Es war einmal... - Im Gespräch auf dem Ku'damm der 50er Jahre

Nico Went hat seine Ausbildung an der Universität der Künste in Berlin im Jahr 2018 erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss an sein Studium stand er unter anderem in dem Kindermusical "Yakari - Das Geheimnis des Lebens" auf der Bühne und war in der Produktion "Chicago" in Magdeburg zu erleben. In Hamburg wirkte er in "Die Weihnachtsbäckerei" mit. Zuletzt stand der junge Künstler in der Produktion "Das tapfere Schneiderlein" bei den "Brüder Grimm Festspielen" in Hanau auf der Bühne. Ab November wird Nico Went als Cover für die Rolle des "Freddy" in der Welturaufführung des Musicals "Ku'damm 56" zu sehen sein. Im Hinblick auf sein neues Engagement in Berlin hat sich Nico einigen Fragen gestellt und herausgekommen ist ein sehr sympathisches und offenes Interview, das sich mit seiner Ausbildung, seinem Engagement in Hanau, seinen Erwartungen mit Blick auf das neue Abenteuer im Theater des Westens und vielem mehr beschäftigt. Bühne frei für Nico Went...


Wann bist du das erste Mal mit dem Genre „Musical“ in Berührung gekommen und gibt es einen Zeitpunkt, der für deine Entscheidung, selbst auf der Bühne stehen zu wollen, ausschlaggebend war?

Ich habe erst ziemlich spät erfahren, dass es Musicals gibt und dass man das sogar als Beruf machen kann. Tanz, Gesang und Schauspiel waren ein großer Teil meiner Jugend, aber immer klar getrennt voneinander. Ich habe Standard- und Lateintänze getanzt, war Sänger in der Schulband und habe am Volkstheater Rostock im Theaterjugendclub gespielt. Als ich nach der Schule nach Berlin zog, um „etwas Ordentliches zu studieren“, wollte ich mir irgendein Hobby suchen, bei dem man die drei Sparten verbinden konnte. Ich fand heraus, dass es eine Musical Company in Berlin gab. Dort bewarb ich mich und fuhr jeden Sonntag nach Treptow, um mit der Company selbstgeschriebene Stücke mit Songs aus verschiedensten Musicals zu proben, die wir jedes halbe Jahr aufführten. Am Ende meines Bachelors der Chemie wusste ich, dass ich keine Lust mehr darauf hatte und wollte unbedingt mein Hobby zum Beruf machen, weil ich so viel mehr für Tanz, Gesang und Schauspiel brannte als für die Chemie. Ich bewarb mich an der Universität der Künste in Berlin und zum Glück hat es geklappt! :-)

Du hast dein Studium an der „Universität der Künste“ absolviert. Wie würdest du deine Studienzeit im Nachhinein beschreiben? Was hat dich an der Universität besonders geprägt? 

„Intensiv“ ist, glaube ich, das richtige Wort… auf jeder Ebene. 

Zeitlich intensiv: Jeden Tag von 10-22 Uhr und am Wochenende üben oder an Projekten arbeiten.

Emotional intensiv: Man muss Kritikfähigkeit lernen. Es ist ein emotionales Auf und Ab von "Ich kann Nichts“ und „Ich bin super“.

Körperlich intensiv: Manchmal taten mir nach dem Tanzen Körperregionen weh, von denen ich nicht mal wusste, dass diese existieren, aber so fit wie am Ende des Studiums wird man nicht wieder :D 

Menschlich intensiv: Ich habe mit meinen Jahrgang vier Jahre lang nahezu jede Minute verbracht. Wir haben zusammen gelacht, gestritten, geknutscht, geheult, gefeiert, gelästert, geschwitzt, gelitten, gekämpft, uns angespornt, uns runtergezogen und gekuschelt. Wir kannten uns so gut wie niemand anderes. Manchmal vermisse ich die Zeit mit ihnen. 

Du warst unter anderem in dem Kindermusical „Yakari 2 – Das Geheimnis des Lebens“ zu sehen. Welche Differenzen zeigen sich zwischen einer solchen hauptsächlich für Familien ausgelegten Produktion und einem „klassischen“ Musical? 

Kinderstücke leben häufig von der Interaktion mit den Kindern. Das ist aber immer eine Gratwanderung. Zu wenig Interaktion und die Kinder sind schnell gelangweilt und hüpfen durch den Zuschauerraum oder zu viel Interaktion und die Kinder stehen plötzlich neben dir auf der Bühne, weil sie denken, wir sind beste Freunde. :D Natürlich gibt es auch Unterschiede in den Rollen. In Kinderstücken sind viele Rollen im Kindes- oder Jugendalter, damit sich die Kleinen mit den Charakteren identifizieren können. Gib mir eine Perücke und ich sehe aus wie mit 14 Jahren. Ich freue mich, dass ich endlich Falten bekomme und bin mehr als bereit, erwachsenere Rollen zu spielen... haha. 

Zuletzt warst du in Hanau in der Inszenierung „Das tapfere Schneiderlein“ zu erleben. Welche Erinnerungen verbindest du mit dieser Zeit? Was macht den Zauber der alljährlichen „Brüder Grimm Festspiele“ aus? 

Mit dem diesjährigen Sommer in Hanau verbinde ich die tollsten und verfressensten Kollegen, die man haben kann ;-) Jeden Tag zwischen den beiden Vorstellungen gegrillt und dann ab in den Pool, den uns unser musikalischer Leiter Damian Omansen zur Premiere geschenkt hat. Die Festspiele waren ein unglaublich toller Arbeitgeber, der versucht hat, alle Darsteller so gut und fair wie möglich durch die Coronakrise zu manövrieren. Danke dafür! Jedes Jahr werden neue Märchen auf die Bühne gebracht und alle Abteilungen sind mit vollem Herzen dabei, jedes einzelne zu einem zauberhaften Abendprogramm zu machen. Klingt etwas kitschig, stimmt aber. Ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Jahr Teil von der Produktion „Das Tapfere Schneiderlein“ sein durfte. 

In Berlin wirst du in dem Musical „Ku’damm 56“ mitwirken. Dort wirst du unter anderem als Cover für die Rolle des „Freddy“ auf der Bühne stehen. Wann wurdest du informiert, dass du Teil des Stücks sein wirst und welche Erwartungen hast du an dieses neue Engagement? 

Ich wusste bereits seit März 2019, dass ich Teil des Stückes sein werde. Ich hatte mich für diese Audition vorbereitet, wie für keine andere zuvor, weil ich unbedingt dabei sein wollte. Es ist eine neue deutsche Erstaufführung im Theater des Westens in Berlin, die gleichnamige ZDF-Serie ist die Vorlage und die Musik ist von Peter Plate und Ulf Leo Sommer. Ich glaube, das kann ganz groß werden. Wir alle können es kaum erwarten, dass die Proben endlich losgehen! 

Wann beginnt für dich der Probenprozess und gab es bereits ein Zusammentreffen der gesamten Cast?

Am 18.10. beginnen die Proben. Noch gab es kein Zusammentreffen, aber viele Gesichter kenne ich bereits. 

Kannst du vielleicht all jenen, die noch keine Berührungspunkte mit der Geschichte hatten, ein wenig mehr über die Figur des Freddy erzählen? Was zeichnet diesen Charakter aus und was fasziniert dich besonders an dieser Rolle? 

Das Stück spielt in der Nachkriegszeit 1956. Freddy ist Musiker und Freigeist. Verdient sein Geld, indem er deutsche Marschmusik und Walzer spielt, aber sein Herz schlägt eigentlich für Rock'n'Roll. Er ist ein cooler Typ und die Frauen stehen auf ihn, aber auch bei ihm hat der Krieg ein tiefes Trauma hinterlassen. Ich freue mich sehr, dass ich als Cover Freddy das erste Mal in meiner Karriere die Möglichkeit habe, eine Hauptrolle zu spielen und die Höhen und Tiefen dieses Charakters darzustellen. 

Warum sollte man sich die neue Produktion im Theater des Westens auf gar keinen Fall entgehen lassen? 

Ich glaube, "Kudamm56" kann etwas ganz Großes werden. Mit Peter Plate und Ulf Leo Sommer bekommt das Stück einen musikalischen Klang, den man in Musicals noch nicht gehört hat, aber der für den deutschen Zuhörer trotzdem sehr vertraut ist, weil es feinster Deutsch-Pop ist. Die Story war bereits im Rahmen der TV-Serie packend und das wird sie auch im Musical sein. Das komplette Team gibt alles, um dieses Stück zu einem Erfolg zu machen. 

Gibt es eine Traumrolle, die du unbedingt einmal verkörpern möchtest? 

Ich singe bei allen Auditions den Song "Heaven On Their Minds" aus "Jesus Christ Superstar". Judas ist auf jeden Fall eine Rolle, die ich gerne einmal spielen würde. 

Was muss ein Musicaldarsteller mitbringen, um dich als Zuschauer fesseln zu können? 

Leidenschaft :-)

Welchen Moment aus den vergangenen Jahren würdest du gerne noch einmal erleben? 

Ich habe 2019 den Deutschen Theater Musical Preis für die Kategorie „Bester Darsteller in einer Nebenrolle“ bekommen. Der Moment, in dem mein Name aufgerufen wurde, erschien so unwirklich, aber gleichzeitig so bestätigend. 

Was ist dir das Wertvollste, das dir die Arbeit auf der Bühne geschenkt hat? 

Selbstbewusstsein und ein Gefühl für den eigenen Körper. 

Was bedeutet der Begriff „Heimat“ für dich persönlich? 

Wenn ich in der Heimat bin, bin ich arbeitslos... haha. 


Schnellfragerunde: 

Lieblingsort in Berlin? - Mein Balkon 

Erstes Musical, das du gesehen hast? - "König der Löwen" 

Drei Eigenschaften, die dich charakterisieren… -  Ich lache viel, ich bin sehr rational, Naschkatze 

Vorbild? - Mmh. Ich weiß nicht wieso, aber diese Frage kann ich nie beantworten. Habe irgendwie keines. 

Was versüßt dir den Start in den Tag? -  Schweineohr mit Schoko 

Dafür bin ich besonders dankbar… - Typisch Generation Y. Dass ich meinen Weg zur Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung gefunden habe.


Herzlichen Dank für dieses herrliche Interview, lieber Nico! Es war eine große Freude, gemeinsam mit dir auf deine vergangenen sowie deine anstehenden Projekte zu blicken und mehr über deinen Weg auf die Bühne zu erfahren. Alles Gute für dein Engagement in Berlin! Die Musicalwelt ist gespannt, dich ganz bald als "Freddy" im Theater des Westens erleben zu dürfen!


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