Drei Worte von dir - Ghost, das Musical

In Berlin sind vor einigen Wochen die Geister eingezogen, die dort im Musical "Ghost" ihr Unwesen treiben. Ich habe "Molly", "Sam" und den anderen Geistern am 26. Dezember 2017 einen Besuch im Theater des Westens abgestattet.

Das Musical erzählt die tragische Geschichte der Liebesbeziehung eines Paares, namens Molly und Sam. Die Beiden sind gerade in ein gemeinsames Appartment gezogen, als ein dramatisches Schicksal seinen Lauf nimmt. Auf dem Nachhauseweg wird das Paar von einem bewaffneten Mann überfallen, der schließlich in der Rangelei einen Schuss auf Sam abfeuert und ihn dabei tötet. Wenig später findet Sam sich als Geist in einer Zwischenwelt wieder. Er kann das gesamte Geschehen auf Erden noch verfolgen, doch er ist für die lebenden Menschen unsichtbar. Als Geist begleitet Sam die einsame und von Schmerz und Trauer erdrückte Molly und versucht, den Grund für den vorgefallenen Mord herauszufinden. Dabei kommen erschreckende Wahrheiten ans Licht, die für Sam neben den Problemen, die durch das Leben im Übernatürlichen entstehen, eine weitere große Herausforderung darstellen und auch seine geliebte Molly in Gefahr bringen. 


"Sam" wurde an diesem Abend von Mathias Edenborn verkörpert, der aufgrund seines berührenden Schauspiels eine Idealbesetzung für diese Rolle war. In jeder einzelnen Szene spürte man die Ehrlichkeit, die hinter seiner Darbietung steckte. Von Glücksgefühlen über Wut und Angst bis hin zu tiefer Trauer schaffte Mathias es, dem Publikum das turbulente Gefühlsleben des Charakters geschickt zu transportieren. Auch gesanglich konnte der Darsteller mit einer sehr gefühlvollen Stimme begeistern, mit der er sowohl eine gewisse Zerbrechlichkeit als auch das Gefühl neuen Mutes schaffen konnte. Das Zusammenspiel aus Schauspiel und Gesang bildete eine absolute Glanzleistung!

Wiljemin Verkaik stand als "Molly" auf der Bühne und überzeugte das Publikum vor allem mit ihrer großartigen Stimme, welche einfach in jedem Moment Gänsehaut zauberte. Auch ihr Schauspiel wirkte unglaublich authentisch. Sie teilte den gesamten Schmerz und die Einsamkeit der Rolle mit dem Publikum und sorgte somit gemeinsam mit ihrem Bühnenpartner auch für große Emotionen im Zuschauersaal. Trotz der Traurigkeit und Verzweiflung, die ihre Rolle über weite Passagen des Stücks begleitete, verlieh sie Molly eine jugendliche Ausstrahlung mit verletzlicher Naivität.


"Oda Mae Brown" wurde von Denise Lucia Aquino gespielt, die mit viel Hingabe die Verrückheit und Komik der Figur auf die Bühne brachte. Sie blühte in dieser Rolle komplett auf und man konnte ihr die unbändige Spielfreude in jeder Szene anmerken.
Die Figur selbst wirkte für mich persönlich im ersten Akt teilweise etwas zu überspitzt und vielleicht sogar schon ein wenig gekünstelt. Ich hatte das Gefühl, dass man bemüht war, einen amüsanten Ausgleich zu der eigentlichen Dramatik des Stücks zu erzwingen. Dies ist allerdings meine ganz persönliche Meinung zur  Kreation der Rolle. Denise hat diese sowohl gesanglich als auch schauspielerisch sehr gut ausgefüllt.

Andreas Bongard begeisterte in der Rolle des "Carl Brunner" mit einer großen Stimmgewalt. Vor allem bei dem Lied "Mehr" konnte der Darsteller mit seinem Gesang brillieren. Es war beeindruckend zu beobachten, wie er einerseits dem Publikum einen vertrauten Freund vortäuschen und andererseits die heimtückische und gierige Seite des Charakters präsentieren konnte. Sowie die Rolle selbst eine gewisse Zerrissenheit erlebte, war auch der Zuschauer von der Figur hin - und hergerissen. 


Das Stück lebt zu einem großen Teil von den Emotionen, mit welchen die Darsteller selbst die einzelnen Rollen ausfüllen. Auch das Zusammenspiel der einzelnen Schauspieler erzeugt eine besondere Atmosphäre von Intimität.
Die Surrealität des Stücks verleiht der Show natürlich eine gewisse Einzigartigkeit, die vor allem durch die speziellen Effekte betont wird. So wird beispielsweise das Schreiten der Geister durch Türen oder das vergebliche Greifen nach Gegenständen auf beeindruckende Art dargestellt. 

Die Show ist eine einzige Achterbahnfahrt der Gefühle. Die Zuschauer erleben gemeinsam mit den Charakteren eine Geschichte voller Dramatik, Spannung und vor allem ganz viel Gänsehaut. 
Die Songs werden von den Darstellern so emotional präsentiert, dass bei vielen Zuschauern die ein oder andere Träne nicht verborgen bleibt. Vor allem die Duette der beiden Hauptdarsteller gehen zu Herzen und sind ein Genuss für die Seele. Lediglich der ein oder andere Ohrwurm ist bei mir persönlich leider ausgeblieben, da die Songs nicht sehr eingängig sind. In der Vorstellung selbst werden die Titel mit sehr viel musikalischer Leidenschaft umgesetzt, allerdings gibt es nur wenige Nummern, die am nächsten Tag noch präsent sind...., jedoch ergibt sich dies vielleicht nach einem weiteren Besuch der Produktion.


Abgesehen von dieser kleinen Kritik ist das Musical sehr überzeugend umgesetzt. Selten habe ich eine Inszenierung erlebt, die einzelne Szenen besitzt, welche durch die übermittelte Verzweiflung der Charaktere so ans Herz gehen. Auch nach dem Verlassen des Theaters "spukt" das Erlebte noch im Kopf herum und regt zum Nachdenken über das eigene Leben und die Wertigkeit der Ereignisse an. Die Rollen sind so kreiert worden, dass jeder Einzelne sich wohl zumindest in gewisser Weise mit den Gefühlen, Gedanken und Ängsten der  Charaktere gut identifizieren kann. Schon immer bestehende gesellschaftliche Schwächen, wie beispielsweise die Habgier nach materiellem Reichtum und der Verrat von Freundschaften, werden auf diese ausgesprochen berührende Art angesprochen. Die Geschichte scheint möglicherweise auf den ersten Blick nicht viel mit der Wirklichkeit zu tun zu haben, aber es findet sich bei genauerer Betrachtung im übertragenen Sinn so manche Verbindung zum Alltag eines jeden Einzelnen.
Das Publikum erlebt im Theater des Westens täglich eine emotionsgeladene Show, die von jedem einzelnen Darsteller zu etwas ganz Besonderem gemacht wird! 
Mein persönliches Fazit zu dieser Show: 
Ein Besuch lohnt sich in jedem Falle ! Für mich ist die Inszenierung nicht perfekt, aber das ist vielleicht auch genau der Punkt, der das Musical zu dem macht, was es ist. Erzählt wird die Geschichte von ganz "normalen" Menschen und einem Leben, welches nun einmal nicht perfekt ist. Wie ein Leben hat auch diese Show Höhen und Tiefen und das macht sie einzigartig!

Fotos (c) Stage Entertainment 

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