Die Ansichten eines Blutsaugers, der gerade nicht zubeißt

Heute stelle ich euch einen sehr sympathischen und vor allem talentierten Darsteller vor. Die Rede ist von Torsten Ankert.
Der Sänger schloss 2004 seine Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig ab und begann kurz darauf eine beeindruckende Karriere. Torsten spielte in vielen großen und bedeutenden Musicalproduktionen mit.
Beispielsweise stand er schon als Colloredo in "Mozart" auf der Bühne, war Puppeteer von Joey, Topthorn und der Gans in dem Stück "Gefährten" und gab den Bill Calhoun in „Kiss Me, Kate!“ In der Aufführung "Carmen" wirkte er als Morales mit und im Musical "Anatevka" war Torsten als Perchik zu sehen.
Außerdem stand der Musiker bereits als Walter de Courcey in "Chess" und Jamie in "My Fair Lady" auf der Bühne.
Zur Zeit ist er im Gesangsensemble und als Cover für die Rollen des Grafen von Krolock und Chagal in "Tanz der Vampire" im Einsatz.
Zudem gab er sowohl in Leipzig als auch am Musicalstudio Dresden Unterricht in den Fächern Gesang und Szenische Arbeit.

Ich hatte das große Glück, mit diesem fantastischen Vampir ein interessantes Interview führen zu dürfen...

Torsten, du hast schon viele bedeutende Musicalrollen gespielt. Welche davon hat für dich bisher die größte Herausforderung dargestellt?
Da ist ja schon die erste Frage schwierig zu beantworten…
Rückblickend kann ich sagen, dass mich tatsächlich jede Rolle, die ich spielen durfte, egal ob groß oder klein, herausgefordert und vor allem geprägt hat.

Ein paar Beispiele: Eine meiner ersten Rollen war der Nestor in „Irma La Douce“. Diese Rolle hat mich schauspielerisch sehr gefordert, da ich in zwei verschiedene Charaktere schlüpfen durfte und lernen konnte, wie verschieden man Pointen setzen kann, um Reaktionen beim Publikum hervorzurufen. Heute, fast 15 Jahre später, würde ich es wahrscheinlich völlig anders spielen.

Jakob Krakel in „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ forderte mich stimmlich heraus, weil ich anderthalb Stunden als Rabe auf der Bühne nur gekrächzt habe.

Als Cornelius Hackl in „Hello, Dolly!“ und als Bill Calhoun in „Kiss Me, Kate!“ durfte ich sehr viel tanzen und in großen Ensemblenummern sogar in der ersten Reihe stehen. Wenn man sonst nur als Sänger und Schauspieler auf der Bühne steht, kann das auch eine große Herausforderung sein.

Mit dem Colloredo in „Mozart!“ konnte ich entdecken, in welches Fach es mich nach den „jugendlichen Liebhabern“ mal ziehen wird. Vor dieser Rolle hatte ich riesigen Respekt und vor jeder einzelnen Szene wahnsinniges Lampenfieber.

Nun ja… und dann gibt es da jetzt eine Rolle, die sich Graf von Krolock nennt. Eine Rolle, die mir schon im Studium prophezeit wurde, von der ich mich aber längst verabschiedet hatte. Und nun darf ich ihn doch spielen. Neben der gesanglichen und schauspielerischen Herausforderung kommt hier noch der Kult hinzu, der um das Stück und die Rolle entstanden ist und den man absolut ausblenden muss, spätestens, wenn die dunkle Stimme davor warnt, dass Vampire äußerst allergisch usw. ;-)

Welches Lied aus „Tanz der Vampire“ singst du am liebsten?
Ich liebe das Finale. Das hat eine wahnsinnige Energie, die man als Belohnung mit nach Hause nehmen kann.
Als Chagal mag ich das Gruft-Duett mit Magda.
Als Krolock kann ich mich in der „Unstillbaren Gier“ natürlich ordentlich ausleben. Dieses Lied begleitet mich schon seit meinem Studium. Aber auch das Finale des ersten Aktes oder das Liebesduett mit Sarah machen sehr viel Spaß.

Wie gefällt dir deine momentane Heimat Berlin?
Ich bin in Berlin aufgewachsen, kenne es also ganz gut und freue mich immer, wenn ich mal wieder in der Hauptstadt arbeiten darf. Zum Leben ist es mir aber zu voll, zu laut und zu anonym. Ich mag es eher etwas ruhiger und übersichtlicher. Womit ich natürlich nicht sagen möchte, dass Berlin keine ruhigen und schönen Fleckchen hat!

Was ist für dich das Besondere an der Rolle des Grafen von Krolock?
Die Musik und die Texte sind so geschrieben, dass man sehr viele emotionale Wirkungen erzielen kann. Da gibt es die weichen Töne, mit denen man verführt, die harten Töne, mit denen man Macht aufzeigen kann, die ruhigen, manchmal auch verzweifelten Töne, die einen Blick in die Seele des Grafen erlauben, und und und… Die Texte helfen fast in jedem Moment, die Sprache zum Lautmalen zu nutzen, um die Emotion noch weiter voranzutreiben.

Wie würdest du dich selbst in drei Worten beschreiben? 
Ruhig, beobachtend und ungeduldig.

Besuchst du in deiner Freizeit selbst noch Musicals, und welches Stück siehst du dir am liebsten an?  Ich gehe gern ins Theater, leider fehlt die Zeit, da man meist selbst zu den typischen Theaterzeiten auf der Bühne steht.  Es gibt kein Lieblingsstück. Mein letzter Theaterbesuch war „Dracula“ an der "Musikalischen Komödie Leipzig". Das kann ich sehr empfehlen.  Ich mag Stücke, die es schaffen, mich vergessen zu lassen, dass ich in einem Theater sitze. Das können große Shows sein, aber eben auch Boulevardstücke an kleinen Häusern, wie z.B. dem "Fritz Bremen", in dem ich vor den Vampiren spielen durfte.

Wie kannst du dich selbst motivieren, auf der Bühne zu stehen, wenn es dir einmal nicht so gut geht?
Die Frage stellt sich nicht wirklich. Spätestens, wenn ich den ersten Fuß auf die Bühne setze und das Adrenalin anfängt zu arbeiten, bin ich 100% da. Da ist einfach gar keine Möglichkeit darüber nachzudenken, dass es einem nicht gut geht. Eher ist man noch konzentrierter.

In welchem Stück möchtest du gerne einmal spielen, und hast du schon Pläne für die Zukunft?
Es hat ein bisschen gedauert, aber mittlerweile habe ich verstanden, dass es gar nichts nützt, für die Zukunft zu planen. So wie es kommt, wird es gut sein. Das war bis jetzt immer so. Darauf verlasse ich mich auch in Zukunft. Zu den Rollen, die ich gern spielen würde, zählen unter anderem der Higgins in „My Fair Lady“, der Leopold in „Im weißen Rössl“, der Petruchio in „Kiss Me, Kate!“ und Valjean oder Javert in „Les Misérables“.

Vielen Dank für dieses schöne und vor allem aufschlussreiche Interview, lieber Torsten!
Weiterhin viel Glück und Spielfreude auf der Bühne, damit dich deine Fans noch lange bewundern können.   

Foto: Irina Alex 

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