Aus dem Leben einer Vollblutkünstlerin - Im Interview mit Florentine Beyer

Florentine Beyer begann 2016 ihr Studium im Bereich "Musical/Show" an der Universität der Künste in Berlin. Zuvor wurde sie bereits an verschiedenen Schulen im Tanz ausgebildet, so erhielt sie beispielsweise ein Stipendium an der Ballett-Akademie Hochschule für Musik und Theater in München. Ihr beruflicher Weg führte die gebürtige Augsburgerin schon auf zahlreiche Bühnen. Am Ingolstädter Stadttheater war sie in der Produktion "Frau Luna" zu erleben und verkörperte in der Operette "Die Schöne Helena" die Hauptrolle. Zudem war Florentine Teil der Show "Drachenherz", die in Chemnitz und Berlin gezeigt wurde. Im vergangenen Jahr stand die Sängerin bei den Burgfestspielen Mayen in der Produktion "Die Schöne und das Biest" als "Belle" auf der Bühne, und schlüpfte außerdem in der Inszenierung von "Carmen" in die Rolle der "Micaela". Die junge Künstlerin hat sich netterweise die Zeit für ein paar Fragen genommen und wird euch nun im Folgenden einige lesenswerte Einblicke in ihren Berufsalltag gewähren. So hat Florentine in diesem Interview beispielsweise so manche spannende Erinnerung aus ihrer Studienzeit im Gepäck und verrät mehr über den Ablauf und die Herausforderungen an der Uni. Natürlich blickt ihr auch mit Florentine ein wenig hinter die Kulissen und erfahrt, welche Wünsche und Träume die sympathische Darstellerin auf ihrem Weg begleiten. Vorhang auf für Florentine Beyer...

(c) P. Seydel

Welches war das erste Musical, das in dir die Begeisterung für dieses Genre hervorgerufen
hat und wo hast du selbst deine ersten Bühnenerfahrungen gemacht?

Als Kind habe ich „König der Löwen“ in Hamburg gesehen und das hat mich völlig
begeistert. Damals war mir nicht so bewusst, dass das ein Beruf für mich sein könnte, aber
ich war einfach völlig geflasht und tief berührt von der Musik, der Geschichte, den Farben.
Meine eigenen ersten Bühnenerfahrungen hab ich mit fünf Jahren gemacht, ich habe früh mit Ballettunterricht angefangen und durfte damals dann als Ameise im „Dschungelbuch“ strahlen! :)

Wann stand für dich fest, dass du beruflich als Künstlerin auf der Bühne stehen möchtest, und wie hat dein Umfeld auf diese Entscheidung reagiert?

Hmm, ich glaube das war ein fließender Übergang. Ich habe immer schon viel getanzt und auch gesungen. In der Grundschule bekam ich ein Stipendium für die Heinz-Bosl-Stiftung in München, an der ich zwei Jahre ausgebildet wurde. Wenn ich nicht wieder ausgestiegen wäre, hätte die Ausbildung mich auf eine professionelle Ballettkarriere vorbereitet - d.h. der künstlerische Bühnenberuf war schon damals irgendwie nah an mir dran.
Reines Ballett war es dann aber doch nicht für mich, wobei ich immer sehr verbunden mit dem Tanz blieb. Erst als Gesang und Schauspiel dazukamen, bin ich auf den Beruf der Musicaldarstellerin gekommen und als ich den Studienplatz an der "Universität der
Künste" in Berlin bekam, war mein Berufsweg dann klar.
Mein Umfeld war wahrscheinlich nicht besonders überrascht, da die Kunst immer schon ein Teil von mir war und ich immer sehr stark unterstützt wurde, das zu machen, was mir Freude bereitet! :) Das
wünsche ich jedem!

(c) Antonia Mathia

An der Ballett-Akademie der Hochschule für Musik und Theater in München hast du eine
dreijährige Tanz-Ausbildung erhalten. Was fasziniert dich besonders am Tanzen?

Es fließt einfach durch mich hindurch. Ich kann nur schwer Musik hören, ohne dass mein Körper den Impuls hat, sich dazu zu bewegen. Das führt manchmal dazu, dass, wenn ich durch die Stadt laufe und aus jedem zweiten Geschäft Musik dudelt, ich immer wieder anfange zu tanzen ;-) Ich liebe es einfach, mich zu bewegen. Ich kann so ausdrücken, was ich fühle!

Du hast dein Studium im Bereich Musical / Show an der „Universität der Künste“ in Berlin
absolviert. Wie würdest du deine Studienzeit im Nachhinein beschreiben? Was hat dich an
der Universität besonders geprägt?

Es war eine emotionale Achterbahnfahrt. Ich habe fachlich viel gelernt. Ich habe mich selbst
kennengelernt, mir eigene Meinungen gebildet. Ich bin gesundheitlich oft über meine Grenzen gegangen und habe daraus gelernt, dass mir das in dem Maß nicht gut tut. Ich habe wahnsinnig schöne Erfahrungen gemacht und wahnsinnig anstrengende Momente erlebt. Ehrlich gesagt habe
ich mich nach dem Studium erstmal einige Monate erholt. Irgendwas in mir hat da einen ganz schönen Knacks erfahren - in meinem Fall war das Studium auch eng verbunden mit Liebesgeschichte und Herzschmerz. Da kommt dann alles zusammen.
Aber trotz allem bin ich so dankbar für diese vier außergewöhnlichen Jahre und würde es 
definitiv wieder tun.

Kannst du uns vielleicht etwas mehr über den Ablauf eines solchen Studiums verraten? Wie lange hat deine Ausbildung dort gedauert und aus welchen fachlichen Bereichen hat sich diese zusammengesetzt? 

Die Ausbildung dauert vier Jahre. Die drei Hauptsparten sind Gesang, Tanz und Schauspiel, d.h. wir haben vormittags Tanzunterricht und den Rest des Tages abwechselnd Schauspiel, 
Einzelgesang, und Musicalarbeit. Dazu kommen Nebenfächer, wie beispielsweise Sprechunterricht, Gehörbildung, Musik- und Theatergeschichte, Klavier, Chor etc.
Diese werden durch Projektarbeit ergänzt, die sehr unterschiedlich ausfallen kann. 
Über die Jahre gibt es diverse Schauspielarbeiten, die Erstie-Präsentation in Jahr Nummer eins, die 
Collage im zweiten Jahr, Gesangsabend, Operette und Abschlussstück im dritten Jahr und Wiederaufnahme sowie Abschlussarbeit im vierten und letzten Jahr. Dazu kommen dann noch Prüfungen in den verschiedenen Fächern. 
Das bedeutet, es ist schon ein ganz schönes Pensum und man ist je nach Phase von 10 Uhr bis 22 Uhr in der Uni.

(c) Gabriele Bruschi 

Was war für dich die größte Herausforderung an der Universität der Künste?

Gesund zu bleiben!
Es war ein ganz schönes Programm - nervlich, persönlich und inhaltlich. 
Ich habe das Gefühl, ab dem zweiten Jahr waren wir alle immer abwechselnd krank und 
haben uns ständig angesteckt. Das ist dann ganz schön heftig, wenn man Shows oder 
Prüfungen hat und es irgendwie keine Verschnaufpause gibt. 

Bei den Burgfestspielen Mayen hast du in der Rolle der „Belle“ in dem Musical „Die 
Schöne und das Biest“ auf der Bühne gestanden. Wie hast du die Zeit bei den 
Burgfestspielen empfunden und was hat dich an der Rolle der „Belle“ besonders gereizt? 

Wir hatten ein wundervolles lustiges Ensemble mit viel Spielfreude und der tollen 
Regisseurin Katharina Fillers. Die Probenzeit dieses Stückes war mein Highlight bei den 
Burgfestspielen, ich habe sehr viel durch die KollegInnen gelernt, habe begonnen, mir selbst zu vertrauen und meine Spielfantasie wurde geweckt. Das Tolle an der „Belle“ ist, dass sie ein selbstbewusstes, aufrichtiges, pures Mädchen ist, das sich mutig und ebenbürtig dem Biest entgegenstellt. Sie lernt ihre eigene Kraft kennen. Und die Liebesgeschichte zwischen den 
beiden entwickelt sich sehr schön - durch anfängliches Misstrauen und Trotz, 
Fluchtversuche, über vorsichtige Neugier und dann schließlich Freundschaft. Und diese 
wird dann tatsächlich zu wahrer Liebe. Ich finde, es ist eine wunderschöne Geschichte für Junge und Erwachsene.

Gibt es eine Traumrolle, die du in der Zukunft unbedingt einmal verkörpern wollen 
würdest? 

Ja, ich würde gern einmal "Momo" aus der gleichnamigen Geschichte und "Ronja" aus dem Stück "Ronja Räubertochter" spielen. 


Was muss ein Künstler mitbringen, um dich als Zuschauerin begeistern und fesseln zu 
können? 

Puh, ich denke, sobald er/sie von und mit seinem Herzen etwas kreiert, bin ich am Start. 
Und dann ist es natürlich auch immer noch eine Geschmacksfrage. 

Welche drei Dinge würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen wollen? 

Das ist zwar kein Gegenstand, aber ich brauche definitiv mindestens eine gute Freundin oder einen guten Freund. 
Ein Tagebuch mit unendlich vielen Blättern plus Stift, der niemals leer wird. 
Und ein Messer wäre wohl auch ganz praktisch. 

Mit welcher (berühmten) Persönlichkeit würdest du gerne einmal einen Tag verbringen 
wollen und welche Fragen hättest du an diese Person? 

Alicia Keys, Beyoncé oder Billie Eilish. Die Fragen würden wohl bei allen drei Künstlerinnen gleich ausfallen. 
Aber den ganzen Tag am liebsten mit Alicia Keys - ich glaube, wir würden ganz gut 
miteinander viben ;-) Ich würde sie fragen, wie sie sich und ihrer Kreativität und ihrem 
persönlichen Ausdruck so treu bleibt, wie ehrlich sie als Künstlerin ist und wie sie die Herausforderungen gemeistert hat, bei denen sie Grenzen setzen sowie überschreiten musste. Außerdem würde ich gerne von ihr wissen wollen, ob sie eine ihrer Entscheidungen bereut, und welche ihre größte Lernerfahrung war. 

(c) P. Seydel

Welche ist deine größte Stärke und welche deine größte Schwäche?

Meine größte Stärke ist, dass ich sehr verbunden mit mir bin. Außerdem bin ich mutig und spüre sowie teile gerne viel Liebe und Freude. Eine Schwäche ist, dass ich manchmal Menschen 
von dieser Freude stur überzeugen will, obwohl sie diese ab und an einfach nicht empfinden können/wollen. 
Da kann ich noch etwas lernen ;) Und aufgrund der Tatsache, dass ich meine innere Stimme so gut hören kann, bin ich manchmal ganz schön streng mit mir selbst, wenn ich einmal nicht mutig bin bzw. der Stimme einmal nicht folge. Da geht dann ein innerer Krieg los ;-)

Was bedeutet "Glück" für dich persönlich?

Glück entsteht für mich dann, wenn alles fließt. Alles fließt, wenn ich vollkommen vertraue. 


Schnellfragerunde: 

- Lieblingsmusical? - "König der Löwen" (weil es uns so viel lehren kann, was die Menschheit aktuell so braucht)

- Lieblingsbuch? - Zur Zeit: "Bridgerton"

- Traumreiseziel? - Portugal!

- Motivation an anstrengenden Tagen? - Annehmen, was ist. Sich Liebhaben, auch wenn es gerade schwer ist und Vertrauen in sich selbst haben.

- Dein größter Wunsch? - Dass die Liebe und der Frieden auf diesem Planeten weiter wachsen und wir uns selbst und unsere Mitmenschen bedingungslos annehmen und somit eine neue Gemeinschaft und ein System kreieren, das auf Frieden, Gleichheit, Freude, Vertrauen, Schönheit, Fülle und 
Dankbarkeit basiert.

- Auf der Bühne zu stehen, bedeutet für dich...? - Aufregung, Lebensfreude, Kreativität, Verbindung

Vielen lieben Dank für dieses nette Gespräch, liebe Florentine. Ich freue mich sehr, dass du die Zeit gefunden hast, uns ein wenig durch deinen Alltag auf der Bühne zu führen und einige deiner Erinnerungen, Geschichten und Anekdoten mit uns zu teilen. Ich wünsche dir für deinen weiteren Weg - sowohl künstlerisch als auch menschlich - alles, alles Gute! 

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