Eine himmlische Zeitreise - Auf den Spuren von Sonnenschein Yasmina Hempel

Yasmina Hempel ist bereits seit Kindertagen von Musik und Tanz begeistert. Mehrere Jahre lang stand sie im Jungen Ensemble des Friedrichstadtpalastes in Berlin auf der Bühne und gewann schließlich 2017 einen Förderpreis beim Bundeswettbewerb Gesang. In diesem Jahr schloss die gebürtige Berlinerin erfolgreich ihre Ausbildung an der "Folkwang Universität der Künste" ab. Anschließend war die junge Künstlerin in der Bad Hersfelder Inszenierung von "Goethe" zu erleben. Zudem ist Yasmina Teil der Cast von "Himmel und Kölle" und begeistert im Rahmen dieses Engagements das Kölner Publikum in der "Volksbühne am Rudolfplatz". Seit einigen Wochen ist nun bekannt, wo es die Darstellerin nach der Zeit in Köln hinziehen wird: Yasmina wird ab März nächsten Jahres in der Rolle der "Julia" in der neuen Produktion "Romeo und Julia - Liebe ist alles" im Theater des Westens in Berlin zu sehen sein. Natürlich haben wir das folgende Interview genutzt, um über diese große Neuigkeit zu sprechen, aber auch der ein oder andere Einblick in vergangene Shows sowie in die Ausbildungszeit soll natürlich nicht zu kurz kommen. Wer nun neugierig geworden ist und mehr über diese herrlich sympathische Künstlerin und ihr Wirken erfahren möchte, der sollte sich dringend ein paar Minuten für dieses wunderbare Interview nehmen... Vorhang auf und Bühne frei für Yasmina Hempel!


Wann bist du das erste Mal mit Musicals in Kontakt gekommen und wann stand für dich fest, dass du selbst als Künstlerin auf der Bühne stehen möchtest?

Das erste Musical, das ich gesehen habe, war „CATS“ in Berlin, aber weil ich daran irgendwie keine Erinnerung habe, sage ich, meine ersten Erfahrungen mit dem Genre Musical habe ich im KinderMusicalTheater Berlin e. V. gesammelt. Das ist ein Musicalverein in Berlin, der im Winter Kindermusicals aufführt, und dort habe ich sechs Jahre lang fast meine gesamte Freizeit verbracht :-) Ich hatte dort den größten Spaß überhaupt und als ich mit zwölf Jahren „Tanz der Vampire“ im Theater des Westens gesehen und verstanden habe, dass man das auch beruflich machen kann, war für mich klar, dass es für mich nix anderes geben kann.

Dein Studium hast du in diesem Jahr erfolgreich an der „Folkwang Universität der
Künste“ abgeschlossen. Bitte blicke doch noch einmal gemeinsam mit uns auf diese Studienzeit zurück und verrate uns etwas mehr über den Ablauf einer solchen Ausbildung. Wie war der Studiengang organisiert? Was war für dich die größte Herausforderung während dieser Zeit?

Im April habe ich meine letzte Prüfung an der "Folkwang Universität der Künste" abgelegt und finde es unglaublich, dass diese vier Jahre Studium so schnell vergangen sind und es sich gleichzeitig anfühlt, als hätte ich dort ein Jahrzehnt meines Lebens verbracht.
Die ersten beiden Jahre bestehen hauptsächlich aus Grundlagenunterricht in Gruppen in Schauspiel, Tanz und Liedinterpretation/Gesang. Unsere Grundausbildung im Schauspiel absolvieren wir zusammen mit den Studierenden der Studiengänge Schauspiel, Physical Theatre und Regie, was eine große Bereicherung ist. Ab dem dritten Jahr kommen mehr und mehr Projekte dazu, in denen wir das bereits Gelernte anwenden können und immer wieder aufs Neue gefordert werden. So erarbeitet jeder Jahrgang im dritten Jahr zum Beispiel eigenständig eine Eigenarbeit, also ein Stück, das ohne Zutun von Professor:innen konzipiert, geschrieben, geprobt und aufgeführt wird. Außerdem haben wir vier Jahre lang regelmäßig Einzelgesangs- und Korrepetitionsunterricht,
um Gesangstechnik und Repertoire zu erarbeiten. Also hat man am Ende dieser vier Jahre einen großen Koffer mit viel Input, Handwerk und Erfahrungen, mit dem man (mit ein bisschen Glück) in die Berufswelt startet.
Die größten Herausforderungen waren dabei für mich die zahlreichen kleinen und mittelgroßen Krisen, die in so einem Studium unvermeidlich sind. Man beschäftigt sich den
ganzen Tag mit dem Menschsein, mit Konflikten und Beziehungen, da kommt jeder mal an seine Grenzen. Es lohnt sich aber, das auszuhalten und sich damit auseinanderzusetzen – ich möchte nichts davon missen... :-)

Aktuell bist du in der Produktion „Himmel und Kölle“ als „Maike“ und Cover „Jenny“ zu erleben. Zunächst einmal für all diejenigen, die diese Show noch nicht gesehen haben: Was erwartet das Publikum in der Volksbühne am Rudolfplatz? 

KOMMT ALLE NACH KÖLN, MAN LACHT SICH SCHLAPP, AUCH WENN MAN NICHT AUS KÖLN KOMMT!!! Die Zuschauer erwarten zweieinhalb Stunden gute Laune, Spaß, tolle Musik und Bauchschmerzen vom 
Lachen.


Die Show birgt sicherlich ihre ganz eigenen Herausforderungen. „Himmel und Kölle“ 
ist sehr humoristisch angelegt und begeistert durch teils herrlich überzeichnete Charaktere. Welche Schwierigkeiten bringt ein solch witzgeladenes Stück für dich als Darstellerin mit sich? 

Die Herausforderung ist dabei für mich, die Pointen jeden Abend aufs Neue gut zu setzen. Je nach Publikum und Besetzung variieren das Tempo und Timing der Szenen natürlich ein wenig, also muss man besonders aufmerksam sein, gut zuhören und dranbleiben. Aber ich habe tolle Kolleg:innen auf und hinter der Bühne, mit denen das ein Leichtes ist und von denen ich viel lerne.

Zudem standest du in diesem Sommer in dem Musical „Goethe“ auf der Bühne der Stiftsruine in Bad Hersfeld. Die Bad Hersfelder Festspiele stellen eine feste Größe in der Theaterwelt dar. Was macht deiner Meinung nach den Zauber dieser Festspiele aus und wie hast du deine Spielzeit dort empfunden? 

Ich denke, einen großen Beitrag zum Zauber der Bad Hersfelder Festspiele leistet allein schon die Kulisse. Der Blick aus dem Publikum in die Ruine ist so gewaltig und beeindruckend, dass man gar nicht mehr wegschauen möchte. Außerdem werden jedes Jahr tolle Stücke ausgewählt, die gut auf diese große Festspielbühne passen.
Die Spielzeit diesen Sommer in Bad Hersfeld war sehr lehrreich für mich. Ich durfte als Female Swing bei der Wiederaufnahme von „GOETHE!“ dabei sein und hatte großen Respekt vor dieser Aufgabe und Verantwortung. Ich war jeden Tag gefordert und wurde vor neue Aufgaben gestellt. Letztendlich durfte ich bei vier Shows einspringen, was sehr aufregend war, aber auch viel Spaß gemacht hat. 

Johann Wolfgang von Goethe zählt wohl zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der 
deutschen Geschichte. Welche Berührungspunkte hattest du bereits vor diesem Engagement mit dem Dichter und seinen Werken? Was hat dich an der Darstellung seiner Person in der Bad Hersfelder Inszenierung besonders fasziniert, verwundert oder auch inspiriert?
 
In der Schule war ich im Deutsch-Leistungskurs und habe Goethes „Willkommen und Abschied“ bestimmt 300 Mal analysiert. Mindestens. Ich habe mich also sehr gefreut, als ich gelesen habe, dass diesem Gedicht in „GOETHE!“ eine ganze Szene gewidmet ist. Jede Vorstellung, die ich vor Ort war, habe ich dieser Szene gelauscht oder zugeschaut und war regelmäßig zu Tränen gerührt. Philipp Büttners und Irena Flurys unglaublichen Stimmen und ihrer Leidenschaft zuzuhören war wahnsinnig inspirierend.


Vor wenigen Tagen durftest du eine große Neuigkeit verkünden, denn du wirst ab dem 19. März 2023 in der Rolle der „Julia“ in der neuen Produktion „Romeo und Julia – Liebe ist alles“ zu sehen sein. Erst einmal herzlichste Glückwünsche zu dieser phänomenalen Nachricht! Natürlich wollen wir an dieser Stelle noch nicht zu viel über Berlins neue Show verraten, aber was kannst du uns vielleicht jetzt schon über die anstehende Inszenierung sowie die zugehörige musikalische Linie erzählen?

Dankeschön! Ich freue mich so sehr und kann es wirklich noch nicht ganz glauben. Was ich schon verraten kann ist, dass die Musik der absolute Wahnsinn ist und die Texte der Szenen weitestgehend klassisch bleiben, angelehnt an die Übersetzung von August Wilhelm von Schlegel. Und möglicherweise kommt sogar die ein oder andere bekannte Melodie vor… ;)
Also kommt vorbei, Karten gibt es ab sofort! Wir freuen uns!

Wie lief der Bewerbungsprozess für diese Rolle ab? Bitte nimm uns doch einmal mit zu den Auditions für „Romeo und Julia“ und gib uns gerne auch einen kleinen Einblick in deine Gefühlswelt hinsichtlich der Zusage für dieses Engagement.

Ich habe im Sommer eine Mail von unserer Casterin bekommen mit drei Szenen und zwei Songs im Anhang und der Frage, ob ich für die Rolle der "Julia" vorsprechen würde. Nachdem ich das Material gelesen und gehört habe und begeistert war, habe ich sofort zugesagt und habe vorgesprochen. Die Audition in Berlin war wirklich richtig schön. Ich habe mich wohlgefühlt und hatte das Gefühl, ich verstehe, was von mir verlangt wird. Und dann war es auch schon vorbei und ich habe etwa zwei Wochen später den Anruf mit dem Angebot bekommen. Ich konnte es die ersten Wochen wirklich gar nicht glauben, weil ich immer wieder dachte, das kann doch nicht sein, das muss ich mir doch eingebildet haben.

Das entsprechende Drama von Shakespeare wurde im 16. Jahrhundert veröffentlicht. Warum besitzt dieser Stoff auch nach so vielen Jahrhunderten noch die notwendige Aktualität, um ihn in einem Musical umzusetzen und wie kann es gelingen, solch eine Geschichte für Jung und Alt mitreißend zu transportieren?

Sowohl die Liebe zwischen zwei Menschen, die sich nicht lieben dürfen, als auch Feindschaft und Hass zwischen unterschiedlichen Lagern, sind - glaube ich - Konflikte, die leider zeitlos sind. Und um ein Publikum von heute in eine Geschichte von damals mitzunehmen, ist es wichtig, zu suchen, was die Figuren, die vor Jahrhunderten geschrieben wurden, mit uns heute noch gemein haben und das sicht- und greifbar zu machen.

Im Januar werden die Proben für Berlins neues Musical beginnen. Wie wirst du die Zeit bis dahin verbringen? Wirst du dich mit Shakespeares Werk noch einmal intensiv auseinandersetzen oder was steht für dich persönlich bis zum Probenbeginn auf dem Plan?

Ja, ich werde viel lesen, anschauen, mir Gedanken machen und natürlich alle meine Texte auswendig lernen :-)


Sowohl mit „Goethe“ als auch mit „Romeo und Julia“ erhält der Zuschauer die Möglichkeit, für einen Theaterabend in eine andere Zeit abzutauchen. Wenn du selbst für einen Tag eine Zeitreise machen könntest, für welche Epoche / Zeitspanne würdest du dich entscheiden und gibt es auch eine historische Persönlichkeit, der du dann gerne einmal die ein oder andere Frage stellen würdest?

Boah, gute Frage! Ich glaube, ich würde gerne mal in die römische Antike reisen und einfach mit den Leuten auf der Straße quatschen.
Oder in die Urzeit und Dinos gucken. :-)

Was ist das Wertvollste, das dir die Arbeit auf der Bühne geschenkt hat?

Ein großes Stück Freiheit!

Hast du in beruflicher oder persönlicher Hinsicht ein Vorbild?

Ich glaube, ich habe jedes Audra McDonald Video, das es auf YouTube gibt, gesehen.

Was bedeutet der Begriff „Glück“ für dich persönlich?

Leben und leben lassen, Verbundenheit, über sich selbst bestimmen können und Sonne :-)


Schnellfragerunde:

- Lieblingslied aus „Himmel und Kölle“? - Oh, das ist eine schwierige Fra- „IN KÖÖÖLN WILL ICH LEBEEEN…“!

- Traumrolle? - "Natalie" in „Next To Normal“

- Motivation an anstrengenden Tagen? - Die habe ich oft selber nicht, aber durchatmen, aushalten und wissen, dass sich alles auch wieder verändert, hilft mir.

- Lieblingsbuch? - Ich lese viel weniger als ich gerne würde, aber „Der alte Mann und das Meer“ von Ernest Hemingway fand ich toll.

- Yasmina in drei Worten? - Ich mag Nudeln.


Ein herzliches Dankeschön für dieses wunderbare, unglaublich sympathische und sehr aufschlussreiche Interview, liebe Yasmina! Es war mir eine Freude, dich ein wenig über deinen Weg auf die Bühne, dein zukünftiges Engagement sowie die Privatperson Yasmina ausfragen zu dürfen. Alles Gute für deine weitere Reise durch die Theater dieser Welt und natürlich nur das Beste für deine Zeit bei "Romeo und Julia". Ich bin mir sicher, wir können es alle kaum erwarten, dich in dieser großen Rolle bestaunen zu dürfen.

Fotos: (c) Daniel Nartschick 


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