Ein Blick hinter die Kulissen der Tanzschule "Galant" - Im Interview mit Nele Neugebauer

Nele Neugebauer absolvierte ihre Ausbildung zur Musicaldarstellerin an der "Performing Academy" in Wien und entschied sich im Anschluss dazu, ein Masterstudium an der "Royal Academy of Music" in London anzutreten. Die Künstlerin war bereits in ganz unterschiedlichen Produktionen, wie beispielsweise "Cabaret", "Addams Family" oder auch "Fame" zu erleben. Am Theater Erfurt stand die gebürtige Leipzigerin sowohl in "Der Name der Rose" als auch in "Grimm!" auf der Bühne. Aktuell ist sie Teil des Ensembles von "Ku'damm 56", welches im Theater des Westens das Berliner Publikum allabendlich begeistert. Natürlich habe ich die Gunst der Stunde genutzt und Nele zu einem kleinen Interview eingeladen, das sich mit ihrem Weg auf die Bretter, die die Welt bedeuten, ihren Auditions für "Ku'damm", ihrem Cover der weiblichen Hauptfigur "Monika" und vielen weiteren spannenden Themen befasst. Wer also nun neugierig geworden ist, sollte unbedingt einen Blick auf Neles höchst lesenswerte Antworten werfen...


Wann hast du die Welt des Musicals für dich entdeckt und entschieden, dass du gerne selbst auf der Bühne stehen möchtest?

Auf Musicals bin ich eigentlich erst recht spät gestoßen, zu diesem Zeitpunkt müsste ich ungefähr 14 Jahre alt gewesen sein. Da haben wir bei uns an der Schule “Little Shop of Horrors” aufgeführt. Aber die Bühne hab ich schon mit etwa drei Jahren entdeckt. Ich habe “Schwanensee” gesehen und daraufhin meine Kindheit mit Ballett verbracht, bis ich den Film “Moulin Rouge” gesehen habe und anschließend unbedingt Schauspielerin werden wollte.

Du hast deine Ausbildung an der „Performing Academy“ in Wien absolviert. Zudem konntest du auch Erfahrungen an der „Royal Academy of Music“ in London sammeln. Inwiefern hat sich die Ausbildung an diesen beiden Orten unterschieden und was war das Wichtigste / Prägendste, das du während dieser Zeit gelernt hast?

Puh, das ist eine umfassende Frage. Also, unterschieden haben sich die beiden vermutlich durch ihre Schwerpunkte. In Wien haben wir uns stark auf den Tanz konzentriert und aufgrund der Tatsache, dass ich eine fantastische Schauspiellehrerin, Ruth Brauer-Kvam, hatte, war mein persönlicher Schwerpunkt das Schauspiel. Mein Studium in London fokussierte sich stark auf Gesang, die Stimme und die vielen verschiedenen Arten, wie man sie einsetzen kann. Außerdem konzentrierte ich mich sehr stark auf meinen Dialektunterricht, um möglichst akzentfrei Englisch sprechen zu können. 

Das Wichtigste, das ich in beiden Studienzeiten gelernt habe, ist gleichzeitig etwas, woran ich immer noch arbeite, nämlich das Selbstbewusstsein, Fehler zu machen und diese als Lernprozess und als Teil des Ausprobierens zu betrachten - einfacher gesagt, ein bisschen netter zu mir selbst zu sein.

Du hast bereits in verschiedenen Produktionen mitgewirkt. Gibt es einen Moment auf oder hinter der Bühne, welcher dir in all diesen Jahren besonders in Erinnerung geblieben ist?

Es gibt natürlich sehr viele besondere Momente mit Kollegen etc., aber das, was mir als erstes eingefallen ist, ist tatsächlich ein Bühnenunfall. Ich habe 2018 in “Cabaret” im Tipi am Kanzleramt mitgespielt und bin von der Bühne ins Publikum gefallen. Gott sei Dank ist mir nichts passiert und ich muss immer lachen, wenn ich daran denke!

Aktuell bist du Teil der Cast von „Ku’damm 56“, die die Zuschauer allabendlich in Berlin begeistert. Wann fanden die Auditions für diese Show statt und wie haben sich diese gestaltet? Nimm uns gerne einmal ein wenig mit in diesen „Bewerbungsprozess“ für „Ku’damm“...

Ich bin sehr sehr spät zu "Ku’damm" dazugekommen. Als die ursprünglichen Auditions liefen, war ich in London und konnte leider nicht nach Deutschland kommen. Es wurde dann aber nochmal für zwei Positionen nachgecastet und ich wurde eingeladen. Ich musste mehrere Szenen und Lieder zur Audition vorbereiten und es gab einen Dance Call mit unserem Choreographen Jonathan Huor. Ich habe dann auch direkt einen Tag später Bescheid bekommen, dass ich Teil der Produktion sein werde. Das war am 2. Oktober und unsere Proben haben am 18. Oktober angefangen. 

Du coverst dort unter anderem die Rolle der „Monika“. Kannst du vielleicht all jenen, die noch keine Berührungspunkte mit der Geschichte hatten, ein wenig mehr über diese Figur erzählen? Was zeichnet diesen Charakter aus und was begeistert dich besonders an dieser Rolle? 

"Monika" zu spielen ist ein riesiges Geschenk. "Monika" ist unangepasst und rebellisch, aber nicht, weil sie anecken möchte, sondern weil sie so einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hat und unglaublich emphatisch ist. Das passt mit dem engen Konstrukt, in dem sich Frauen in den 50ern bewegen durften, nicht zusammen. Sie ist zutiefst feministisch, ohne das bewusst sein zu wollen, was fantastisch ist. Außerdem mag ich persönlich sehr ihren trockenen Humor und ihre Leidenschaft.

Eigentlich begeistert mich alles an der Figur, vielleicht ganz besonders die Tatsache, dass sie so eine Außenseiterin ist und dennoch im Mittelpunkt der Geschichte steht. Es ist so wichtig, dass wir Monikas Geschichte erzählen, wir leben zwar jetzt vermeintlich in einer Welt der Gleichberechtigung, aber wenn wir unseren Blick auf viele Länder der Erde richten, dann wissen wir, dass wir von tatsächlicher Gleichberechtigung noch weit entfernt sind.

Hattest du schon die Gelegenheit, die Inszenierung aus dem Zuschauerraum zu bewundern? Was ist in deinen Augen das Faszinierende an diesem Musical?

Ja, ich durfte das Stück schon einmal sehen und war begeistert. Ich liebe es, wie das Stück geschrieben, bzw. inszeniert ist. Die Übergänge zwischen den Szene und Liedern sind so fließend. Außerdem finde ich wirklich, dass wir ein großartiges Ensemble haben und es eine Freude ist, jedem Einzelnen zuzusehen. Die Musik passt ebenfalls hervorragend zur Stimmung des Stückes und trägt die Geschichte voran.

Du probst momentan bestimmt fleißig für diese Hauptrolle, oder? Wie empfindest du den Probenprozess und weißt du bereits, wann man dich das erste Mal in dieser Rolle wird bewundern können?

Tatsächlich liegen jetzt inzwischen bereits acht Shows, in denen ich "Monika" spielen durfte, hinter mir. Meine Premiere hatte ich am 2. Januar. Der Probenprozess hat mir großen Spaß gemacht und war eine tolle Herausforderung.

Was ist das Wertvollste, das dir die Arbeit auf der Bühne geschenkt hat?

Spaß und das Gefühl, vollkommen in einem Moment zu sein.

Gibt es eine Produktion auf deiner „inneren Liste“, in der du besonders gerne einmal mitwirken würdest?

Oh, da gibt es viele! An oberster Stelle steht bei mir immer “Funny Girl”, aber es gibt so viele tolle Stücke, die ich gerne spielen würde…

Die Weihnachtszeit liegt nun schon wieder hinter uns. Wie hast du in diesem Jahr die Festtage verbracht und was darf für dich an diesen Feiertagen im Dezember keinesfalls fehlen?

Ich war dieses Jahr allein in Berlin. Es gab in meinem näheren Umkreis leider Covidfälle und ich wollte meine Familie nicht gefährden. Es war aber trotzdem sehr schön, ich habe über FaceTime mit meiner Familie gefeiert! Und was nicht fehlen darf sind Familie, Freunde und Räucherkerzen.

Was bedeutet der Begriff „Heimat“ für dich persönlich?

Da muss ich jetzt wieder mit den Begriffen "Familie" und "Freunde" antworten. Ich hab schon an sehr vielen Orten der Welt gelebt und verbinde Heimat tatsächlich nicht mit einem bestimmten Ort, sondern mit bestimmten Menschen. Klingt kitschig, ist aber so.


Schnellfragerunde:

- Lieblingssong aus "Ku‘damm?" - "Was wäre wenn"

- Lieblingsfilm/ -serie? - Viel zu viele, um sie alle aufzuzählen!

- Was versüßt dir den Start in den Tag? - Kaffee, Kaffee, Kaffee 

- Traumreiseziel? - Ich würde gerne die ganze Welt bereisen. Momentan möchte ich am liebsten einmal nach Australien.

- Wenn ich mit einem meiner Kollegen aus „Ku’damm“ für einen Tag die Rolle tauschen könnte, wäre es... - Katja Uhlig, die die "Caterina" spielt!

- Ein Zitat, das dich geprägt hat? - "There are no mistakes, just different possibilities."

- Ein Leben ohne Musik wäre für mich... - Unfassbar traurig 


Ein großes Dankeschön für dieses authentische und sympathische Gespräch! Es war eine große Freude, sich auf einen kleinen Streifzug durch deine Ausbildung und den Weg auf die Bühne zu begeben und gemeinsam mit dir in die Welt von "Monika" einzutauchen. Ich wünsche dir alles Gute für 2022 und hoffe, dass dieses Jahr viele positive Überraschungen für dich bereithalten wird.



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