Wenn Märchen wahr werden - auf den Spuren von Jessica Rühle

Jessica Rühle war in den letzten Jahren in diversen Produktionen zu bewundern. Zahlreichen großen Shows hat die junge Künstlerin ihren Charme und ihre Leidenschaft geschenkt. Unter anderem war sie in dem Musical "Das Wunder von Bern" , sowie in "Wahnsinn" zu erleben. In der Welturaufführung von "Fack ju Göhte" stand Jessica als Cover für die Hauptrollen der "Chantal" und "Zeynep" auf der Bühne.
Nun begeistert die liebenswerte Darstellerin in der deutschsprachigen Erstaufführung des Musicals "Pretty Woman" allabendlich die Zuschauer. Jessica hat sich netterweise meinen Fragen gestellt und verrät im folgenden Interview mehr über ihr Leben auf der Bühne sowie ihr Wünsche und Träume für die nächsten Jahre. Vorhang auf und Bühne frei für Jessica Rühle...

Wann stand für dich fest, dass du im Genre „Musical“ tätig sein möchtest und wie hat dein Umfeld auf diese Entscheidung reagiert?

Ich habe schon von klein auf getanzt und gesungen... mal das Eine, mal das Andere etwas intensiver. Im Alter von ca. elf Jahren habe ich "Starlight Express" gesehen und dann wohl zu meinem Vater gesagt: "Genau das möchte ich auch machen!" Ab diesem Zeitpunkt hat es mehr oder weniger festgestanden und meine Familie hat mich glücklicherweise von Anfang an unterstützt und mir immer zur Seite gestanden. Das macht sie bis heute und ich bin wirklich sehr dankbar dafür.

Du standest bereits in vielen verschiedenen Produktionen auf der Bühne. Welche deiner bisherigen Rollen hat dabei für dich die größte Herausforderung dargestellt?

Die bisher größte Herausforderung für mich war "Chantal" in "Fack ju Göhte". Ich habe zuvor noch nie eine solch komödiantische Rolle verkörpert. Der "Slang" von Chantal, Zeynep und Co war auch nicht so leicht hinzubekommen wie ich anfangs dachte. Außerdem war "Chantal" im Film schon eine der absoluten Zuschauerlieblinge. Da erhöht sich der Druck ;-)

Im vergangenen Jahr hast du an dem Musical „Wahnsinn“ mitgewirkt. Hattest du vor diesem Engagement bereits eine Vorliebe für die Musik von Wolfgang Petry und hattest du einen Lieblingstitel in dieser Show?
Hahaha, nein, ich hatte gar keinen Bezug zu Wolfgang Petry. Ich war überrascht, wie viele Titel ich doch vorher schon einmal gehört hatte und war auch begeistert von vielen Titeln, die ich vorher noch nicht kannte. Ich mochte vor allem die neueren Songs, wie "Tinte" oder "Brandneu", aber auch "Augen zu und durch" hat wirklich immer gerockt. Im Allgemeinen waren die Lieder super arrangiert und ich hatte immer sehr viel Spaß mit den Songs und dem Publikum.


Ein Meilenstein in deiner bisherigen Karriere war sicherlich die Produktion „Fack ju Göhte“. Eine innovative und unvergleichliche Inszenierung, die auf einem ganz neuen Konzept basierte. Bitte verrate allen Lesern, die diese Show nicht erlebt haben, was das Besondere an dieser neuen Dimension Musical war und inwiefern die Produktion sich deutlich von anderen Shows abgehoben hat!

"Fack ju Göhte" war für mich mit allem Drum und Dran etwas ganz Besonderes und Neues. Zunächst einmal war der Standort München für die Firma ganz neu. Das Theater war zuvor eine Lagerhalle, wurde umgebaut und von uns eröffnet. Alles erinnerte eher an eine Sporthalle als an ein gewöhnliches Theater. Wir waren den Zuschauern dadurch sehr nah und konnten eine andere Verbindung aufbauen. Wir konnten jeden Zuschauer bis in die letzte Reihe sehen. Da es keine herkömmliche Bühne war, war das Bühnenbild nicht motorisiert. Es gab keinen Schnürboden und auch keine Seitenbühnen. Es war also Teil der Choreografie, dass wir Darsteller alle benötigten Bühnenelemente auf die Bühne bringen. Das Bühnenbild bestand insgesamt aus Gegenständen, die man in der Turnhalle finden würde. Das war sehr besonders. Seile dienten als Gogo Stangen, Bänke als Zuggleise, Trampoline und Matten wurden zum Schwimmbecken. Die Show selber war einfach etwas komplett Neues für Deutschland. Die Musik war eine gute Mischung aus Hip -Hop, Pop und Sprechgesang. Sehr viele Ohrwürmer. Ich habe die Texte geliebt! Der Zuschauer hat natürlich alle wichtigen Texte und Szenen aus dem Film bei uns wiedergefunden, aber auch der sonstige Rahmen war wirklich gut und witzig geschrieben. Einfach eine tolle Show!

Wie hast du persönlich die Derniere dieses Stücks erlebt und hast du heute noch Kontakt zu der Fack ju Göhte – Cast?

Die Derniere von "Fack ju Göhte" ist wirklich unvergesslich. Zum einen fiel die Derniere auf meinen Geburtstag und die Feier danach hätte nicht besser sein können. Zum anderen bin ich bei Dernieren immer sehr emotional und die Show war sehr klein und deswegen sehr familiär. Ich erinnere mich an viele Tränen. Ich bin einfach dankbar, dass ich Teil dieses Teams sein durfte. Ich freue mich immer wieder, Kollegen des Theaters hier und da wiederzusehen. Ich habe noch zu einigen Kontakt und wir treffen uns hin und wieder auf einen Kaffee oder besuchen uns gegenseitig bei unseren Shows.

Momentan begeisterst du im Musical „Pretty Woman“ in Hamburg. Wie hast du reagiert, als du erfahren hast, dass diese Show nach Deutschland kommen wird und wie liefen die Auditions für diese neue Produktion ab?

Ich mag den Film sehr gerne und habe mich gefreut, dass die Show nach Deutschland kommt. Ich wollte sie auf jeden Fall anschauen gehen, aber um ehrlich zu sein, dachte ich, dass ich vom Typ nicht so gut in das Stück passe. Ich bin erst zur letzten "Nachaudition" gegangen, bei der nur noch ein oder zwei Positionen gesucht wurden. Dadurch ging alles sehr schnell. Ich habe mit dem Tanzen angefangen und durfte danach zum Vorsingen. Da habe ich dann ein Lied gesungen und durfte anschließend noch Szenen mit dem Kreativteam spielen. Kurze Zeit später habe ich eine Zusage bekommen. Da habe ich Glück gehabt, normalerweise sind es mehrere Runden, die man überstehen muss. Erste Runde, Callback, dann Final. In einigen Fällen sind es sogar noch mehr Runden. Das passiert normalerweise an mehreren Tagen und zieht sich über Wochen oder Monate. 


Das Musical „Pretty Woman“ basiert auf der gleichnamigen Filmvorlage. Wie gelungen empfindest du die Bühnenadaption und welchen Wert hat dabei die von Bryan Adams komponierte Musik?

Es ist der Film auf der Bühne. Wer den Film mag, wird sicherlich auch die Show genießen. Es ist eine wundervolle Liebesgeschichte. Natürlich sind einige Lieblingsszenen und Lieblingszitate auch dabei und es ist immer schön zu sehen, wie die Zuschauer diese wiedererkennen und sich genau darüber freuen. Durch die Musik von Bryan Adams ist das Musical sehr poppig und modern und macht einfach Spaß.

Du hast bereits Stücke in den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands bereichert. Hast du persönlich einen Ort, an dem du besonders gerne arbeitest oder mit welchem du dich sehr verbunden fühlst?
Definitiv Hamburg und das "Theater an der Elbe". Hamburg ist seit langer Zeit meine Wahlheimat und es ist einfach immer schön, im eigenen Bett schlafen zu können. Im "Theater an der Elbe" durfte ich meine erste Ensuite Produktion, "Das Wunder von Bern", spielen. Ich habe das Haus, die Leute, die Show und die Rolle sehr geliebt!

Welche ist deine größte Stärke und welche deine größte Schwäche?

Meine größten Stärken sind leider auch meine größten Schwächen. Ich bin sehr emotional und auch immer sehr perfektionistisch. Beide Eigenschaften helfen mir auf der Bühne, sind aber auch sehr anstrengend und haben mir auch leider schon einige schöne Momente genommen. Ich arbeite daran... ;-)

Die Musicallandschaft in Deutschland ist in ständiger Bewegung und es kommen immer mehr neue Produktionen, beispielsweise vom Broadway, auch nach Deutschland. Auch Eigenproduktionen finden immer stärkeren Einzug in die deutschsprachige Musicalszene. Gleichzeitig gibt es jedoch auch unterschiedliche Rückschläge, wie beispielsweise die Schließung zahlreicher großer Theater. Wie empfindest du diese Entwicklungen in der Musicalwelt?

Ich finde die Schließung der Theater so schlimm und frage mich manchmal, ob das wirklich nötig war und es nicht einen anderen Weg gegeben hätte. In jeder dieser Städte stirbt damit ein bisschen Kultur und das tut weh. Sehr schwieriges Thema!
Dass es immer mehr neue Eigenproduktionen gibt, finde ich dagegen großartig. Gerne verfolge ich Wettbewerbe, wie "Creators", wo Autoren und Komponisten ihre Ideen vorstellen. Gerne mehr davon! Es würde mich freuen, wenn neue Projekte mehr gefördert werden und die Musicallandschaft ein wenig mutiger werden würde. Ich hatte das große Glück, schon in einigen Eigenproduktionen dabei sein zu dürfen und es war immer ein großer Spaß!


Was bedeutet „Glück“ für dich persönlich?

Glück bedeutet für mich, das machen zu können, was ich liebe! Zeit mit Menschen zu verbringen, die ich liebe! Gesundheit!

Das Jahr 2020 ist gerade angebrochen. Welche Wünsche oder Vorsätze hast du für das neue Jahr?

Besondere Vorsätze für das neue Jahr mache ich eigentlich nie. Ich bin ein Fan davon, Sachen zu jeder Zeit anzugehen. Aber ich würde mir wünschen, ein wenig lockerer zu werden und die daraus entstehenden Chancen zu sehen und zu nutzen.

Schnellfragerunde:

Traumrolle? - Ahhhhh, sooooo viele! "Elle Woods" in "Natürlich Blond", "Anna" in "Frozen", "Eva" in "Die Tagebücher von Adam und Eva", "Penny" in "Hairspray" und noch so vieles mehr...

Lieblingstheater? - Aus emotionalen Gründen das "Theater an der Elbe"

Liebingssänger/-band? - Habe ich gar nicht, es gibt so viele tolle Künstler

Lieblingszitat aus "Pretty Woman"? - "Ich will, dass mein Märchen wahr wird." 

Traumreiseziel? - Die ganze Welt :-) Ich habe noch viel zu wenig gesehen! 

Vielen lieben Dank für dieses wundervolle Interview, liebe Jessica! Es war ein großer Genuss, mit dir auf eine spannende Reise durch deine Vergangenheit zu gehen und mehr von deiner Welt zu entdecken. Von Herzen alles Liebe für deinen weiteren Lebensweg! Mögen all deine Träume und Wünsche in Erfüllung gehen!

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