Köln tanzt den Time Warp

Wenn Männer in Strapsen und mit rotem Lippenstift das Foyer füllen und Frauen mit Hüten aus Zeitungspapier über die Gänge laufen und den Wasserstand ihrer Spritzpistolen austesten, dann ist ganz klar, welch verrückte Show gerade das Theater beehrt. "Frank N' Furter", "Riffraff" und all die anderen Wesen aus "Transsexual" sind wieder in der Domstadt zu Gast und laden die Zuschauer im Musicaldome ein, mit ihnen eine ungewöhnliche Reise zu erleben und sie tatkräftig durch die "Rocky Horror Show" zu begleiten.
Nach dreijähriger Pause darf das Kölner Publikum endlich wieder gemeinsam den Time Warp tanzen. Doch nicht nur in Köln macht die Show Rast, anschließend folgt eine große Tour durch verschiedene Städte in Deutschland, Italien, Österreich und der Schweiz.
Ich durfte am Dienstag die Preview des außergewöhnlichen und verrückten Musicals erleben und war - wie der gesamte restliche Saal - völlig aus dem Häuschen. Die Stimmung war so atemberaubend, wie ich es zuvor noch nie erlebt hatte. Dies lag nicht zuletzt auch an einer fantastischen Cast...

(c) Jens Hauer 

Sky du Mont stand zum wiederholten Male als Erzähler auf der Bühne und ließ sich von den schallenden "Boring" - Rufen aus dem Zuschauersaal nicht aus dem Konzept bringen. Locker hatte er für jeden "Störenfried" eine neue, amüsante Antwort parat und beeindruckte so das Publikum. Man merkt, wie gerne Sky du Mont in diese Rolle zurückgekehrt ist und wie viel Freude er mit der "Rocky Horror Show" hat. Mit dem nötigen Humor und gekonnter Präzision begegnete er seinem Publikum und interagierte von der ersten bis zur letzten Minute mit den begeisterten Zuschauern.

"Brad Majors" wurde von Felix Mosse verkörpert, der mit einer ausgezeichneten Stimme überzeugen konnte. Mit seinem Song "Once in a While" strahlte der Sänger eine besondere Sicherheit und Ruhe aus und fesselte die Zuschauer mit seiner verrückten Story.
Gemeinsam mit seiner "Janet"  gab er ein unglaublich harmonisches Bühnenpaar ab und konnte auch in dem lustigen Zusammenspiel mit "Riffraff"- und natürlich vor allem dem sexbesessenen Schlossherrn "Frank N' Furter"- begeistern.

(c) Jens Hauer 

Seine Verlobte Janet wurde von Sophie Isaacs gespielt, die ebenfalls mit einer großartigen Stimme begeistern konnte. Das Duett "Over at the Frankenstein place" war ein absoluter Genuss für die Ohren und auch ihr "Touch - A, Touch - A, Touch me" sorgte für ordentlich Stimmung im Theater. Sophie konnte sehr überzeugend ihre Verwandlung und Entwicklung in der Rolle ausleben.
War sie anfangs noch die treue und ein wenig zurückhaltende Verlobte, blühte sie während der Vorstellung regelrecht auf und ließ sich von "Frank N' Furter" verführen.

Gary Tushaw verkörperte den Schlossherrn "Frank N' Furter" und trat damit in große Fußstapfen. Nicht nur Tim Curry, sondern auch Publikumsliebling Rob Fowler haben die Figur bis heute geprägt und es mit ihrer Leistung ihren Nachfolgern sehr schwer gemacht. Doch Gary hat die hohen Erwartungen der Zuschauer nicht enttäuscht, im Gegenteil, er lebte in der Rolle auf, als hätte er sie bereits hunderte Male gespielt. Voller Leidenschaft und Besessenheit stellte er den Schlossherrn dar, der im Laufe der Geschichte alle Figuren manipulieren und ihnen den Kopf verdrehen konnte. Doch nicht nur Brad und Janet, sondern auch das Publikum zog er in einen magischen Bann.
Gesanglich überzeugte Garry ebenfalls mit einer bravourösen Leistung und konnte ganz verschiedene Seiten der Rolle demonstrieren. Mit dem Song "I'm going home" konnte der Sänger die sehnsuchtsvollen Emotionen wecken und besonders gut seine phänomenale Stimme in den Fokus setzen.

(c) Jens Hauer 

Neben "Frank N' Furter" war ganz klar sein Diener "Riffraff" der große Star des Abends. Stuart Matthew Price, der bereits zum wiederholten Male in dieser Rolle zu erleben ist, holte wirklich das Maximum aus diesem Charakter heraus und glänzte sowohl mit einem wunderbaren Schauspiel, als auch mit einer fantastischen Stimme. Es war fast schon schade, dass für "Riffraff" nicht noch mehr Soloauftritte vorgesehen waren, denn Stuart konnte in seinen kleinen Solo - Sequenzen stimmlich überragen.

Anna Lidman stand als seine Schwester "Magenta" auf der Bühne und konnte auch mit einer sensationellen Stimme begeistern. Gemeinsam mit "Riffraff" gab sie ein herrliches Geschwisterpaar ab, das viel Witz in die Show brachte und für viele Lacher im Zuschauerraum sorgte.

(c) Jens Hauer 

Holly Atterton spielte die lustige, quietschige "Columbia" und schaffte es, diese amüsante Seite der Rolle sehr gekonnt zu betonen, ohne dabei über das Ziel hinauszuschießen. Sie fand immer eine geeignete Balance für die Verkörperung dieser schrillen und bunten Figur. 

Der "Rocky" wurde von Ryan Goscinski dargestellt, der mit seinem Gesangsauftritt "The sword of damocles" stimmlich absolut überzeugen und während des Abends auch seine körperliche Fitness gut hervorheben konnte.

Last but not least: Daniel Fletcher. Er begeisterte in der Rolle des "Eddie" und des "Dr. Scott". Bei der Verkörperung beider Charaktere konnte der Darsteller vor allem mit seiner Wandlungsfähigkeit beeindrucken und die Anforderungen an beide Rollen perfekt meistern.

Das Ensemble und natürlich auch die Band waren wieder einmal eine Wucht. Wie so oft muss man festhalten, dass die Mitwirkenden in diesen Positionen ein derartiges Spektakel überhaupt erst möglich machen.

(c) Jens Hauer 

Die Cast war einfach nur einsame Spitze, denn jeder konnte durch seine Auftritte seine persönlichen Stärken als Mime hervorheben. Jeder Darsteller gab Vollgas und brachte den Saal förmlich zum Brodeln, so dass es schließlich niemanden mehr auf seinem Sitz hielt. Gemeinsam mit dem Publikum rockte die Crew den Musicaldome!
Bei so einer grandiosen Besetzung und einer wahnsinnig humorvollen und anziehenden Show kann man wirklich nur jedem raten: Bucht schnell euer Ticket und seht euch diese Meisterleistung an. Bei dem Stück kommt jeder Besucher auf seine Kosten, wenn er sich auf den Humor und die schräge Welt von "Transsexual" einlässt. Wer zunächst noch skepisch ist, der wird während der Vorstellung sein Zögern schnell ablegen und die "Sweet Transvestites" ordentlich feiern!

(c) Jens Hauer 

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