"All the show that Stuttgart needs" - Bodyguard zu Gast im Palladium

Ein bedrohter Popstar, dem nach dem Leben getrachtet wird, ein distanzierter und zugleich unglaublich pflichtbewusster Bodyguard, der für seine Klienten sein Leben geben würde, eine eifersüchtige Schwester und ein liebeskranker Stalker...
Wer kennt nicht den weltbekannten und überaus erfolgreichen Film "Bodyguard", der nicht zuletzt durch seine wunderbaren Schauspieler Whitney Houston und Kevin Costner zu dem Klassiker geworden ist, den wir heute kennen. Sage und schreibe sechs Millionen Zuschauer hat der Film damals in die Kinosäle gelockt.
Doch nicht nur dieser Filmhit lieferte eine Erfolgsgeschichte, auch das darauf basierende Musical, welches 2015 in Köln seine deutschsprachige Premiere feierte, ist ein Meilenstein in der Geschichte des Musicals und fesselte drei Jahre lang die Zuschauer im Musicaldome Köln.
Nun ist die Produktion in das Palladium Theater Stuttgart umgezogen und feierte dort am 28. September  2017 Premiere.
Nach vier Besuchen in Köln durfte ich mir am Sonntag, den 1. Oktober 2017, die Show auch im Ländle ansehen.

(c) Stage Entertainment 

Im Vergleich zu der Kölner Inszenierung findet man in der aktuellen Show lediglich kleine Änderungen. Insgesamt musste das Stück natürlich auf die Bühne und die dortigen Gegebenheiten des Palladium Theaters abstimmt werden. So wurden neben vereinzelten Textpassagen auch einige Choreografien leicht verändert und neue Lichteffekte hinzugefügt. Das Bühnenbild lebt vor allem von der Pyrotechnik, den Produkten der Nebelmaschinen sowie den Licht- und Sound-Effekten. Die bedeutendste Änderung für Musicalfans ist aber wohl der Castwechsel, den die neue Spielzeit mit sich bringt.

Jessica Mears stand an diesem Nachmittag des 1. Oktobers als große Diva "Rachel Marron" auf der Bühne und überzeugte mit einem authentischen und lebendigen Schauspiel. Sie legte in jede einzelne Szene möglichst viele Emotionen, so dass man sich als Zuschauer sofort in das Geschehen miteingebunden fühlte. Auch ihre kleinen Versprecher und Unsicherheiten taten der großartigen Leistung keinen Abbruch, sondern ließen die Darstellung der Figur nur noch ehrlicher und realer wirken.
Gesanglich konnte die Darstellerin vor allem in den kräftigen Passagen mit ihrer souligen Stimme begeistern und für Gänsehaut pur sorgen. Vollkommen verdient erhielt Jessica bereits während ihrer Liebeshymne "I will always love", die sie merklich aus tiefer Seele präsentierte, tosenden Applaus.

Ihr Bodyguard wurde von Jadran Malkovich verkörpert, der dem Publikum bereits bestens aus der Kölner Spielzeit bekannt ist. Eindrucksvoll bewies der Schauspieler, warum er es absolut verdient hat, als neue Erstbesetzung in der Rolle des Bodyguards auf der Bühne zu stehen. Er hat ein besonderes Talent, die einzelnen Charakterzüge des Frank Farmer sehr sorgfältig auszuarbeiten. Von der klaren Distanzierung und Abschottung bis hin zu großen und warmherzigen Gefühlen holte Jadran wirklich alles aus dieser Rolle heraus. Mit seiner sympathischen Art und - nicht zu vergessen - der wunderbaren Gesangskostprobe des Titels "I will always love you", knackte er den Code zu den Herzen aller Zuschauer.

(c) Musical1

Zodwa Selele ist die neue Erstbesetzung für die Rolle der "Nicki Marron", die im Schatten ihrer berühmten und erfolgreichen Schwester steht. Zodwa schaffte es, die Seiten der liebevollen Tante für ihren Neffen Fletcher, der leidenschaftlichen Liebhaberin und der eifersüchtigen Schwester perfekt in ihrer Darbietung zu vereinen und dem Publikum so einen guten Einblick in die Gefühlswelt der Figur zu gewähren. Zudem konnte die Sängerin mit einer kräftigen und bezaubernden Stimme begeistern und so ihr Duett "Run to you" zu einem Highlight der Vorstellung machen. Ihre Stimmgewalt war einfach grandios und sorgte, gepaart mit ihrem ergreifenden Schauspiel, für ehrliche Emotionen im Zuschauersaal.

Marc Früh spielte den liebeskranken und unheimlichen Stalker und brannte sich mit seinem unvergesslichen Schauspiel in die Erinnerung des Publikums ein. Seine Mimik und Gestik unterstützten diese authentische Darstellung wirklich großartig und ließen dem Publikum oftmals einen Schauer über den Rücken jagen. Marc zeigte in dieser Rolle von der ersten bis zur letzten Minute eine atemberaubende Ausstrahlung, weshalb in vielen Momenten die Augenpaare wirklich nur auf ihn gerichtet waren.

Gabriel Marian Skowerski und Ivan Jurcervic, die "Bill Devaney" und den Security - Chef "Tony Scibelli" verkörperten, passten nicht nur optisch hundertprozentig in ihre Rollen, auch ihr Schauspiel wirkte sehr stimmig. Gemeinsam mit dem PR - Manager bildeten sie ein perfektes Trio für die Bühne. Die Darstellung der Figuren war zwar nah am Film orientiert, doch waren schnell die eigenen Charakterzüge in den Rollen zu erkennen.

(c) Stage Entertainment 

Markus Maria Düllmann überzeugte in der Rolle des PR - Agenten "Sy Spector" und stellte sehr gekonnt die Oberflächlichkeit und den Wunsch nach Ruhm und Erfolg des Charakters dar.
Seine Arroganz und Überheblichkeit wirkten so authentisch, dass die Rolle dem Zuschauer von der ersten Szene an sofort furchtbar unsympathisch war. 

Der kleine "Fletcher" wurde an diesem Tag von Damon gespielt, der vor allem mit seiner unbändigen Spielfreude begeistern konnte. Er liebt die Bühne und seinen "Job" und konnte zudem mit seiner  Professionalität begeistern. Sowohl in kleinen tänzerischen als auch in gesanglichen Einlagen konnte der Junge glänzen.

Abgerundet wurde das Ganze von dem Ensemble, welches sehr harmonisch wirkte auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Es konnte mit atemberaubenden Choreografien und Tanzeinlagen brillieren und ein grandioses Grundgerüst für die Show bauen.

Die Stuttgarter Besetzung steht der ursprünglichen Cast in Nichts nach. Alle Rollen wurden hervorragend besetzt und jeder einzelne Darsteller gibt auf der Bühne wirklich alles. Es ist schön zu sehen, wie die Schauspieler sich in dem Stück neu entfalten und somit auch einen besonderen Schwung in die Inszenierung bringen können. Fans der Kölner Produktion müssen sich selbstverständlich von ihren Vorstellungen lösen, denn jeder legt seine eigene Persönlichkeit in die Charaktere und macht sie so auch unverwechselbar.
Schließlich sollte die bisherige Inszenierung nicht einfach nur kopiert, sondern noch einmal ganz liebevoll und mit besonderen Details ausgearbeitet werden.

 
(c) Stage Entertainment 

Ein Besuch des Musicals lohnt sich in jedem Fall! Von den großen Emotionen bis zu viel Schwung ist alles in der Show zu finden und egal, ob brennender Whitney Houston - Fan oder nicht, jeder wird von dem Temperament und der Spannung dieses Stücks mitgerissen. Versprochen ist auf jeden Fall, dass man mit guter Laune, einem breiten Grinsen auf den Lippen und sehr, sehr vielen Ohrwürmern das Theater wieder verlässt, denn wer den Saal einmal betreten hat, den lässt das Bodyguard - Fieber so schnell nicht wieder los! Kommt und erlebt euren "One moment in time" im Palladium Theater!

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