Inga Krischke - Königin der Musicalbühne

Inga Krischke absolvierte ihre Ausbildung zur Musicaldarstellerin an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Anschließend stand die herzliche Künstlerin in diversen großen Produktionen, wie beispielsweise "Jesus Christ Superstar", "Hairspray" und "Into the Woods" auf der Bühne. Zudem wirkte sie an der Welturaufführung des Musicals "Das Wunder von Bern" mit und verkörperte in Hamburg die Rolle der "Ingrid Lubanski".
Aktuell ist Inga in Darmstadt in der Show "Catch me if you can" und in "Priscilla - Königin der Wüste" in St. Gallen zu erleben. Ich hatte die Ehre, mit dieser talentierten Darstellerin ein wunderbares Gespräch über ihren Weg auf die Bühne und ihre Theater - Erfahrungen führen zu dürfen.
Also, Vorhang auf und Bühne frei für Inga!


Wann stand für dich fest, dass du im Genre Musical tätig sein möchtest und wie hat dein Umfeld auf diese Entscheidung reagiert?

Eigentlich habe ich mich erst relativ spät dazu entschieden. Ich wollte vorher immer etwas „Vernünftiges“ machen. Da ich allerdings von Kind an immer im Theater auf der Bühne stand und es mir immer riesigen Spaß gemacht hat, dachte ich mir mit 16 Jahren auf einmal: „Ach Mist, irgendwie interessiert mich gar nichts anderes so richtig“. Dann habe ich mir selber gesagt, dass ich die Aufnahmeprüfungen an den staatlichen Unis versuchen möchte und wenn es klappt, dann mache ich es und wenn nicht, dann wird es doch etwas anderes. Dann hat es direkt mit 17 Jahren bei meiner Wunschadresse in Essen geklappt! Und Zack, ich war drin in der Musicalwelt...

Du hast dein Studium an der Folkwang Universität der Künste absolviert. Kannst du uns ein wenig über den Ablauf eines solchen Studiums verraten?

Das Studium dauert vier Jahre und ist eigentlich ein Fulltime Job. Wenn ich an die Zeit zurückdenke, frage ich mich manchmal, wie ich das alles geschafft habe. So viel Unterricht und Projekte gleichzeitig. Aber es geht und ich habe mein Studium über alles geliebt! Wahrscheinlich geht es genau deswegen! Ich war wie auf Wolke 7 oder auf Droge - fasziniert von der Theaterwelt, was es alles zu entdecken und zu lernen gibt. Das habe ich genussvoll aufgesogen. Unsere Dozenten und Professoren waren unglaublich engagiert und haben wirklich versucht, das Beste aus uns herauszuholen und uns so gut wie nur möglich zu fördern, dafür bin ich ihnen sehr dankbar! Dazu kommt, dass man an der Folkwang als vielseitiger Künstler ausgebildet werden soll. Das bedeutet, man ist nicht nur innerhalb der  Musicalabteilung isoliert und bekommt von den Schauspielern, Tänzern, Regisseuren und Musikern aus den anderen Abteilungen nichts mit, sondern man hat viele Unterrichtsstunden oder Projekte zusammen, gewinnt tolle Eindrücke anderer Kunstformen und Arbeitsweisen. Insbesondere diesen Aspekt fand ich an unserem Studium so besonders toll. Es war so vielseitig und man konnte sich total ausprobieren.


Du hast bereits in zahlreichen Produktionen mitgewirkt. Was war bisher dein schönster Moment auf oder hinter der Bühne?

Oh, da gibt es so viele! Ich weiß gar nicht, ob ich einen ganz bestimmten Moment benennen kann. Ich liebe Probenphasen - es ist toll, neue Stücke zu erarbeiten. Die Sitzprobe, wenn zum ersten Mal Darsteller und Musiker zusammen die Musik erleben und hören, wie es am Ende klingen soll,  das ist immer ein riesiges Highlight für mich! Genauso ist es unglaublich schön, wenn man nach der Vorstellung in funkelnde Zuschaueraugen blickt und begeistertes Feedback vom Publikum bekommt und merkt, dass wir ihm scheinbar wirklich Freude bereitet haben mit dem, was wir da auf der Bühne machen und die Zuschauer ein paar Stunden ihren vielleicht sehr stressigen Alltag vergessen konnten. 
Ein wirklich rührender Moment für mich war beim „Wunder von Bern“ bei der letzten Vorstellung, als mir Detlef und Vera, die meine Eltern gespielt haben, bei der Szene, in der der Vater seinen Kindern kleine Geschenke überreicht, wirklich ein wunderschönes Armband zum Abschied geschenkt haben. Da musste ich ganz schön viele Tränen verdrücken, weil wir so eine wundervolle Zeit zusammen erleben durften und wirklich wie eine Familie zusammengewachsen sind.

Viele Musicalliebhaber kennen dich sicherlich aus dem Musical „Das Wunder von Bern“. Was war deiner Meinung nach das Besondere an dieser Eigenproduktion Stage Entertainments?

Für mich war diese ganze Produktion etwas Besonderes. Mein Herz und wahrscheinlich die Herzen aller Beteiligten, die dabei waren, hängen noch immer sehr an der Produktion. Das Team, die Cast, das ganze Theater, jeder stand voll und ganz hinter dieser Show. Solch einen Teamgeist wie dort habe ich noch nie erlebt. Die Geschichte, die beim Wunder von Bern erzählt wurde, ist wirklich ein Teil deutscher Geschichte, ein Teil UNSERER Geschichte. Oft habe ich von der Bühne aus viele ältere Menschen im Publikum mit Tränen in den Augen gesehen, weil sie diese Geschichte selbst erlebt hatten. Viele Erinnerungen kamen in ihnen auf. 
Ich finde es wichtig, auch solche Geschichten auf die Bühnen zu bringen. Ich liebe es, wenn Stücke reale Schicksale erzählen und die Menschen emotional berühren und nachdenklich machen.


Drei Jahre lang lief die Show in dem eigens für dieses Musical gebauten „Theater an der Elbe“. Hättest du dir für dieses Stück anschließend auch noch einen weiteren Standort vorstellen können und wie hoch schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein, dass das „Wunder von Bern“ noch einmal auf einer deutschsprachigen Bühne zu erleben sein wird?

Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Wunder nochmals zurückkommt, kann ich leider gar nicht sagen. Ich wünsche es mir sehr, aber ich kann leider nicht in die Köpfe der Produzenten und Intendanten schauen... Mein Wunschstandort für dieses Stück (nach dem wunderschönen Theater an der Elbe in Hamburg), wäre das Colosseum Theater in Essen. Dort, in Essen, spielt die Geschichte unter anderem und daher finde ich, dass es dort hingehört - in den Ruhrpott. Dort verbinden die Menschen etwas mit diesem Stück. Außerdem ist das Theater sehr schön und hat, wenn man mich fragt, schon genau den richtigen „Look“ für diese Show.

Aktuell bist du im Musical „Priscilla – Königin der Wüste“ als eine der Diven zu bestaunen. Bitte beschreibe diese Rolle in einigen Worten und verrate uns, welche Gemeinsamkeiten du persönlich mit dieser Figur hast!

Die Diven treten immer zu dritt auf und sind quasi wie das begleitende Pendant zu den drei Hauptrollen, den Dragqueens. Wir begleiten sie, ein bisschen wie ein griechischer Chor oder drei übernatürliche Wesen, auf ihrer Reise durch die australische Wüste. Hauptsächlich sind wir für den Gesang in der Show verantwortlich und „synchronisieren“ quasi die Dragqueens bei ihren Performances.
Ich selber habe eigentlich nichts mit meiner Rolle gemeinsam, außer vielleicht die Liebe zum Singen und zur Popmusik. ;-)


Die Inszenierung basiert auf dem gleichnamigen Kinofilm Stephan Elliotts. Hast du diesen Filmhit, der sogar mit einem Oscar gekrönt worden ist, selbst gesehen und inwiefern unterscheidet sich das Musical von der Filmvorlage?

Ich habe den Film tatsächlich bisher nicht gesehen, nur Ausschnitte daraus. Deswegen kann ich gar nicht beantworten, inwiefern sich das Musical von der Filmvorlage unterscheidet. Ich kann nur sagen, dass Live - Theater immer ein ganz anderes Erlebnis ist als einen Kinofilm zu sehen. Es lohnt sich auf jeden Fall nach St. Gallen zu kommen, um die Show live mitzuerleben. Ich denke, dass das Publikum jedes Mal einen großen Spaß an dem Abend hat!

Was machst du gerne in deiner Freizeit, um dich von deiner anstrengenden Arbeit auf der Bühne zu erholen? Hast du irgendwelche besonderen Film – oder Buchtipps, die du mit den Lesern teilen kannst?

Ich liebe es, mit meiner Hündin Lia in der Natur spazieren zu gehen, Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen und zu reisen - die Welt und ihre vielen unterschiedlichen Kulturen zu entdecken. Sport, insbesondere Snowboarden und Surfen sind meine Lieblingshobbies. Ich schaue gerne Serien (gerne spannend und politisch aktuell, wie z.B. HOMELAND) und höre gerne Hörbücher bei meinen langen Autofahrten zu den Vorstellungen. Gerade höre ich „Der Schwarm“ von Frank Schätzing und bin total gebannt und begeistert.


Hast du eine Traumrolle, die du unbedingt einmal spielen möchtest?

Als Kind habe ich einmal in dem Musical "Cabaret" mitgespielt. Seitdem liebe ich das Stück und irgendwann würde ich gerne einmal die "Sally Bowles" verkörpern.

Welche drei Dinge würdest du mit auf eine einsame Insel nehmen wollen?

Lia, mein Surfbrett und... hmm... ein Foto meiner Familie, das habe ich auch immer dabei, wenn ich in langen Probenphasen in einer fremden Theaterwohnung lebe, um ein Stück „Zuhause“ dabei zu haben.

Hast du in beruflicher oder privater Hinsicht ein Vorbild in deinem Leben?

Eigentlich habe ich kein Vorbild, nein. Natürlich gibt es Menschen, die mich beeindrucken oder die ich bewundere, aber dann frage ich mich, welche Eigenschaften mich an dieser Person faszinieren und wenn es gute Eigenschaften sind, versuche ich mir etwas davon abzuschauen und sie auf mein Verhalten zu übertragen.


Die Musicallandschaft in Deutschland ist in ständiger Bewegung und es kommen immer mehr neue Produktionen, beispielsweise vom Broadway, auch nach Deutschland. Wie empfindest du diese Veränderungen in der Musicalwelt?

Ich finde das super! Es wäre doch langweilig, wenn wir immer nur die gleichen Stücke in Deutschland sehen würden. Ich würde mir sogar wünschen, dass die Leute noch mutiger sind bei ihrer Stückwahl für den Spielplan. Es gibt so viele tolle Stücke, man muss sich nur an die neuen Stoffe trauen und auch den Zuschauern etwas mehr zutrauen! Ich mag  es auch, wenn eigene Stücke in Deutschland entwickelt werden, so wie damals beim "Wunder von Bern". Solche Prozesse würde ich mir weiterhin wünschen!

Liebe Inga, ein ganz großes Dankeschön von Herzen für dieses sympathische und authentische Interview! Es war eine Freude, mehr über dein Bühnenleben und deine persönlichen Vorlieben und Träume zu erfahren!
Alles erdenkliche Gute für die Zukunft! Mögen all deine Wünsche in Erfüllung gehen und möge das Leben noch zahlreiche positive Überraschungen bereithalten...

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