Abstecher in den Kirschbaumweg - Zu Gast bei George Banks (Maik Lohse)

Maik Lohse absolvierte seine Ausbildung an der Stage School in Hamburg. Anschließend war er in einer Reihe von bekannten Produktionen zu erleben, wie beispielsweise "Rocky Horror Show", "Grease", "3 Musketiere" und "Ich war noch niemals in New York" - um nur einige wenige zu nennen. Mit der Show "Miss Saigon" ging er nach seinem Engagement in Stuttgart als "Chris" auf Tour durch die USA. Zuletzt begeisterte Maik allabendlich die Besucher des Musicals "Tarzan". Aktuell ist der Künstler Teil der Disney - Show "Mary Poppins" und steht dort unter anderem als Cover für die Rolle "George Banks" auf der Bühne. Doch nicht nur mit der Bühne ist er vertraut, auch vor der Kamera hat der Darsteller schon einige Male mitgewirkt. Ich hatte die große Freude, mit Maik ein Interview über seinen bisherigen Werdegang führen zu dürfen, welches ich euch nicht vorenthalten möchte.

Wann stand für dich fest, dass du im Genre „Musical“ tätig sein möchtest?

Das kam wirklich erst relativ spät. Ich wusste schon sehr früh, dass ich etwas „mit singen“ machen wollte - aber selbst als ich an der Stage School anfing, war mir noch nicht klar, dass das wirklich mein „Weg“ werden sollte - das hat sich dann tatsächlich einfach „ergeben“ :)

Du warst schon in diversen großen Produktionen zu erleben. Welche deiner bisherigen Rollen hat dich am meisten geprägt und welcher Charakter hat für dich die größte Herausforderung dargestellt?

Die Produktion und die Rolle, an die ich am liebsten zurückdenke und die mich auch am meisten geprägt hat, ist definitiv die Rolle des „Chris“ in „Miss Saigon“. Die Zeit mit der Produktion war einfach eine wundervolle und unglaublich lehrreiche Zeit. Jeder Darsteller, der damals in die Stuttgarter Produktion involviert war, schwärmt heute noch davon, welch magische Zeit es für uns alle war. Ich sage auch immer "Miss Saigon" war meine Schauspielschule. Ich habe in dieser Zeit so viel gelernt und so viele wundervolle, lebenslange Freundschaften geschlossen.



Aktuell stehst du im Disney – Musical „Mary Poppins“ auf der Bühne. Was macht deiner Meinung nach den Zauber dieser Show aus?

Zuerst einmal denke ich, dass "Mary Poppins" halt wirklich „old school musical theatre“ ist. Das verleiht der Produktion schon einmal ein gewisses „Nostalgie Flair“. Dann ist es einfach eine zeitlose Geschichte, in der sich jeder in irgendeiner Form wiederfindet. Außerdem glaube ich, dass unsere Produktion einfach Glück hat, da alle Rollen wirklich mit sehr, sehr guten Schauspielern besetzt sind. Ja - natürlich ist Tanz und Gesang ein grosser Teil eines jeden Musicals - aber gerade bei "Mary Poppins" würde die Show wahrscheinlich nicht so gut funktionieren, wenn die Darsteller nicht so talentierte Schauspieler wären und es dadurch schaffen, das Publikum mit auf eine „emotionale Reise“ zu nehmen.

Warum hast du dich für dieses Stück beworben und hattest du früher vielleicht sogar selbst die weltbekannte Verfilmung Disneys im DVD – Schrank stehen?

Ehrlich gesagt war es eher Zufall - ich habe zu der Zeit im Apollo Theater den „Porter“ in „Tarzan“ gespielt und ich hatte auch eine Beziehung in Stuttgart. Von daher war es für mich natürlich sehr reizvoll, in Stuttgart bleiben zu können und weiterhin im selben Theater zu arbeiten (was in unserem Beruf selten passiert und wirklich ein Luxus ist, wenn es passiert). Dass es dann letztendlich geklappt hat, das hat wie immer in unserem Beruf auch mit einer großen Prise „Glück“ zu tun.

Hast du einen Lieblingsmoment oder einen Lieblingssong in der Vorstellung?

Meine Lieblingsszene ist definitiv „Gingerbread Stars“, wenn ich den Mr. Banks spiele und er seine Lebkuchensterne in der kaputten Vase entdeckt - LiegblingsMOMENT innerhalb dieser Szene ist der, in dem die Kinder ihm das Geld schenken und Jane zu ihm sagt „Wir haben Dich sehr lieb“ - da bekomme ich immer einen Kloß im Hals und Pipi in den Augen ;)

Im August verlässt das zauberhafte Kindermädchen das Hamburger Theater an der Elbe. Was wirst du an diesem Engagement am meisten vermissen?

Wie immer, wenn eine Produktion endet, vor allem dann, wenn man sie - wie in diesem Fall - fast drei Jahre begleitet hat, wird man am meisten die tollen Kollegen vermissen, die man über diesen langen und intensiven Zeitraum sehr lieb gewonnen hat. Man weiß nie, ob man mit einigen vielleicht schon kurz danach wieder zusammenarbeitet - oder vielleicht auch eben nie wieder.



Du warst nicht nur in Stuttgart Teil des Welterfolgs „Miss Saigon“, sondern hast die Produktion auch als Tour durch die USA begleitet. Welche Erfahrungen konntest du während dieser besonderen Zeit sammeln?

Die US-Tour von „Miss Saigon“ war auf jeden Fall eine der schönsten Zeiten meines Lebens. Ich konnte so das ganze Land kennenlernen und durfte dieses tolle Stück dann auch in der Originalsprache spielen. In den USA ist im professionellen Theaterbereich vieles anders organisiert als in Deutschland. Der Hauptgrund dafür ist, dass es eine sehr starke Gewerkschaft für die Schauspieler gibt, die "Actor’s Equity", die wir in Deutschland in der Form ja nicht haben. Wie bei allem im Leben gibt es viele Dinge, die dort drüben besser laufen als hier - aber eben auch Aspekte, die in Deutschland wesentlich angenehmer sind. Und hey - ich war mit der Show 1999 für zwei Monate in Hawaii - was will man mehr ;-D

Neben „Mary Poppins“ warst du auch im Musical „Tarzan“ zu erleben. Was fasziniert dich besonders an den Disney-Inszenierungen und gibt es ein weiteres Stück von Disney, in welchem du gerne einmal mitwirken würdest?

Man redet ja immer von der sogenannten „Disney Magic“, wenn es um Disney Film- oder Theaterproduktionen geht. Was genau diese „magic“ ist oder ausmacht, weiß ich auch nicht. Man spürt sie einfach, wenn sie passiert. Ich habe im Dezember letzten Jahres zum ersten Mal den „Glöckner“ in Stuttgart gesehen - das hat mir wahnsinnig viel Freude bereitet. Ich war so begeistert von dieser Show. Ich würde auch gerne einmal bei den „Löwen“ bei uns gegenüber vorbeischauen. Diese Möglichkeit hat sich leider auch noch nie ergeben - aber wer weiß...

Zudem standest du bereits vor einigen Fernsehkameras. Inwiefern unterscheidet sich diese Arbeit von deinem Beruf auf der Bühne und könntest du dir vorstellen, auch in Zukunft noch einmal an einer Fernsehproduktion mitzuwirken?

Mir macht die Arbeit vor der Kamera immer SEHR viel Spaß! Es unterscheidet sich vor allem daher, dass natürlich auf einer Theaterbühne vor 1800 Leuten alles immer sehr „groß“ gespielt werden muss. Du musst mit Deiner Stimme und Deiner Präsenz ja sozusagen den gesamten Saal ausfüllen. Vor der Kamera ist alles wesentlich kleiner und filigraner und Du spielst insgesamt mehr mit Deinem Gesicht als mit Deinem ganzen Körper. Dafür hat dann aber auch die kleinste Regung in Deinem Gesicht eine viel größere Bedeutung als auf einer Theaterbühne, wo viele Besucher Dein Gesicht überhaupt nicht deutlich sehen können.




Welche ist deine größte Stärke und welche deine größte Schwäche?

Puh - diese Frage finde ich immer sehr schwer. Ich würde es so formulieren: Meine grösste Stärke ist, dass ich, wenn es sein muss, super fleissig sein kann - wenn es aber nicht sein muss, bin ich manchmal extrem faul und diese Eigenschaft ist meine grösste Schwäche :-D 

Welche Eigenschaft muss ein Darsteller mitbringen, um dich persönlich als Zuschauer zu fesseln und zu begeistern?

Ich mag es immer sehr, wenn ein Darsteller von „innen heraus“ spielt und ich ihm wirklich glaube, was er oder sie da sagt und tut. Wenn er/sie es schafft, dass ich die Tatsache vergesse, dass da gerade jemand steht und eine Figur „spielt“, dann bin ich absolut begeistert. Es gibt diesen Satz über das Schauspiel : „Nicht spielen , sondern SEIN“ - wenn jemand das schafft, hat er/sie definitiv meine Aufmerksamkeit. Aufgesetztes Gehabe auf der Bühne finde ich grässlich.

Hast du in beruflicher oder privater Hinsicht ein Vorbild in deinem Leben?

Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es ein spezielles Vorbild für mich gibt. Ich treffe immer wieder Menschen und Kollegen, bei denen ich denke: „Von dem/der könnte ich mir mal eine Scheibe abschneiden“ - aber EIN Vorbild in der Hinsicht gibt es nicht.

Was ist dein größter Wunsch für die Zukunft?

Ich wünsche mir sehr, dass ich noch möglichst lange diesen tollen Beruf ausüben und weiterhin spannende Rolle spielen darf….und ein Lottogewinn wäre natürlich auch nicht schlecht ;-)

Lieber Maik, herzlichen Dank für dieses herrlich offene und erfrischende Gespräch! 





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