Antworten einer jungen Künstlerin vom 'Ort der Wunder' - Im Interview mit Bianca Basler

Bianca Basler studiert seit 2019 "Musikalisches Unterhaltungstheater" an der "Musik und Kunst Privatuniversität Wien" und konnte bereits vor sowie während ihrer Studienzeit vielfältige Erfahrungen auf der Bühne sammeln. So stand die gebürtige Saarländerin bereits in Produktionen, wie "Der kleine Horrorladen" und "Sweeney Todd" auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Im Jahr 2021 ging sie zudem als glückliche Gewinnerin aus dem Bundeswettbewerb für Gesang hervor, bei dem sie mit dem Sonderpreis des Bundes der deutschen Gesangspädagogen ausgezeichnet wurde. Dem österreichischen Publikum ist die junge Künstlerin spätestens seit dem vergangenen Jahr ein Begriff, denn trotz ihrer jungen Jahre wirkt sie aktuell bereits in dem Musical "Der Glöckner von Notre Dame" im Ronacher Theater mit und verzaubert dort allabendlich die Zuschauer als Swing und Cover "Florika". Bianca hat sich freundlicherweise die Zeit genommen, im Rahmen eines neuen Musicalmuffin-Interviews ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern und einige Fragen rund um ihr Studium, ihren Weg auf die Bühne und alles, was sonst noch zu einem kunterbunten Künstlerleben dazugehört, zu beantworten. Also, beenden wir die kurze Vorrede und geben das Wort an die super sympathische aufstrebende Darstellerin. Vorhang auf und Bühne frei für Bianca Basler...


Wann bist du das erste Mal mit Musicals in Kontakt gekommen und wann stand für dich fest, dass du selbst als Künstlerin auf der Bühne stehen möchtest?

Ich habe mich das erste Mal mit drei Jahren in ein Musical verliebt. Ich habe damals den
Musicalfilm "My fair Lady" mit Audrey Hepburn und Rex Harrison fast täglich geschaut und wollte unbedingt auch singen und Geschichten erzählen. Bei Familienfesten musste sich meine Verwandtschaft auch immer ganz besondere und selbst ausgedachte Choreografien und Theaterstücke anschauen. Das war also schon sehr früh klar für meine Eltern, dass ich Musical machen möchte. Während der Schulzeit war ich in Theaterprojekten aktiv. Nach dem Abi wollte ich dann aber erst einmal etwas „Handfestes“ lernen, habe dann allerdings während meiner
Logopädieausbildung schnell gemerkt, dass ich nicht ohne die Bühne kann. Da habe ich das erste Mal darüber nachgedacht, hauptberuflich Musicaldarstellerin zu werden.

Du absolvierst dein Studium im Bereich „Musikalisches Unterhaltungstheater“ seit einigen Jahren an der „Musik und Kunst Privatuniversität Wien“. Bitte gib uns doch einige Einblicke in deinen Alltag dort. Wie ist der Studiengang organisiert? Welche Schwerpunkte finden sich im Studiengang und wie läuft das Ganze formal ab?

Das Studium ist so bunt wie ein Musical an sich. Es gibt verschiedene Fächer, wie beispielsweise Gesang, Schauspiel, Ballett, Jazz Dance, Steppen, Musiktheorie, Bühnenkampf, Improvisation oder
Musicalgeschichte. Ab dem zweiten Semester gibt es dann auch Produktionen, das ist besonders spannend, weil man somit meist neben dem vollen Stundenplan noch Abendproben dazubekommt. Vor allem versucht man dabei, die einzelnen Dinge, die man erlernt hat, zu kombinieren und erhält Einblicke in den Prozess, einer kompletten Rolle Leben einzuhauchen. Momentan sind wir in der Endprobenphase von "Pippin", da proben wir dann ganztags im Muk-Theater.

Was empfindest du persönlich als größtes Geschenk und was als größte Herausforderung in diesem Studium?

Die größte Herausforderung ist wohl das erste Jahr, da man von früh morgens bis spät abends lernt, was man alles noch nicht kann. Dinge, wie Atmen, Laufen, Sprechen, werden einem neu beigebracht und man hinterfragt sich und sein ganzes Verhalten. Viele geraten irgendwann in eine kleine Krise, weil es körperlich, aber auch mental eine unfassbare Anstrengung darstellt, die man nicht unterschätzen sollte.
Was das größte Geschenk ist, kann ich leider pauschal nicht sagen, da ich viele kleine und große Momente immer in meinem Herzen tragen werde. Was aber besonders ist, ist die Verbindung zu meinem Jahrgang. An der Muk werden pro Jahr acht Leute aufgenommen und mit diesen Menschen verbringt man dann unheimlich viel Zeit. Es gibt zwar viele Ups und Downs, aber für mich ist mein Jahrgang wie eine Familie, die ich mir zwar nicht ausgesucht habe, aber die ich sehr liebe.


Seit Oktober vergangenen Jahres stehst du im Ronacher Theater in der Produktion „Der
Glöckner von Notre Dame“ auf der Bühne. Was ist es für ein Gefühl, bereits in so jungen Jahren in einer solch großen Show mitspielen zu können und wie kannst du dieses Engagement mit deinem Studium vereinbaren?

Momentan bin ich untertags in der Uni von 9/10 Uhr bis ca. 18 Uhr und danach gehe ich dann direkt ins Theater. Ich bin unfassbar dankbar, hier auf dieser Bühne stehen zu dürfen und das schon während meines Studiums. Es ist auch ein unglaubliches Gefühl, in diesem wunderschönen Haus mit so einer tollen Cast spielen zu dürfen. 

Du bereicherst die Produktion als Swing und Cover „Florika“. Was macht für dich den Reiz
dieser Show und insbesondere deiner Rolle aus?

Das Stück ist für mich sehr emotional und leider (obwohl es 1482 spielt) mit seiner
Flüchtlingsthematik sehr nah an der heutigen Zeit. Ich finde die Geschichte von Quasimodo sehr berührend und weine eigentlich jedes Mal, wenn ich auf der Bühne stehe, weil ich es so ergreifend finde.
Florika ist eine tolle Rolle, weil man am Ende nochmal ein kleines Gesangssolo hat, bei dem ich mich immer sehr zusammenreißen muss (bei jeder anderen Position ist das nämlich der Moment, in dem ich anfange, zu weinen). Sie ist eben eine starke Frau und eine liebende Mutter.

Das Musical hat eine sehr besondere Erzählweise und die gesamte Cast ist gefordert, die Handlung voranzutreiben. Wie erlebst du diese Erzählstruktur auf der Bühne und mit welchen Herausforderungen ist diese Art des Erzählens möglicherweise auch verbunden?

Die Herausforderungen gab es vor allem in der Anfangszeit der Probenphase, weil ganz schnell klar wurde, dass man einige Szenen komplett auswendig können musste - inklusive der Parts der anderen. Die Texte sind teilweise so verschachtelt unter den einzelnen Darstellern aufgeteilt, dass
man unbedingt wissen sollte, wie alles im Gesamten klingen muss. Mittlerweile ist es aber richtig toll, weil ich so die Show aus ganz verschiedenen Blickwinkeln erleben kann und jeder ein Teil des Ganzen ist.

Warum sollte man sich die Wiener Inszenierung von „Der Glöckner von Notre Dame“ auf keinen Fall entgehen lassen?

Es ist wirklich eine grandiose Cast! Das Stück ist generell zeitlos und einfach wunderschön, man muss es unbedingt gesehen haben!

Hast du in beruflicher oder persönlicher Hinsicht ein Vorbild?

Ich habe viele Vorbilder für die verschiedensten Dinge. Mein Bruder und meine Mama sind mir in persönlicher Hinsicht große Vorbilder, weil sie Sonne in diese Welt bringen und ich nichts erstrebenswerter finde, als ein bisschen Licht und Freude in die Welt zu tragen. Das hilft mir auch in beruflicher Hinsicht, da ich finde, dass alle Menschen auf der Bühne im Grunde auch nichts anderes machen, als Sonne zu verbreiten :-)

Ab dem 25. März wirst du als Walk-In-Cover in "Pippin" zu sehen sein, einer Produktion, die von Studentinnen und Studenten der "MUK" auf die Beine gestellt wurde. Wie hast du den Probenprozess für dieses Stück erlebt und welche Möglichkeiten bieten solche
Musicalproduktionen für euch Studierende mit Blick auf den weiteren beruflichen Weg?

Eine Uniproduktion ist unfassbar intensiv. Die Probenprozesse sind lang und vor allem läuft alles in einem geschützten Rahmen ab. Die Dozenten wollen natürlich, dass alle in ihrem besten Licht erscheinen. Außerdem ist es sehr besonders, mit den Menschen ein Stück zu entwickeln, mit denen man schon Jahre zusammen studiert. Für mich bringt es gerade als Walk-In-Cover viel Spaß, da ich hin und wieder im Probenprozess einspringen und dadurch viel in kürzester Zeit lernen muss. Mir bringt das eine große Sicherheit und ein Vertrauen in mich selbst, dass alles am Schluss funktionieren wird.

Welche Eigenschaften muss ein Darsteller mitbringen, um dich als Zuschauer fesseln zu
können?

Spaß und Liebe zum Beruf!

Was wünschst du dir von der deutschsprachigen Musicalszene der kommenden Jahre?

Noch mehr Diversität auf und hinter der Bühne.

Was bedeutet der Begriff „Glück“ für dich persönlich?

Mein persönliches Glück ist jeder Moment, der mich zum Lachen bringt.


Schnellfragerunde:

- Lieblingsdisneyfilm? - "Ratatouille"

- Traumrolle? - Elphaba

- Was darf für einen perfekten Start in den Tag keinesfalls fehlen? - Ein guter Kaffee

- Lieblingslied aus dem Musical "Der Glöckner von Notre Dame"? - "Feuer der Hölle"

- Bianca in drei Worten? - Emotional, laut, optimistisch

- Auf der Bühne zu stehen bedeutet für dich...
Adrenalin und Spielfreude


Vielen lieben Dank für dieses sympathische und herzliche Gespräch, liebe Bianca! Ich freue mich sehr, dass du uns diese unglaublich lesenswerten Antworten geschenkt und uns einige Einblicke in deinen Studien-/Berufsalltag gewährt hast! Ich wünsche dir für deinen weiteren Weg alles Gute, viele positive Erfahrungen, eine ordentliche Portion Kraft für alle damit verbundenen Herausforderungen und natürlich weiterhin eine unvergessliche Spielzeit im Ronacher!

Fotos: (c) Marco Sommer


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