Wahnsinnige Zeiten auf der Musicalbühne - Im Interview mit Karen Müller

Karen Müller absolvierte ihr Studium an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Anschließend war sie in diversen populären Produktionen, wie beispielsweise "Jekyll und Hyde", "West Side Story", "Der kleine Horrorladen" und "Hair" zu erleben. Auch in "Cabaret" und "Footloose" stand die Darstellerin bereits auf der Bühne. Aktuell ist Karen Teil des Ensembles der Tourproduktion "Wahnsinn" und ist dort nicht nur als Swing und Cover "Gianna", sondern auch als Dance Captain zu erleben. Ich hatte die Freude, mit dieser vielfältigen und sympathischen Künstlerin ein kleines Interview unter anderem über ihren beruflichen Werdegang, ihre Aufgaben als Dance Captain, sowie ihre Wünsche und Pläne für die Zukunft führen zu dürfen. Vorhang auf für Karen Müller...

Wann stand für dich fest, dass du im Genre „Musical“ tätig sein möchtest? Wie hat dein Umfeld auf diese Entscheidung letztendlich reagiert?

Die Entscheidung, professionell Musical zu machen, ist ehrlich gesagt nie explizit gefallen. Es war eher so, dass ich gemerkt habe, dass ich nicht ewig im Büro arbeiten möchte und ich die ganze Woche nur darauf hingelebt habe, endlich zu meinem damaligen Hobby, dem Musicalspielen, zu kommen. Durch starkes Ermutigen meiner Freunde bin ich dann endlich zu Musicalaufnahmeprüfungen gegangen und nach einer sehr anstrengenden Woche in Essen war ich eine der glücklichen Sechs des neuen Musicaljahrgangs. Meine Eltern und damaligen Kollegen waren natürlich erst einmal geschockt. Das Leben stand Kopf. Meine damalige Wohnung und meinen alten Job musste ich natürlich in kürzester Zeit kündigen. Alles musste sehr schnell innerhalb von sechs Wochen passieren. Als ich dann am ersten Studientag in Essen stand, konnte ich es zum ersten Mal richtig realisieren.

Du hast dein Studium an der Folkwang Universität der Künste in Essen absolviert. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit und wie hat dich diese geprägt?

Die Zeit in Essen hat mich sehr geprägt. Ich würde sogar sagen, dass ich zu einem anderen Menschen geworden bin, im ausschließlich positiven Sinn. Ich habe so unendlich viel gelernt und bin sehr froh, dass meine "Lebensumkremplung" dort so gut begleitet wurde. Wenn ich zurückblicke, würde ich alles genauso jederzeit wieder machen. Ja, es gab auch harte Zeiten, aber genau das macht einen stärker. Insgesamt war es eine wunderbare Studienzeit.

Du warst bereits in diversen Musicalproduktionen zu erleben. Welche Rolle hat dabei die größte Herausforderung für dich dargestellt und mit welchem Charakter konntest du dich am besten identifizieren?

Die bisher größte berufliche Herausforderung für mich fand nicht direkt auf der Bühne statt, sondern in meiner Rolle als Dance Captain bei "Wahnsinn", wo ich aktuell tätig bin. Ansonsten ist eigentlich jede Rolle erst einmal in unterschiedlichen Formen eine Herausforderung, die ich aber immer gerne annehme und versuche, aus allem das kreativste und bestmögliche Ergebnis für mich zu erzielen.

Zuletzt standest du bei den Bad Hersfelder Festspielen in der Produktion „Hair“ auf der Bühne. Wie hast du die Zeit bei dieser Produktion erlebt?

Eine wunderbare Zeit, auf die ich mich glücklicherweise diesen Sommer wieder freuen darf, da es eine Wiederaufnahme geben wird. Ich habe keine Sekunde überlegt, es wieder zu tun. Ich liebe die Inszenierung und die Choreografien. Es ist ein wahres Geschenk. 

(c) Tim Müller

Das Musical wurde vor 50 Jahren uraufgeführt. Inwiefern hat die Show dennoch auch aktuelle Zeitbezüge?

Oh ja, die Show hat sogar noch sehr viele aktuelle Bezüge. Das kann ich jetzt alles gar nicht aufzählen. Das Verhalten der Menschen hat sich sowohl im positiven als auch im negativen Sinne nicht wirklich verändert. Auf der Welt gibt es weiterhin Krieg, Liebe, Trennung, neue Freundschaften, Tod. Dieses Stück lehrt uns, dass wir besser aufeinander achten sollten, jeden Moment genießen, wissen, dass jede Handlung diverse Auswirkungen haben kann, Dankbarkeit für Menschen in unserem Leben aufbringen sollten... etc., einfach bewusster leben und unsere Erde und die Menschen auf ihr lieben.

Aktuell bist du in der Tourproduktion des Musicals „Wahnsinn“ als Dance Captain, Swing und Cover „Gianna“ zu erleben. Warum hast du dich für diese Produktion beworben? Hattest du bereits vor diesem Engagement Berührungspunkte mit der Musik von Wolfgang Petry?

Ich hatte das Glück, dass ich vor zwei Jahren bereits den Workshop von "Wahnsinn" miterleben und mitgestalten durfte. Die Songs von „Wolle“ kannte ich natürlich durch meine Eltern, bzw. durch die ein oder andere Kirmes und natürlich vom Karneval, aber die Lieder geben so viel mehr her. Nach dem Workshop war mir schnell klar, dass ich diese Produktion gerne weiter begleiten möchte und umso glücklicher war ich natürlich, als ich nach einem sehr langen und anstrengenden Auditiontag das Angebot bekam.

Welche Station der Tour hat dir persönlich am besten gefallen?

Das ist sehr schwer zu sagen, da wir in jeder Stadt vom Publikum so herzlich empfangen wurden. Köln liegt nah an meinem Zuhause, daher hatte ich nun sechs Wochen den Luxus, im eigenen Bett zu schlafen. Die Stationen Berlin und Hamburg waren natürlich auch sehr schön. Ich freue mich auf die vier weiteren Orte, die uns noch erwarten.

Inwiefern unterscheiden sich deine Aufgaben als „Dance Captain“ von denen anderer Darsteller?

Als Dance Captain ist man für alles verantwortlich, was choreografisch auf der Bühne passiert. Man sorgt dafür, dass die Choreografien der Show auch über einen längeren Spielzeitraum in Form und frisch bleiben. Zusätzlich durfte ich diese Spielzeit die choreografische Einstudierung übernehmen, das war neu und sehr aufregend für mich.

(c) Tim Müller

Hast du eine Traumrolle, die du in Zukunft unbedingt einmal spielen möchtest?

Ja, einige sogar. Ich würde sehr gern einmal die "Amneris" in „AIDA“ spielen, oder "Sandy" in „Grease“. In „We will rock you“ gibt es einige Parts, die mich reizen und die "Roxy" in „Chicago“ ist ebenfalls eine absolute Traumrolle...  die Liste ist sehr sehr lang.

Welche sind deine größten Stärken und welche deine größten Schwächen?

Meine größte Stärke ist - meiner Meinung nach - meine Disziplin und stetige Motivation für eine Sache, für die ich brenne. Meine größte Schwäche ist in jedem Fall, dass ich immer sehr kritisch mit mir selbst bin und am liebsten alles perfekt machen möchte. Anderen, aber vor allem meinen eigenen Anforderungen gerecht zu werden, ist nicht immer leicht. 

Welche drei Dinge würdest du mit auf eine einsame Insel nehmen wollen?

Meinen Freund, meinen Kater und viel Kaffee :-) 

Die Musicallandschaft in Deutschland ist in ständiger Bewegung und es kommen immer mehr neue Produktionen, beispielsweise vom Broadway, auch nach Deutschland. Wie empfindest du diese Veränderungen in der Musicalwelt?

Einerseits finde ich es wunderbar, dass so viele neue Stücke aus dem Ausland nach Deutschland kommen. Je größer die Vielfalt, desto aufregender das Business. Andererseits finde ich es schade, dass die Förderung ganz neuer Projekte, beispielsweise aus Federn junger Autoren, bis jetzt nur geringfügig läuft. Ich denke, das könnte man noch optimieren. Auch Stadttheater und Staatstheater sollten sich, was dieses Thema betrifft, in Zukunft mehr trauen.  

Herzlichen Dank für dieses offene Gespräch, liebe Karen! Ich wünsche dir weiterhin viel Freude auf den Brettern, die die Welt bedeuten und drücke dir die Daumen, dass all deine Wünsche für die Zukunft in Erfüllung gehen werden.

(c) Javan Hoen

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