Ein Hippie - Girl mit vielen Facetten - ein besonderes Gespräch mit Martina Lechner

Die gebürtige Steirerin Martina Lechner absolvierte ihre Ausbildung zunächst am "Performing Arts Vienna" und schloss schließlich den Studienzweig "Musikalisches Unterhaltungstheater" an der "Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien" mit dem "Bachelor of Arts" ab. Anschließend war sie in den unterschiedlichsten Produktionen, die die Musicallandschaft zu bieten hat, zu erleben. Unter anderem stand sie in dem Musical "Sister Act" als Cover "Mary Robert" und in der Show "Mamma Mia" in der Rolle der "Sophie" auf der Bühne. Zudem schwang sie sich im Affenensemble und als Cover "Jane" durch den Oberhausener Dschungel des Metronom Theaters. In diesem Sommer war Martina ein Teil der Bad Hersfelder Inszenierung "Hair" in der Stiftsruine. Ich hatte die große Freude, mit dieser sympathischen und lebensfrohen Darstellerin ein interessantes Gespräch über ihren Werdegang, ihre Erlebnisse auf den Brettern, die die Welt bedeuten, sowie über ihre persönlichen Ansichten und Vorlieben zu führen und bin noch immer von jeder einzelnen Antwort absolut begeistert. Warum? Na, lest selbst...!
Wann stand für dich fest, dass du im Genre "Musical" tätig sein möchtest?
Hm, gleich mal eine gute Frage zum Einstieg.. Dass ich Musical studieren wollte, wusste ich eigentlich direkt nach dem Abi. Ich weiß noch, dass auf der Homepage des Konservatorium Wiens stand: „Wenn Sie sich vorstellen können, irgendetwas anderes mit ihrem Leben anzufangen – dann tun Sie das.“ Ich hab lange nachgedacht, aber zu dem Zeitpunkt war es einfach das Einzige, das ich mir wirklich vorstellen konnte. Ich wollte auf die Bühne, ich wollte singen, tanzen und schauspielen. Es gab keine Alternative. Und das ist auch in Retrospektive die einzige Einstellung, die dich über die ersten Jahre bringt, denn Musical machen zu wollen, die Ausbildung zu machen und dann tatsächlich davon zu leben sind drei völlig verschiedene Dinge. Heutzutage bin ich auch sehr dankbar, dass sich mein Horizont erweitert und sich mir auch noch andere Bereiche und Berufskonzepte erschließen – die ich aber so nie kennengelernt hätte, hätte mich die Bühne nicht in Offenheit, Kreativität, Spontanität und professionellem Auftreten geschult! :-)


Du standest ja bereits in diversen Produktionen auf der Bühne. Welche deiner bisherigen Rollen hat dich am meisten geprägt?

Haha, da muss ich sagen, dass sie das alle haben. Jede passte zu einer ganz bestimmten Lern- und Lebensphase. Aber vielleicht muss ich sagen, dass mich "Maria" am meisten überrascht hat, weil es meine erste dramatische Rolle war und zusätzlich die erste rein klassische Gesangspartie. Ich war typmäßig sehr gewagt besetzt und habe keine Worte dafür, wie dankbar ich bin, dass ich die Chance bekam, diesen wunderbaren Charakter stimmlich und schauspielerisch zu verkörpern – vor allem in einer Inszenierung, die "Maria" nicht als hilfloses Mädchen präsentiert hat, sondern als junge Frau, die bis zum Schluss für ihre Überzeugung und ihre Liebe kämpft. Ich glaube, weil sie so überraschend kam, ein völlig neues Spektrum an Bühnenemotionen eröffnet hat, mir eine neue Gelassenheit und Stärke gegeben hat – und natürlich weil mir die Produktion eine meiner besten Freundinnen ins Leben gebracht hat, und der Rest des Ensembles einfach nur atemberaubend inspirierend war – all das machte wohl die Wuppertaler Inszenierung von "West Side Story" und "Maria" zur prägendsten Rolle bisher!

Zuletzt warst du in der Bad Hersfelder Inszenierung des Kultmusicals „Hair“ als „Jeanie“ zu erleben. Wie hast du die Zeit bei dieser Produktion selbst empfunden und wie schwer fiel es dir, von diesem Stück Abschied zu nehmen?

Es war tatsächlich „Unser Sommer!“, wie "Sheila" so schön sagt. Jeden Abend habe ich an genau dieser Stelle ein fassungsloses Dankgebet gen Himmel geschickt, weil ich mich so unglaublich wohl in dieser Inseznierung und dem Tribe (inklusive Band, Ton, Technik, ect..) gefühlt habe. Der Hippie – Funke ist wirklich auf alle Abteilungen übergesprungen und wir hatten einen unvorstellbar guten gemeinsamen Sommer, geprägt von gemeinsamen Spendenaktionen, tollem Zusammenhalt und natürlich einer gehörigen Portion Spaß. Ich liebe Gils Inszenierung, all die ehrlichen und scheinheiligen Motive aus der Zeit, Menschen die ihr Bestes geben – aber eben auch an so menschlichen Grenzen scheitern, die Unbarmherzigkeit des Verlusts, die Dummheit der ganzen menschenfremden Kriegspolitik und allen voran dieser großartige idealistische Geist, der damals die Leute schon auf die Straße trieb und den man bei manchen Menschen wiederfindet, die sich noch heute für "Hair" begeistern können. Das sind Weltverbesserer! Macher! Idealisten, die Unbequemen und „Einhörner“! Statt lang und breit zu diskutieren, konzentrieren sie sich auf das Gute und tun tatsächlich etwas. Einige dieser Menschen durfte ich diesen Sommer kennen und lieben lernen, und von ihnen Abschied zu nehmen war hart, aber sie haben alle ihre Spur in mir hinterlassen. Wenn man einmal Teil eines solch initiativen Leuchtfeuers war, dann bleibt es einem Gott sei dank irgendwie erhalten. Und jedesmal, wenn man dann vor einer Weggabelung steht und denkt: „Links – bequem und sicher. Rechts – unbequem, aber nötig“, erinnert man sich an die Menschen, die einen inspiriert haben, und geht nach rechts! ;-)

Du hast ja bereits im Staatstheater Darmstadt in dieser Show mitgewirkt, jedoch warst du dort in der Rolle der „Crissy“ zu sehen. Inwiefern unterscheiden sich die beiden Rollen voneinander und welche Figur hat für dich den größeren Reiz?

Hihi, jaaaa, das war für mich ganz lustig. Ich hatte nämlich schon in Darmstadt für "Jeannie" vorgesungen und habe dann "Crissy" bekommen – die eine schöne, liebenswerte Rolle ist, und die auch in der Darmstädter Inszenierung ganz anders inszeniert und eingesetzt wurde als in Bad Hersfeld. Mir persönlich liegt "Jeannie" etwas näher am Herzen, einfach, weil sie sich aktiver für ihre Hippiefamilie einsetzt als "Crissy", die ja noch sehr jung und unbedarft in die Kommune kommt. Plus... :-) Das Leben hat es wieder einmal perfekt eingerichtet, dass ich diese Rolle JETZT spielen darf – denn meine beste Freundin ist gerade mit ihrem ersten Kind schwanger. Das heißt, wir sind quasi zusammen schwanger durch den Sommer gegangen und haben uns lustige Schnappschüsse geschickt. Das hat mir "Jeannie" natürlich noch persönlicher ans Herz gelegt.


Das Musical wurde vor 50 Jahren uraufgeführt. Inwiefern hat die Show dennoch auch aktuelle Zeitbezüge?

Ja, so ist es. "Hair" wird meiner Meinung nach noch eine sehr lange Zeit große Relevanz für jeden haben, der sieht, dass wir das Ende des Weges noch lange nicht erreicht haben. Ich kann es selber nicht verstehen, dass Themen, wie Rassismus, Diskriminierung, #metoo, narzistische, verrückte Menschen an politischen Spitzenpositionen, die wahllos über das Leben von Millionen entscheiden, Umweltverschmutzung und und und... IMMER NOCH so brenzlich sind wie eh und je. Meine Freunde, also meine Wahlfamilie, sind ein kunterbunter Haufen, der sich nicht durch geschlechtliche Orientierung, Hautfarbe, Herkunft oder religiöse Überzeugung definiert. Es sind offene Menschen, die die Welt besser zurücklassen wollen, als sie sie vorgefunden haben. Generationen vor uns haben so hart dafür gekämpft, - und kämpfen auch heute noch - dass auch wirklich JEDER die Chance hat, seinen Teil zu genau diesem Plan beizutragen. Das ist ein so unverschämt großes Privileg. Ich verstehe nicht, was in den Köpfen der Menschen vor sich geht, die sich stattdessen lieber blind in viel zu kleinen Boxen verkriechen, in denen nichts anderes Platz hat, als das, was sie bereits kennen und wovon sie sich einen persönlichen oder finanziellen Vorteil erhoffen. Die Welt ist so viel größer als das, das Leben so viel vielfältiger. Die Hippie - Generation hatte schon ein paar tolle Ansätze zum Thema Offenheit, Gleichberechtigung, Frieden und Freiheit. Es liegt an uns, ihre Gedanken weiter zu entwickeln. Genau diese Entwicklung wird hoffentlich in jedem Zeitalter aktuelle Relevanz behalten.

Die Festspiele sind in Bad Hersfeld jedes Jahr ein großes Highlight. Was macht deiner Meinung nach den Zauber dieses Ereignisses aus und wie gefällt dir persönlich Bad Hersfeld?

Den Zauber macht für mich aus, dass eine ganze Stadt für drei Monate zusammenarbeitet, um einer alten Ruine Leben einzuhauchen. Und das tut sie mit so kompromisslosem Einsatz, fantastisch kompetenten Leuten, einer offenen und lebendigen Kommunikation und vielen, vielen liebenswerten Menschen. Hier werden keine glatten, kalten Produkte für die „wichtigen“ Leute geboten, sondern wichtig ist der Kontakt zwischen den Künstlern (und hier meine ich ALLE Abteilungen, die bei den Stücken beteiligt sind) und dem Publikum. Vom Intendanten, der JEDEN beim Vornamen kennt, bis hin zum Fahrradverleih, der sich auf „Hinter-den-Kulissen-Geschichten“ freut, vom Stammcafé, das noch ein "Extra- Chili" für die hungrigen Techniker zurück behält, damit sie nach einem 15 Stunden Tag noch etwas zu essen bekommen, bis hin zu den Menschen, die, weil sie kein Ticket mehr bekommen haben, auf Decken vor der Ruine picknicken. So wie ein Stück aus vielen kleinen Zahnrädern und Abteilungen besteht, die alle zusammenarbeiten, um es auf die Bühne zu bringen, so greifen die vielen helfenden Hände und Herzen der Bad Hersfelder ineinander und machen die Festspiele zu einem ganz außergewöhnlichen Ereignis. Man spürt die Substanz, den persönlichen Bezug einer ganzen Gemeinde, die ihre Künstler mit Freuden willkommen heißen und stolz auf ihren Festspiel-Sommer sind. Wir bringen die Qualität, sie bringen die Offenheit und Freude. Daraus resultieren eine Menge Leute, die ihr Bestes geben wollen, um gemeinsam einen unvergesslichen Sommer zu erleben. 


Ein weiteres wichtiges Engagement in deiner Vita war mit Sicherheit die Rolle der „Jane“im Musical „Tarzan“, welche du in Oberhausen gecovert hast. Was hat dich an dieser Figur besonders fasziniert und gibt es Gemeinsamkeiten, die du als Martina mit diesem Charakter hast?
        
Haha, oh ja.. ach Janechen, Ich glaube, sie war bisher meine Lieblingsrolle. Ja, wir haben viel gemein. Wir sind beide tollpatschig, reden viel schneller als der Autonormalzuhörer verstehen kann, liiieben die Natur und wollen sie verstehen, sind unbeirrbar neugierig, bemerken oft viel später als alle anderen, wenn wir unser Herz verlieren, sind idealistisch und haben auch schon mal gerne die Hosen an. :-) Ich durfte ihr so viel davon leihen, was ich für eine junge Frau so wichtig und schön halte. Ich war Jeff Lee sehr dankbar, dass er jedem die Freiheit gelassen hat, seine "Jane"      individuell zu entwickeln und habe mich über sein positives Feedback damals sehr gefreut. Ja, "Jane" und ich, wir sind sehr schnell sehr gute Freundinnen geworden. :-)

Neben der Rolle der „Jane“ hast du bei dieser Show auch das Affenensemble bereichert. Welches Gefühl war es, über die Köpfe der Zuschauer zu schwingen und hat die Aufgabe des Fliegens bei diesem Engagement die größte  Herausforderung für dich dargestellt?

Ich hätte ja wirklich nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber ich vermisse den Affencharakter, den ich in "Tarzan" spielen durfte, fast so sehr wie jede Rolle, die ich jemals gespielt habe. Unsere fantastische Leonora Stapleton hatte uns in der ersten Probenwoche aufgetragen, uns komplexe Charaktere zu überlegen, und so wurde meine "Ella" geboren. Für mich war bis zum Ende der "Makako" – eine akrobatische Figur, eine Art „Fast FlikFlak“, mit Abstand die größte Herausforderung an der Rolle. Ich bin keine Athletin, hatte nur ein Jahr lang Akkrobatik während der Ausbildung, als ich bereits 19 Jahre alt war, und hatte dann drei "Makakos" pro Show zu überleben! Das hat mich wirklich jeden Tag aufs Neue gefordert, aber ich freue mich über jede Show, in der ich der Herausforderung gerecht werden konnte! :-) Das Fliegen war einfach toll. Vom ersten Moment bis zum letzten, und ich vermisse es! Areal ist eine feine Sache. Da fühle ich mich wieder sehr dankbar, dass mich mein Beruf in Situationen bringt, wo jemand sagt: „Spring! Sind nur 18 Meter!“ und ich...springe!

Du warst sowohl bereits mehrfach in Ensuite – Produktionen, beispielsweise jenen von Stage Entertainment, als auch in Stadttheaterinszenierungen zu bewundern. Wo liegen dabei die wesentlichen Unterschiede?

Ich würde sagen, der große Unterschied liegt in der Verteilung der perönlichen Ressourcen. Wenn ich weiß, dass ich zwei Monate lang jeden zweiten Tag alles geben soll, meine Grenzen sprengen, volle Konzentration geben, vollen Einsatz – dann jubiliert mein Herz, mein Körper macht sich auf eine harte, aber absehbare Zeit bereit und dann rocken wir das Ding! :-) Ensuite ist hartes Training, für den Körper, und noch mehr auf mentaler Ebene. Bei acht Shows pro Woche befindet man sich in einem permanenten Erschöpfungszustand. Man bekommt keinen Abstand zu dem, was man eigentlich gerne tut, bis man es irgendwann nicht mehr zu schätzen weiß. Man kann schlechten Gewohnheiten von sich selbst und auch anderen nicht ausweichen. Kaum jemand, der auf der Bühne arbeitet, ist kein notorischer Perfektionist, aber Ensuite zwingt sogar den härtesten inneren Kritiker nach und nach eine Version zu entwickeln, die sich auf einem konstant guten Level fahren lässt. Gibt man zu viel, hat man nichts mehr für den Rest der Woche, spart man zu viel, betrügt man das Publikum um eine magische Erfahrung. Auf der anderen Seite bringt Ensuite Sicherheit. Ein Jahr, zwei... oder wie manche Kollegen bei "Tarzan" und "König der Löwen" zehn Jahre lang, keine arbeitslose Phase. Kein Bangen um die Mieten, keine zermürbenden Gedanken und Zweifel nach einer Audition. Auch daraus kann man wieder Kraft schöpfen. Es gilt, glaube ich, einfach aus dem, was man hat, das Beste zu machen und sich seines persönlichen Energielevels sehr bewusst zu sein. Es gibt Sprinter und Marathonläufer, dem einen fällt das eine leichter, dem anderen das andere – man muss einfach beidem eine Chance geben. Für mich persönlich war bisher die Kombination aus beiden ideal!

Foto (c) Dani Dunkel

Vor kurzer Zeit hast du einen eigenen Podcast namens „Musical & mehr“ gegründet und in diesem Monat ist auch bereits die erste Folge veröffentlicht worden. Wie bist du auf diese Idee gekommen und was können die Hörer von deinem Podcast erwarten?

Ach, das is ja cool – über die Frage freu ich mich richtig! :-) Aaalso, ich bin eine leidenschaftliche Zuhörerin. Für mich gibt es kaum etwas Schöneres, als Menschen, die von etwas erzählen, das ihnen wirklich am Herzen liegt. Dann funkeln ihre Augen und die Worte springen ihnen quasi von der Zunge. Es ist inspirierend und hat eine ansteckende Energie und Wirkung auf mich. Oft, wenn ich selbst in einer schwierigen Situation steckte, haben mir Gespräche mit leidenschaftlichen Menschen geholfen, wieder auf die Beine zu kommen. Als ich Ende letzten Jahres nach Berlin gezogen bin, haben ich die "TED Talks" dann für mich entdeckt und war von den Themen der Sprecherinnen und Sprecher einfach nur geflasht. Sie gaben mir den Mut, mich auch nach neuen Wegen in meiner beruflichen Laufbahn auszustrecken und siehe da, es klappte. Ich machte eine Ausbildung zur Sprecherin und habe diesen Sommer bereits mein erstes Hörspiel aufgenommen – einen Traum, den ich mir schon lange erfüllen wollte, aber nicht genug an mich geglaubt hatte. Und dann fielen mir einige Kollegen ein, die ihrerseits mit mir über das eine oder andere Thema geredet hatten, das ihr Leben verändert hat. Über Projekte, die sie gestartet, völlig unerwartete Wege, die sie genommen und mutige Schritte, die sie trotz aller Unwahrscheinlichkeit getan hatten und dadurch selbst zu Vorbildern und Inspirationen geworden sind. Da dachte ich mir, ich würde einfach gerne mit einigen dieser Leute zusammensitzen und ihnen zuhören. Also habe ich mir einen Interviewplan überlegt, mir ein gutes Mikrophon zugelegt und sie besucht. Das Ergebnis ist für mich gar nicht in Worte zu fassen. Nachdem wir uns ja schon kannten, schon gemeinsam auf der Bühne gestanden haben, war die Art von Gespräch, die da enstand, kein verklemmtes Interview, sondern der Austausch zweier Kollegen, die sich auf einen Kaffee treffen. So, wie wenn sich alte Freunde nach langer Zeit treffen – man plaudert über das, was alles so passiert ist, aber dann geht man in die Tiefe und spricht über das, was einen wirklich bewegt. Diese Offenheit kreierte magische Momente – tränenreiche Momente, als Sabrina von ihrem verstorbenen Vater erzählte, oder Vladimir von seiner Zeit vor der Flucht aus dem Krieg in Georgien – berührende Momente, als Karim und auch Lisa vor mir saßen und meinten, sie fühlten sich gerade so befreit wie nach drei Jahren Psychotherapie – lustige Momente mit Tobi, der einfach der geborene Komiker und Geschichtenerzähler ist oder Sabine, die mitten im Gespräch bemerkt, was sie noch alles über ihren Mann zu lernen hat – und unglaubliche Geschichten von Nedime, die mit Kindern in Afrika Musikinstrumente aus Müll bastelte oder Massimilliano, dessen Lebenslauf eigentlich schon verfilmt gehört! Es war einfach alles dabei. Und ich hoffe daher, dass die Folgen vielleicht den einen oder anderen Zuhörer auch dazu motivieren können, an sich und seine Träume zu glauben, denn das ist der Schlüssel hinter all diesen Erfolgsgeschichten.

Welche Eigenschaften muss ein Darsteller auf der Bühne mitbringen, um dich als Zuschauer fesseln zu können?

Fantasie, Konzentration, Durchhaltevermögen, Fleiß und den Mut zum Augenblick. Sich so auf die Geschichte einzulassen, die man gerade erzählt, dass man seine eigenen Grenzen, Unsicherheiten, Probleme vergisst und den Zuhörer mitnimmt, direkt in die Geschichte hinein.

Welche drei Dinge würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen wollen?

Einen Laptop zum Schreiben, Soyasauce, denn ohne Würze schmeckt das Leben nicht und eine Möglichkeit mit den Menschen, die ich liebe, in Kontakt zu bleiben – und sei es auch nur eine sehr zuverlässige Brieftaube. ;-)

Weißt du schon, wie es nun, nach dem Ende der „Hair“-Inszenierung, für dich beruflich weitergeht?

Ich werde im kommenden Jahr mit "Pricilla" nach St.Gallen gehen und dort eine der Diven spielen. Und der Sommer 2019 bringt hoffentlich eine Wiederaufnahme in Bad HAIRsfeld.

Was ist dein größter Wunsch für die Zukunft? 

Dass es allen meinen Liebsten gut geht, ist und bleibt das Wichtigste im Leben. Hätte ich nie einen ehrlichen Zuhörer gehabt, hätte ich keinen Grund gehabt zu singen oder zu sprechen. Meine Freunde und Familie sind der Grund, warum ich Freude habe, um zu singen. Sie sind die, die auch schiefe oder zu scharfe Töne immer schon mit Nachsicht ertragen haben, sind mein "Wie", mein "Warum" und mein "Darum". Ich werde immer mein Bestes geben, da ich durch sie gelernt habe und immer wieder lerne, was noch alles möglich ist.

Liebe Martina, ich danke dir von ganzem Herzen für dieses besondere Interview. Mir persönlich bereitet es eine riesige Freude, deine humorvollen und zugleich wahnsinnig offenen, ja sogar berührenden Antworten zu lesen. Wir wünschen dir alle Gute für deinen weiteren Lebensweg und freuen uns darauf, dich hoffentlich noch in ganz vielen Produktionen erleben zu dürfen. Bleib so ehrlich und herzlich, wie du bist!

Foto (c) James Cook

Kommentare

  1. Was für ein schönes Interview! Mich als gebürtige Hersfelderin freut es natürlich sehr, dass Martina die Zeit hier so besonders fand. Ich hatte ebenfalls einen ziemlich tollen Musicalsommer mit HAIR. In und auch VOR der Ruine �� Danke für deine wirklich tollen Fragen an Martina.

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