Große Emotionen im Sherwood Forest - Mit Robin Hood kommt eine neue Zeit des Musiktheaters

Ein dunkler Wald, ein Knacken im Geäst, ein geheimnisvolles Rascheln...  Ein eisiger Wind pfeift mit einer einsamen Amsel um die Wette und der Duft von Abenteuer liegt in der kühlen Nachtluft. Im Sherwood Forest geht etwas Ungeheuerliches vor sich und wenn man ganz genau hinsieht, dann erkennt man zwischen den Stämmen der knorrigen Eichen, tief verborgen in der Dunkelheit, einen mysteriösen Schatten durch den Wald streifen. Ein Schatten, über den ganz England spricht und dessen Umrisse mit der Farbe des Heldentums gezeichnet sind. Doch ihr Reichen und Adeligen gebt gut Acht, denn besagter Schatten, die Hauptfigur eurer Alpträume, trägt den großen Namen: Robin Hood. Und er kämpft mit allen Mitteln - und das nicht nur in puncto Pfeil und Bogen, nein, auch und insbesondere auf künstlerischer Ebene. Zu seinen Waffen zählen mitreißende Songs, detailverliebte Figurenzeichnungen, atmosphärische Bühnenarrangements, faszinierende Handlungsstränge, große Emotionen und künstlerische Qualität. Das alles und viel mehr bietet die Erfolgsproduktion "Robin Hood", die - nach dem großen Erfolg im vergangenen Jahr - auch in diesem Sommer wieder im Schlosstheater Fulda zu erleben ist. 
In der Produktion heißt es: "Nichts verändert sich, wenn du es nicht versuchst. Es gibt so viel, was du bewegen kannst..." Diese Zeilen zieren nicht nur einen der schönsten Songs des Musicals, sondern verweisen auch zugleich auf die hinter der Inszenierung stehende Produktionsfirma. In jedem Jahr gelingt es "Spotlight Musicals" wieder aufs Neue mit herausragendem Musiktheater zu bewegen sowie die Musicallandschaft zu verändern, zu bereichern und sie mit einer geballten Ladung an künstlerischem Talent und einer ordentlichen Portion Herzblut in neue Dimensionen des Genres zu katapultieren. Der Musicalsommer in Fulda verspricht stets Inszenierungen der Superlative und macht den Traum unvergesslicher Theaterabende zur Wirklichkeit. Mit "Robin Hood" ist den Machern wieder einmal eine rundum beeindruckende Produktion gelungen, die ohne Frage Spuren in den musikalischen Herzen der Zuschauer hinterlässt. 


Bereits im vergangenen Jahr wurde dem Publikum eine eindrucksvolle Darbietung präsentiert, die voller künstlerischer Raffinesse in die Geschichte rund um Liebe, Heldentum und den Kampf um Freiheit entführte. Umso erstaunlicher, dass die Inszenierung sich in diesem Jahr noch einmal selbst übertrifft und fast noch runder wirkt als zuvor (- sofern überhaupt möglich ;-)). Schon 2022 gab es auf "Musicalmuffin" eine Rezension zu der Show zu lesen, doch nach meinem Besuch in diesem Jahr war schnell klar, dass es bei einer Rezension nicht bleiben kann und wird. Wer tiefere Einblicke in die Handlung erlangen möchte, kann sehr gerne einmal bei dem Bericht aus dem vergangenen Jahr vorbeischauen, denn dieser Punkt wird im Folgenden nur noch einmal kurz angerissen...

Die Spotlight-Produktion verarbeitet auf brillante Art und Weise die weltbekannte Legende um die Gallionsfigur "Robin Hood" und bedient sich dabei ganz eigenständigen Interpretationsansätzen. Erzählt wird eine bewegende Geschichte rund um den Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und für Menschlichkeit. Das Musical entführt den Besucher in das England des 12. und 13. Jahrhunderts und wirft das Licht auf eine Zeit des Kriegs und der Dunkelheit, in die Robin von Loxley sein strahlendes Licht trägt. Doch bis es soweit ist und der heranwachsende Mann, der einst als beeindruckende Heldenfigur gelten soll, sein Licht leuchten lassen und anderen damit den Weg weisen kann, warten zahlreiche Hindernisse und Kreuzungen auf Robin, an denen er sich fragen muss, wofür er einstehen will. Und sein größtes Hindernis ist manchmal auch jenes, welches zugleich am nächsten an seinem Herzen liegt: Er selbst!


Wieder einmal beweisen die Verantwortlichen ein geschicktes Händchen, wenn es um die Besetzung der einzelnen charakterstarken Figuren geht, die nach ebenso starken, versierten Darstellerinnen und Darstellern verlangen. Nachdem bereits im Vorjahr eine stimm- und spielfreudige Cast rundum glänzen konnte, ist es auch bei der Wiederaufnahme gelungen, eine fantastische künstlerische Truppe zusammenzustellen, die mit ihrer künstlerischen Qualität den Charakteren den letzten Schliff verpasst.

Sascha Kurth ist einer der drei Darsteller der Titelfigur und verkörpert mit einem unglaublichen Maß an Rollenverständnis, Fingerspitzengefühl und schauspielerischer Brillanz den Charakter des "Robin von Loxley", der sich im Rahmen der erzählten Handlung stark entwickeln und in seiner Vielschichtigkeit entfalten kann. Dem Darsteller ist es zu verdanken, dass das Publikum auf eine hoch authentische, menschliche Figur trifft, die in ihrer emotionalen Farbigkeit ein starkes Identifikationspotential bietet. Sascha legt solch ein Herzblut, eine Intensität und eine unbändige künstlerische Kraft in seine Darbietung, dass die Grenzen zwischen Schauspieler und Figur vollständig aufgebrochen werden. Das Publikum erlebt einen Darsteller, der für die dreistündige Dauer der Vorstellung vollkommen in seiner fordernden Rolle aufgeht und die Figur des Robin fühlt, lebt und atmet. Geschickt legt er dabei immer wieder das Innenleben des Charakters offen und transportiert die anfängliche Zerbrochenheit, die doch nie über das grundauf gute Herz des innerlich zerrissenen Mannes hinwegtäuschen kann. Der Theater-Besucher klebt an Saschas Lippen und wird von der kraftvollen Darbietung völlig in seinen Bann gezogen. Dies liegt nicht zuletzt in der gesanglichen Exzellenz begründet, die hier transparent wird. Vom ersten Song an vermag der Sänger mit seiner warmen, klangvollen Stimme zu begeistern, die eine eindrucksvolle Range umfasst, sodass es ihm mit scheinbarer Mühelosigkeit gelingt, jeden Ton treffsicher zu platzieren und dabei ausgefeilte Technik mit großen Gefühlen zu verbinden. Immer wieder trifft er dabei mit seiner kraftvollen Interpretation der Lieder mitten ins Herz des Zuschauers und beschert dem Publikum eine kollektive Gänsehaut. Eine Darbietung zum Niederknien und ein Künstler, der im Rahmen des Engagements bei "Robin Hood" einmal mehr beweist, was für ein Geschenk sein Wirken für die Musicalwelt doch darstellt.


In der Rolle der "Marian" begeisterte an diesem Abend Kristine Emde, die der Frau an Robins Seite mit sichtlicher Spielfreude und schauspielerischem Geschick Leben eingehaucht hat. Ihr gelingt es meisterhaft, eine starke, mutige Frauenfigur auf die Bühne zu bringen, die zugleich eine unglaubliche Warmherzigkeit ausstrahlt. Feinfühlig entwickelt die Darstellerin die Figur, lässt sie im Verlauf der Handlung immer weiter wachsen und verknüpft die zärtlichen, intimen Momente an der Seite ihres Geliebten mit Augenblicken, in denen Marians Kampfgeist und innere Kraft transparent werden. Bereits in ihren jungen Jahren gelingt Kristine eine rundum fabelhafte, natürlich anmutende Darbietung, die nicht nur ihr enormes künstlerisches Talent offenbart, sondern zugleich auf ihr ausgeprägtes Rollenverständnis verweist. Sie und Spielpartner Sascha harmonieren ausgezeichnet, sodass es dem Publikum nicht schwerfällt, sich in die Geschichte fallen und die Charaktere nah an ihr Herz herantreten zu lassen. Gespannt folgt der Zuschauer der sich anbahnenden Verbindung beider Protagonisten und lässt sich von dem Band einwickeln, welches zunächst zaghaft und später voller Leidenschaft und Hingabe geknüpft wird. Neben ihrem schauspielerischen Geschick bleibt selbstverständlich auch die große stimmliche Qualität Kristines nicht unbemerkt. Mit glockenheller, warmer Stimme verzaubert die Künstlerin durchweg und bringt die Songs mit ihrem wundervollen Sopran zum Strahlen. 


Robins anfänglicher Freund und späterer Gegenspieler "Guy von Gisbourne" wird brilliant von Thomas Hohler zum Leben erweckt, der mit seiner Präsentation und Interpretation der Figur für großes Aufsehen sorgt - im Positivsten aller Sinne. Der Künstler bringt eine atemberaubende spielerische sowie gesangliche Leistung auf die Bühne, die zurecht mit frenetischem Applaus belohnt wird, der angesichts einer solch versierten, kraftvollen Darbietung gar nicht enden will. Pointiert zeichnet Thomas die antagonistische Figur in all ihrer Rachsucht, ohne dabei eine einfache, flache Version des stereotypischen Bösewichts zu präsentieren. Nein, der Darsteller arbeitet in mühevoller, schauspielerischer Kleinstarbeit alle Farben des Charakters aus und lässt den Zuschauer tief in die Seele eines Mannes blicken, der das Gefühl hat, ständig im Schatten des selbstbewussten Robin zu stehen. Die Figur kämpft mit ihren Komplexen, versucht an Größe zu gewinnen, während sie sich doch selbst im Inneren ganz klein fühlt, und verläuft sich in der Sehnsucht nach Anerkennung und Ruhm. Gekonnt lässt der Schauspieler eine Figur lebendig werden, die sich in ihrem Wunsch nach Heldentum immer mehr in Gräueltaten verstrickt und bald schon nicht mehr zwischen wahrem Freund und Feind unterscheiden kann. Seine schauspielerische Exzellenz verwebt Thomas mit einer gesanglichen Leistung, die den Theaterbesuchern vor Staunen und Ungläubigkeit die Münder offenstehen lässt. Stimmgewaltig schmettert er den großen Song "Ich oder du" in herausragender Intonation in den Theatersaal und reichert seine atemberaubende gesangliche Präsentation mit so viel ehrlicher Wut, Verzweiflung und Verbitterung an, dass jeder Ton dem Zuschauer durch Mark und Bein fährt.

Weiterhin begeistert Philipp Hägeli in der Rolle des despotischen Herrschers "King John", die er mit einer beeindruckenden Präzision und Strahlkraft verkörpert. Der Darsteller wirft seine gesamte Körperlichkeit, sein stimmliches Volumen sowie seine spielerische Raffinesse in die Rolle und schleift aus dem Textmaterial eine erschreckend glaubwürdige Version der in ihrer Manie und Grausamkeit bedrohlich wirkenden Figur. Philipp strahlt eine unglaubliche Präsenz auf der Bühne aus und nimmt den Theatersaal in Windeseile mit seiner expressiven sowie stimmlichen Stärke ein. Eindrücklich mimt er den exzentrischen, skrupellosen König, der für seine Pläne im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht. Eine ausdrucksstarke Mimik komplettiert das eindrucksvolle Bild, das der Darsteller mit sichtlicher Spielfreude zeichnet. Die Figur lebt von einer beinahe schon kindlichen Naivität, die - gepaart mit einer diebischen Freude an der Demonstration der eigenen Macht - eine erschreckend glaubwürdige Version eines zynischen, gewaltbereiten und sadistischen Herrschers speist. Philipp gelingt es fabelhaft, all diese Facetten des Charakters offenzulegen und den Scheinwerfer, je nach Szene, mit kleinen, sehr effektvollen künstlerischen Schachzügen auf unterschiedliche Details auszurichten. 


Thorsten Tinney beeindruckt gleich in doppelter Hinsicht, füllt er doch sowohl die Rolle des herrischen "Earl von Huntington" als auch die des gerissenen Wilddiebs "John Little" meisterhaft aus. Beiden Figuren verleiht er eine besondere Körperlichkeit sowie Präsenz und strahlt in seinem Wirken auf der Bühne eine unglaubliche Ruhe und Selbstsicherheit aus, die der Figurenzeichnung zugutekommt. Wie ein Magnet zieht der Künstler mit seiner ausdrucksstarken Verkörperung die Blicke des Publikums auf sich. Doch als besonders prägnant stellt sich hierbei vor allem die stimmliche Leistung des Sängers heraus. Im vergangenen Jahr wurde die Rolle noch von Fuldaers Publikumsliebling Reinhard Brussmann dargestellt, sodass Thorsten in riesige Fußstapfen tritt, die er jedoch mit seiner stimmstarken, eindringlichen Präsentation herausragend auszufüllen weiß. Mit seinem warmen, klangvollen Bariton gelingt es ihm ausgezeichnet, den stimmlichen Anforderungen der Rolle gerecht zu werden und den Saal mit großen Tönen zu erfüllen. Gänsehaut ist bei dieser außergewöhnlichen Stimmgewalt vorprogrammiert!

Kira Primke verkörpert die Rolle der "Äbtissin von Kirklees" mit stimmlicher und schauspielerischer Sicherheit. Wirkt die Figur doch anfänglich noch etwas blass, gewinnt sie dank der Darstellerin, die ihr eine starke Persönlichkeit und einen ganz eigenen Habitus verleiht, immer mehr an Farbe und Transparenz. Geschickt hält sie dabei über weite Strecken eine gewisse Distanziertheit der Figur aufrecht und streut geschickt kleine Momente ein, die den Zuschauer einen Blick in das Seelenleben der anfänglich unnahbar wirkenden Figur erhaschen lassen. Spielerisch schafft Kira somit einen guten Spagat zwischen Innenleben und Fassade des Charakters, der mit Fortlauf der Handlung immer mehr zu bröckeln beginnt.


In der Rolle des "Will Scarlett" überzeugt Darsteller Dennis Henschel mit einer gelungenen Darbietung, die ein authentisches Schauspiel sowie eine fantastische stimmliche Dimension inkludiert. Mit viel Fingerspitzengefühl arbeitet der Künstler dabei den Charakter des Geächteten aus, der sich nach seinem Ausstoß aus der bürgerlichen Gesellschaft den Wilddieben anschließt, und schöpft dabei das gesamte Potential der Rolle aus. Ist man zunächst noch geneigt zu denken, dass die Figur lediglich als Randerscheinung auftritt, muss man doch schnell feststellen, dass Dennis mit seinem spielerischen Enthusiasmus und seiner künstlerischen Qualität zu einem tragenden Akteur der Show wird. Überzeugend durchlebt der Darsteller auf der Bühne die Wandlung vom verzweifelten Kriegsheimkehrer, der sich zurück in der Heimat einer tragischen Realität stellen muss, hin zu einer wagemutigen Kämpfernatur, die an der Seite von neuen Freunden Kraft schöpft und innerlich aufblüht. Mit viel Charisma verkörpert Dennis eine sympathische Fassung des jungen Mannes, im Rahmen derer er der Figur Raum gibt, sich charakterlich zu entwickeln. Unterstrichen wird seine schauspielerische Darbietung von einer sicheren und eindrucksvollen Stimmführung. Der Künstler vermag es, mit seiner warmen, umschmeichelnden Stimme der Figur den letzten Schliff zu geben und somit auf allen Ebenen zu glänzen. 

Einer der mehr oder minder heimlichen Stars an diesem Abend war sicherlich André Haedicke in der Rolle des verschlagenen "Bruder Tuck", der durch seine quirlige Art und seinen gutmütigen Charakter zu bestechen weiß. Mit ihren humoristischen Zügen bringt die Figur ordentlich Schwung und Sonnenschein in die Show und bildet somit das perfekte Gegengewicht zu den sonst doch oftmals dramatischen Szenen in düsterer Atmosphäre. Es macht eine unglaubliche Freude, dem Darsteller bei seinem Schaffen auf der Bühne zuzusehen und seine positive Ausstrahlung sowie spielerische Freude auf sich wirken zu lassen. Raffiniert setzt der Künstler die richtigen Pointen, um die Situationskomik der Rolle vollumfänglich ausspielen zu können. Charmant präsentiert André den kessen, liebenswürdigen Mönch voller Wortwitz und bringt eine ganz eigene Dynamik in das Zusammenspiel der äußerst differenten Charaktere.


Wer schon einmal eine Produktion im Schlosstheater besucht hat, der weiß, dass Spotlight jedes Jahr an figurenzentrierten Geschichten feilt, die einerseits eine starke Besetzung der Hauptrollen fordern und anderseits nach einer nicht minder qualifizierten Besetzung der Ensemblepositionen verlangen. Auch bei "Robin Hood" steht wieder einmal eine stimmstarke, homogene Cast auf der Bühne, die - trotz aller Harmonie und Homogenität - von ganz unterschiedlichen Künstlertypen geprägt ist und somit dem Anspruch einer facettenreichen Riege an Bürgern, Adeligen, Kriegern und Wilddieben gerecht wird. Besonders sticht hierbei beispielsweise Thomas Christ in der Rolle des "Sheriff de Lacy" heraus, der seinen Part in der Show mit einer phänomenalen Sprech- und Singstimme zu unterfüttern vermag. 
Leidenschaftlich entführt das gesamte Ensemble den Theaterbesucher in das England vergangener Zeiten und deckt dabei die drei klassischen Dimensionen des Musiktheaters hervorragend ab. Mit schauspielerischer Präsenz führt die talentierte Truppe durch die Geschichte, lässt in den Ensemblenummer ein starkes stimmliches Volumen erklingen und meistert die ausdrucksstarken Choreografien von Kim Duddy mit Bravour. 

Die anspruchsvolle Gestaltung der gesamten Produktion fordert jeden einzelnen Darsteller in seiner ganzen künstlerischen Kraft und gibt ihm zugleich doch auch die Möglichkeit, sich im Rahmen einer komplexen Inszenierung vielschichtig zu präsentieren. Das Musical besticht - abseits der grandiosen Besetzung, die die Bandbreite an Charakteren nuanciert ausarbeitet - insbesondere durch die musikalische Variabilität, welche in der Show verwoben werden konnte. Die Songs reichen vom großen Liebesduett bis hin zu schwungvollen Tanznummern, die die irischen Wurzeln des weltbekannten Komponisten Chris de Burgh aufblitzen lassen. Natürlich darf auch ein bereits vor Entstehen der Show immer wieder gespielter und geliebter Song aus dem Repertoire der Musiklegende nicht fehlen, der hier im Gewand des Titels "Freiheit für Nottingham" zu einer kleinen Hymne des Musicals wird. Die musikalische Linie von "Robin Hood" ist eingängig, sodass jeder Besucher den Saal sicherlich mit dem ein oder anderen hartnäckigen Ohrwurm verlassen kann. Untermalt wird die musikalische Präsentation von den für die Spotlight-Produktionen charakteristischen eindrücklichen Choreografien, die von einer enormen Ausrucksstärke geprägt sind. An der ein oder anderen Stelle hätte es die tänzerische Umrahmung der Szenen zwar gar nicht zwingend gebraucht, da die Handlungen und Dialoge der Figuren im Vordergrund für sich sprechen und die jeweilige Atmosphäre hervorragend transportieren können, dennoch wirkt die choreografische Linie, die eine hoch individuelle Handschrift trägt, in sich stimmig.


Mit Blick auf die Spielzeit des vergangenen Musicalsommers können in diesem Jahr einige inszenatorische bzw. dramaturgische Änderungen verzeichnet werden, die sich in der Kürzung kleiner Passagen sowie der visuellen Gestaltung der Kulisse niederschlagen. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um Feinheiten, die die diesjährige Fassung abrunden. Das Bühnenbild besteht in erster Linie aus einigen spanischen Wänden, die sich in ihrer Anordnung verändern lassen, sodass mit recht simplen Mitteln immer wieder Ortsverschiebungen deutlich gemacht werden können. Gepaart mit wirkungsvollen Projektionen werden plastische Bilder heraufbeschworen, die der Inszenierung auf atmosphärischer Ebene wahnsinnig zugutekommen. 

Führt man all diese gelungenen Dimensionen zusammen, so dürfte es wohl kaum erstaunen, dass auf der Bühne des Fuldaer Schlosstheaters allabendlich eine eindruckvolle Produktion erblüht, deren Wurzeln kreative Köpfe sowie hochwertiges künstlerisches Handwerk sind und die in den schönsten Farben leuchtende Blüten eines Musiktheaters auf höchstem Niveau trägt. Das Stück vermag es, das Publikum nachhaltig zu bewegen und die Zuschauer gekonnt in ein fiktives Netz aus Niedertracht, Hinterhalt und den Kampf um Gut und Böse zu verstricken. Mit "Robin Hood" kommt eine neue Zeit des Musiktheaters, die durch eine mitreißende, unglaublich atmosphärische und emotionsgeladene Darbietung eingeleitet wird, welche dem Zuschauer in der einen Sekunde Lachtränen in die Augen treibt und ihm in nächster Sekunde das Blut in den Adern gefrieren lässt. 
Die Produktion lädt zu einer prägenden Reise ein, auf der einem sehr menschliche Figuren mit persönlichen Stärken und Schwächen begegnen, die das Bild eines stereotypen, allwissenden Helden aufbrechen. Vielmehr schärft das Musical den Blick des Publikums für die kleinen Taten, in denen manchmal doch das größte Heldentum stecken kann. Für einen Freund einzustehen, seinen inneren Schweinehund zu besiegen oder auch gegen die eigenen, tief vergrabenen Ängste anzukämpfen - dies alles können Zeichen eines Helden sein, dessen Wagemut in seiner Menschlichkeit wurzelt. Im Schlosstheater Fulda trifft der Zuschauer in diesem Jahr auf eben solche Charaktere, die manchmal gar nicht wissen, wie viel Stärke sie eigentlich in sich tragen, und begleitet die bunte Riege rund um "Robin von Loxley" bei ihrem abenteuerlichen Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und nicht zuletzt auch bei ihrem Kampf für die kleinen und großen Helden dieser Welt!

Fotos: (c) Spotlight Musicals & Michael Werthmüller / Christian Tech 



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