt ein paar Ideen :-)

12. Wie schwierig ist es für dich persönlich, einem Stück wie „Sister Act“, das auf einer so berühmten Filmvorlage basiert, eine eigene Note zu geben? 

Bei „Sister Act“ war es für mich nicht so schwierig, da es ja die Rolle von Joey und den Goons nicht wirklich im Film gab. Da kommt es auch immer auf die Kollegen an, die dann TJ und Erkan/Pablo spielen, denn unter den drei Charakteren gibt es immer eine gewisse Energie, die in jeder Konstellation ein bisschen anders ist. Shrek war z.B. eine Rolle, in der man so durch das Original geprägt ist, dass es schwer war, davon wirklich Abstand zu nehmen. Das Publikum will natürlich auch nicht etwas ganz anderes sehen, aber ich habe immer versucht, meinen Rollen ein bisschen etwas Eigenes zu geben.

13. Wie hältst du deinen Körper und vor allem deine Stimme fit, wenn du beinahe täglich auf der Bühne stehst und dort Höchstleistungen vollbringst? 

Ich gehe regelmäßig zum Sport und mache viel Ausdauertraining und Stretching. Gerade bei meiner Statur brauche ich das. Dazu nehme ich immer wieder Gesangsunterricht bei meinem Lehrer Michael Dixon, der wie ein zweiter Vater für mich ist. Dabei checke ich, ob alles okay ist und ich arbeite kontinuierlich, um mich zu verbessern. Ich versuche, ein gutes Gleichgewicht in meinem Leben zu schaffen, denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass man den Spaß verliert und man nicht mehr das Besondere an dieser Arbeit sieht und warum man sie macht, wenn man nur noch so im Job läuft und funktioniert. 

14. Was wünschst du dir für deine kommenden Jahre auf der Bühne? 

Ich wnsche mir, dass ich weiterhin gesund und fit bleibe, die Leute sich erfreuen an dem, was ich auf der Bühne mache, und ich weiterhin so vielseitig arbeiten darf wie in den letzten Jahren. Das ist wirklich ein Geschenk, welches für mich nicht selbstverständlich ist. 

Lieber Benjamin, ich danke dir für dieses offene und vielseitige Gespräch und bin mir sicher, dass du noch viele weitere Menschen mit deinem Können begeistern wirst. Alles Gute!

Wer jetzt neugierig geworden ist und diesen tollen und vielseitigen Darsteller unterstützen möchte, sollte einmal auf seiner Facebook-Seite "Benjamin Eberling" und auf seiner Instagram-Seite "jumpingmusicalbear" vorbeischauen... Benjamin freut sich über jeden Like!

Shrek (c)Benjamin Eberling 

( (c)Andrew Hill

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