Tecklenburg hat geträumt von Manderley

Viele Musicalfans haben seit Jahren von Manderley geträumt und nun, im Sommer 2017, wurde der Traum Wirklichkeit. Die Freilichtspiele Tecklenburg haben die Geschichte um den rätselhaften Tod der Rebecca de Winter für zwanzig Vorstellungen auf die Bühne gebracht.
Am 9. September verabschiedete sich das Musical wieder aus der Freilichtsaison und ich durfte bei dieser fuminanten Derniere dabei sein.

Ich habe schon lange nicht mehr eine so gigantische und emotional überwältigende Inszenierung gesehen. Bereits bei den ersten Tönen des großen Orchesters spürte man den Zauber dieses Spielortes und war völlig ergriffen von diesem einzigartigen Spektakel.

© Andre Havergo 
(c) Musical1

Die Veranstalter haben keine Kosten und Mühen gescheut und eine einzigartige Star - Besetzung nach Tecklenburg geholt, die ein absoluter Publikumsmagnet war.  Allein wegen dieser großen Namen, wie beispielsweise Pia Douwes und Jan Ammann, war ein Besuch der Inszenierung für jeden richtigen Musicalfan ein Muss!

Die Rolle der "Ich" wurde von Milica Jovanovic verkörpert, die spätestens seit ihrer großartigen Performance der "Eleonore" in "Schikaneder" jedem Musicalfreund ein Begriff ist.
Milica passte in jeglicher Hinsicht hundertprozentig in diese Rolle und konnte den Zuschauern auf eine sehr authentische Art und Weise die große Entwicklung der Figur von dem unsicheren und kindlich - naiven Mädchen zu einer starken und eigenwilligen Frau präsentieren. Stimmlich konnte die junge Sängerin vom ersten bis zum letzten Ton mit ihrer klaren Stimme brillieren und wunderbar mit ihren Bühnenpartnern harmonieren. Ihr Duett  "Jenseits der Nacht" wurde zu einem wortwörtlichen Show - Stopper. Und wie Milica es sich in der Vorstellung auch vornahm, verzauberte sie heut Nacht die Welt!

Jan Ammann stand als Milicas Bühnenpartner "Maxim de Winter" auf der Bühne und brachte das Publikum mit jedem einzelnen Ton zum Staunen. Wirklich jeder Moment mit diesem sensationellen Sänger war ein einziges musikalisches Geschenk für die Zuschauer. Es gibt meiner Meinung nach keinen Darsteller, der für diese Rolle geeigneter wäre. Jan durchlebte in seiner Rolle eine ganze Bandbreite von Emotionen und sorgte damit auch im Zuschauerraum für ganz intensive Gefühle. Er hatte eine unbeschreibliche Größe und Tiefe in seiner Stimme, mit der er die Zuschauer packen und in seine eigene Welt ziehen konnte. Die Zuschauer erlebten sowohl seine Zerbrechlichkeit des nach Zuneigung suchenden Witwers, als auch die Impulsivität des Mannes, der immer wieder mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird.

Musical - Star Pia Douwes verkörperte die Haushälterin Mrs. Danvers. Ohne Frage, diese Rolle scheint Pia wie auf den Leib geschnitten zu sein und ist einfach die Rolle ihres Lebens. Sie war so böse, hinterhältig und vollkommen ihrer geliebten Rebecca ergeben. Besonders an dem Punkt, an dem Mrs. Danvers erfährt, dass sie Rebecca doch nicht so nahestand wie sie geglaubt hatte und ihre Traumwelt zerbricht, schafft Pia es mit ihrem ehrlichen Entsetzen die Gefühle des Charakters zu zeigen. Sie holt das absolute Maximum aus dieser Figur heraus und begeistert mit viel Dramatik. Bereits zu Beginn ihres Songs "Rebecca", stellte sich ein einzigartiger Zauber ein, der jeden Zuhörer in einen magischen Bann zog. Pia hatte einfach eine unglaubliche Ausstrahlung in dieser Rolle, mit der sie die Bühne ganz für sich einnimmt.

Nach der Premiere am 21. Juli wird es bis zum 9. September insgesamt 20 Aufführungen des Musicals „Rebecca“ auf der Freilichtbühne in Tecklenburg geben. 
(c) Detlef Dowidat

"Jack Favell" wurde von Robert Meyer dargestellt, der wirklich überraschte, indem er zeigte, was ein großartiger Darsteller aus dieser Rolle herauskitzeln kann. Er überzeugte mit einer sehr glaubwürdigen Boshaftigkeit und Intriganz. Dabei verlor Robert allerdings nie aus den Augen, dass "Jack" die schöne "Rebecca" aus tiefstem Herzen geliebt und vergöttert hat. Mit Hilfe seines genialen Schauspiels konnte der sympathische Darsteller sowohl die oberflächliche als auch die tiefgründige, verborgene Seite des "Jack Favell" betonen.

Roberta Valentini stand als "Beatrice" auf der Tecklenburger Bühne und konnte in dieser Rolle wieder einmal ihre sehr positive Ausstrahlung hervorheben. In der Show selbst war sie die sichere Stütze der neuen "Mrs. de Winter" und auch als Darstellerinnen harmonierten Roberta und Milica wahnsinnig gut miteinander. Mit ihren Soloauftritten konnte die lebenslustige Darstellerin beeindrucken und die Menge zum Staunen bringen.

Thomas Hohler verkörperte die Rolle des hilfsbereiten "Frank Crawley". Mit seinem Lied "Ehrlichkeit und Vertrauen" konnte Thomas mit einer sehr warmen und tiefgründigen Stimme berühren und zeigen, warum er es mehr als verdient hatte, auf dieser großen Bühne zu stehen. Er ist einfach so ein unglaublich sympathischer Mensch und konnte mit seiner ehrlichen Art seine eigene kleine Geschichte erzählen.


(c) Andre Havergo

"Mrs. Van Hopper" wurde von Anne Welte gespielt, die die Menge mit ihrer schrillen und extrovertierten Art zum Toben brachte. Sie war der Gegenpol zu aller Dramatik und Trauer in dem Stück und sorgte nicht nur einmal für schallendes Gelächter. Ihre Auftritte waren kunterbunt und voller Energie und Leidenschaft. 

Christian Fröhlich präsentierte die Rolle des "Ben" und spielte sich so in die Herzen der Zuschauer. Wohl jeder im Zuschauerraum hatte ab Christians allererstem Auftritt tiefes Mitleid mit dem geistig zurückgebliebenen Mann. Der Darsteller konnte mit seinem facettenreichen Schauspiel alle Schwierigkeiten der Rolle meistern und mit seiner unschuldigen Art wirklich zu Tränen rühren.

Das Stück wurde regelrecht getragen von einem riesigen Ensemble, das in den Zuschauern immer wieder Illusionen weckte und in jeglicher Form Gänsehaut zauberte. So ein stimmgewaltiges, perfekt harmonierendes und magisches Team habe ich selten zuvor erlebt.

Nach der Premiere am 21. Juli wird es bis zum 9. September insgesamt 20 Aufführungen des Musicals „Rebecca“ auf der Freilichtbühne in Tecklenburg geben. 
(c) Detlef Dowidat

Es war mehr als verständlich, dass diese himmlische Cast von der ersten bis zur letzten Sekunde gebührend gefeiert wurde. Und auch, wenn das weinende Auge einen immer daran erinnerte, dass dieser fulminante Abend der letzte dieser Inszenierung gewesen sein sollte, war die Vorstellung ein voller Genuss. 
Wenn ich wüsste, wie man "Zeit in eine Flasche" füllt, würde ich mit den gestrigen drei Sunden am Abend definitiv die Flasche füllen. Was ich aber weiß ist, dass man Erinnerung im Herzen lebendig hält, und dieser Abend wird in meinem Herzen unvergessen bleiben.  

Diese Festspiele sollten für viele Veranstalter ein echtes Vorbild sein, denn sie zeigen, wie man mit naturgemäß begrenzten Mitteln auf einer Freilichtbühne einen unvergessliche Show auf die Beine stellen kann. Von technisch beeindruckenden Laser - Shows bis hin zu großartigen Schattenspielen war alles dabei.
Nach dieser Produktion weiß man wieder, warum man eigentlich Musicalfan geworden ist. Wer nach dieser Vorstellung nicht wie beseelt aus dem Zuschauerraum schwebt, hat definitiv etwas verpasst.
Nun ist "Rebecca" wieder fort, doch bekanntlich stirbt diese Frau ja nie und so wird auch ihre Geschichte ewig weiterleben...
Man kann diesen eindrucksvollen Zauber, den die Inszenierung vermittelt hat, überhaupt nicht in Worte fassen, geschweige denn erklären, aber das Erlebnis dieser Show wird für lange Zeit in der Erinnerung der Zuschauer lebendig bleiben!

(c) Musicalfee

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