Hinterm Horizont geht´s weiter...

Hinterm Horizont geht´s weiter, ein neuer Tag, hinterm Horizont immer weiter...
Ich könnte dieses Lied von morgens bis abends singen, seit ich das Lindenberg-Musical in Berlin gesehen habe. Seitdem werde ich den Ohrwurm nicht mehr los.

Zunächst einmal muss ich betonen, dass ich normalerweise überhaupt kein Fan von Udo Lindenberg und den meisten seiner Lieder bin. Natürlich gibt es Ausnahmen, die auch ich nicht wegdrücke, wenn ich sie im Radio höre, aber grundsätzlich begeistert mich diese Musikrichtung nicht, deshalb wollte ich auch lange Zeit das Musical "Hinterm Horizont" nicht anschauen. Allerdings wollten meine Eltern das Stück unbedingt sehen, bevor es Berlin verlässt und so habe auch ich mich entschlossen, der Vorstellung eine Chance zu geben und es einfach einmal auszuprobieren.
Am 27. Mai war es dann soweit. Ein Besuch bei "Hinterm Horizont" stand auf dem Programm.
Für alle, die noch nie im Theater am Potsdamer Platz waren, kann ich nur sagen, das Theater ist eins der schönsten Musicaltheater, die ich je besucht habe. Bereits von außen fand ich das Gebäude recht beeindruckend und auch sehr schön gelegen, doch von innen hat es mich noch viel mehr begeistert. Das Theater ist sehr groß und vor allem auch gemütlich eingerichtet. Die Dekoration wurde genau auf das Thema des Musicals abgestimmt, sodass beispielsweise an allen Wänden Bilder von Udo Lindenberg zu finden waren.

            

Wir hatten im ersten Rang in der vordersten Reihe die Plätze ganz rechts außen. Man hatte von dort eine wirklich sehr gute Sicht auf die Bühne und das ganze Geschehen. Was ich auch als sehr positiv empfand, waren die Tafeln neben der Bühne, auf welchen die Handlung für ausländische Gäste auch auf Englisch erzählt wurde. Meiner Meinung nach ist das eine ziemlich sinnvolle Idee, um auch nicht deutschsprachigen Gästen die Geschichte von dem Mädchen aus Ostberlin näher zu bringen. 

Nachdem sich der Zuschauerraum nach und nach gut gefüllt hatte, konnte es dann auch losgehen. Das Licht ging aus und es wurde nur noch ein wenig geflüstert, während leise die Musik einsetzte. Auf der Bühne liefen grausame bzw. sehr ergreifende Bilder von Fluchtversuchen aus der DDR ab und das Lied "Mädchen aus Ostberlin" begann. Ich fand das Lied wirklich wunderschön und war von den Bildern so berührt, dass ich bereits nach zwei Minuten Tränen in den Augen hatte. 
Nach einiger Zeit verschwanden die Bilder und ein riesiger Hut kam zum Vorschein inklusive Serkan Kaya, perdon ich meine natürlich Udo Lindenberg.
Ja, so begann das Musical "Hinterm Horizont". 
Weiter ging es dann mit der jungen Frau Jessy, die sich an frühere Zeiten zurückerinnert. 
Tja, und plötzlich landet der Zuschauer in Deutschland zur Zeit der Teilung des Landes durch eine Mauer und begleitet Udo Lindenberg und seine heimliche Liebe Jessy aus Ostberin durch schwere Zeiten.

Grob gesagt, handelt das Stück von dem Musiker Udo Lindenberg, der einen Auftritt im Palast der Republik vor den hohen Politikern hat. Das junge Mädchen Jessy ist ebenfalls mit dem FDJ-Chor im Palast und so lernen sich der Rocksänger und das Mädchen schnell kennen und verlieben sich ineinander. Doch dieser Beziehung steht ein Hindernis im Weg, nämlich die Mauer. Udo muss kurze Zeit nach seinem Konzert wieder zurück in den Westen, während Jessy im Osten gefangen ist. Die Beiden können sich lange Zeit weder sehen noch sich  schreiben. Unterdessen hat die Stasi es auf den Sänger abgesehen, der sich ihrer Meinung nach aufsässig und feindlich verhält. Um Udo Lindenberg kontrollieren zu können, zwingen sie seine Geliebte ihn auszuspionieren. Jessy hat keine Wahl und muss unterzeichnen, während ihr Bruder Elmar zum Republikflüchtling wird. Die Lage wird immer verzwickter, besonders als Jessy nach einem zweiten Treffen mit Udo auch noch schwanger wird. Doch Jessy weiß, sie will das Kind und sie will Udo als ihren Geliebten. Sie will ihn auf keinen Fall ausspionieren. Doch die Stasi hat bereits einen neuen und vor allem fiesen Plan. Sie erzählen dem Rockmusiker, dass Jessy nur ein Werkzeug war, um Informationen über ihn zu erhalten. Udo ist schwer enttäuscht von seiner großen Liebe und so geht das Paar im Streit auseinander, doch Jahre später kommt es zwischen Udo, Jessy und Sohn Steve zu einem großen Wiedersehen... 

So, und nun zu den einzelnen Hauptdarstellern: 

Serkan Kaya hat den großen Künstler Udo Lindenberg gespielt, obwohl - eigentlich ist "gespielt" der falsche Ausdruck. Er hat ihn nämlich gelebt und das hat der Rolle etwas ganz Besonderes verliehen.
Dass Serkans Gesang wirklich der Wahnsinn war, brauche ich vermutlich kaum mehr zu erwähnen, denn alle, die ihn kennen, wissen, welch großartiger Künstler er ist. Er verkörpert den Udo so authentisch, dass man nach dem Stück wirklich auf einer Reise mit dem berühmten Rockmusiker war. Serkan ist für mich in jedem Fall einer der besten Musicaldarsteller, die es gibt. Ich hatte mich schon vor der Vorstellung total auf ihn gefreut und hatte sehr hohe Erwarungen an ihn und ich wurde keineswegs enttäuscht. Im Gegenteil, meine Erwarungen wurden bei weitem übertroffen. Ein Riesenkompliment an diesen fantastischen Künstler. 
 
Doch nicht nur der männliche Hauptdarsteller hat voll und ganz überzeugt, auch Lisa-Marie Selke hat als Jessy das gesamte Publikum mitgerissen. Auch sie hat eine wirklich wundervolle Stimme und hat die Rolle sehr authentisch verkörpert. Besonders ihre Emotionen kamen bei mir sehr gut an, sodass man in jeder Situation mit ihr mitgefühlt hat. Sie hat mich wirklich in ihre Welt in Ostberlin eintauchen lassen. Ich muss ja gestehen, dass ich vor der Aufführung sehr gehofft hatte, dass Josephin die Jessy spielt, da sie einfach eine grandiose Stimme hat, aber die Sängerin war leider mit dem echten Udo Lindenberg auf Tournee und so hatte ich die Möglichkeit Lisa zu sehen, die mehr als eine wirklich würdige Vertretung ist. Sie interpretiert die Rolle einfach genial und berührt einen mit ihrer fantastischen Stimme. Deshalb auch an diese talentierte junge Frau ein ganz großes Dankeschön für den schönen Abend.

Lisa hat natürlich nicht die gesamte Zeit die Jessy verkörpert, denn es gab noch eine weitere Jessy, die die Szenen in der Gegenwart gespielt hat und diese Frau war Nadja Petri. Ebenfalls eine ganz tolle Künstlerin. Sie hatte für mich eine recht schwierige Aufgabe, da sie zwar auch die Jessy dargestellt hat, diese sich aber im Laufe der Jahre entwickelt und verändert hat. So mussste sowohl etwas von der alten Jessy, als auch von der neuen Jessy zu sehen sein und dies darzustellen ist keine leichte Aufgabe. Doch Nadja hat dies wunderbar gelöst und auch viel Leidenschaft in ihre Rolle gesteckt. Ganz toll!

Die Familie von Jessy wurde gespielt von  Marcus Schinkel (Bruder Elmar), Thomas Schumann (Vater) und Anja Pahl (Mutter). Die drei Darsteller waren alle sehr auffällig durch ihr großes Schauspieltalent. Vor allem Thomas Schumann als Vater hat mich mit seinem Schauspiel immer wieder zum Lachen gebracht. Die drei haben auch insgesamt als Familie sehr gut harmoniert und haben ihren Part gut ausgefüllt.

Für mich persönlich gab es noch eine Rolle, die zwar nicht so groß war, wie die bisher genannten, die aber herausragend gespielt wurde. Die Rede ist von der Reporterin Mareike, die von der Schauspielerin Mareike Zwahr verkörpert wurde. Sie stand nur zu Anfang und am Ende des Stücks auf der Bühne, aber hat meiner Meinung nach einen fanastischen Job gemacht. Sie hat auch durch ihr großartiges Schaupiel die Rolle der Mareike wirklich authentisch verkörpert. Es war ein Genuss, ihr zusehen zu dürfen.

Kommen wir nun zu den drei wichtigsten Stasi-Beamten, namens Stasi Krause gespielt von Oliver Trautwein, Stasi Patschinsky verkörpert von Alexander Weichbrodt und der Minister gespielt von Dirk Schoedon. Die drei Rollen werden in dem Stück wirklich dämlich dargestellt und genauso werden sie auch von den drei Darstellern interpretiert. Diese drei Herren bringen den nötigen Kontrast zu dem eigentlich sehr ergreifenden und traurigen Musical. Die Szenen, in welchen diese drei auftauchen, sind wirklich zum Lachen. Oliver, Alexander und Dirk spielen die Rollen exzellent und bringen Schwung in die Geschichte.

Eine weitere Hauptperson ist Jessys Sohn Steve, der von einem fantastischen Sänger namens Johannes Huth verkörpert wurde. Natürlich war auch sein Schauspiel wunderbar, aber er hatte vor allem ein wirklich auffälliges Gesangstalent. Die Lieder, die er zum Schluss mit Serkan zusammen gesungen hat, waren der Wahnsinn. Ein grandioser junger Künstler.

Selbstverständlich gibt es noch einige weitere Darsteller, die in diesem großartigen Stück mitwirken und mir so einen wunderbaren Abend beschert haben. Dafür danke ich dem gesamten Ensemble ganz herzlich, allerdings kann ich natürlich nicht jeden einzelnen Darsteller hier vorstellen, deshalb werde ich nur noch einen Mann hier namentlich erwähnen und zwar Richard Rabeus. Er hat Marco, den Freund von Jessy, verkörpert. Auch er hat die Rolle wirklich souverän gespielt und hat mit seinem Schauspiel überzeugt. Deshalb auch ein großes Lob an Richard.

Nun möchte ich noch einmal kurz auf meine Eindrücke des Abends insgesamt eingehen. Das Musical ist sowohl sehr emotional, als auch wirklich
lustig. Ich glaube, genau diese tolle Mischung ist dafür verantwortlich, dass das Stück so ein Riesenerfolg und so besonders ist. 
Ich persönlich werde diese fantastische Inszenierung auf jeden Fall noch einmal in Berlin besuchen, bevor es dann für das Lindenberg-Musical heißt: Hinterm Horizont geht es in Hamburg weiter.

Übrigens weiß ich seit meinem Besuch im Musical nun auch, dass das Stück sowohl für Udo-Fans als auch für Leute, die die Musik von diesem Sänger nicht unglaublich gerne hören, sehr zu empfehlen ist. Manchmal muss man einfach einmal etwas ausprobieren, um tolle Erfahrungen machen zu können :-))




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Große Emotionen im Sherwood Forest - Mit Robin Hood kommt eine neue Zeit des Musiktheaters

Wenn die Sehnsucht tanzen geht - Schaurig-schöne Ästhetik und düstere Fulminanz in Hamburgs Gruft

Theater kann die Welt verändern - "Der Club der toten Dichter", ein eindringliches Meisterwerk, das die Sprache des Herzens spricht