Die fabelhafte Welt des André Haedicke

André Haedicke absolvierte sein Studium im Bereich "Musical/Show" an der Universität der Künste in Berlin, wo er 2012 seinen Abschluss erhielt. Anschließend zog es ihn auf zahlreiche Theaterbühnen und sein beruflicher Weg führte André beispielsweise nach Tecklenburg, wo er in der Produktion "Der Schuh des Manitu" zu sehen war. Auch in "Footloose", "Gypsy" und "Die fabelhafte Welt der Amélie" konnte man den sympathischen Künstler erleben. In Fulda war er Teil der Produktion von "Die Päpstin" und in Hanau stand er in dem Musical "Dornröschen" auf der Bühne. Nun hat es André wieder nach Fulda verschlagen, denn aktuell ist der Darsteller in dem Stück "Robin Hood" zu erleben, wo er die Rolle des "Bruder Tuck" verkörpert. Doch er ist nicht nur immer wieder auf großen Musicalbühnen zu erleben, sondern konnte auch bereits mit seinem eigenen Solo-Programm "Dick im Geschäft" begeistern und einen bunten Abend ganz nach seinem Geschmack und Humor gestalten. 
Im folgenden Interview haben wir natürlich über Andrés aktuelles Engagement im Schlosstheater gesprochen, aber der Künstler verrät in seinen Antworten auch so einiges über seinen Weg auf die Bühne und nimmt uns mit auf eine kleine Reise durch sein Theaterleben. Seid gespannt! Nun wünsche ich euch ganz viel Freude beim Schmökern und Entdecken!

Wann bist du das erste Mal mit Musicals in Kontakt gekommen und wann stand für dich fest, dass du selbst als Künstler auf der Bühne stehen möchtest?

Ich empfand mich als Zugezogener von der Stadt in ein kleines hessisches Dorf in Kinderzeiten oft als Außenseiter. Mit Feuerwehr und Fußball konnte ich nichts anfangen. Über einen Zufall kam ich als kleiner Bub in den Chor für das Weihnachtssingspiel in der Kirche. Und von da aus ging es weiter zu Schulmusicals, zum Theaterverein, bis hin zum Studium an der UdK. In mein erstes Musical wurde ich „mitgeschleift“: "Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat". Danach ging ich freiwillig mit.

                        (c) Andrei Constantin

Dein Studium hast du an der „Universität der Künste“ in Berlin absolviert. Wie würdest du diese Zeit rückblickend beschreiben und was war das Wichtigste, das du während deines Studiums gelernt hast?

In Berlin studiert zu haben, empfinde ich nach wie vor als ein großes Geschenk. Wir hatten fantastische Lehrende und es war zeitgleich genauso anstrengend und fordernd wie es auch befreiend war.
Während der Studienzeit habe ich vieles noch nicht verstanden, bei 12 Stunden - Tagen kommt das Gehirn gar nicht so schnell hinterher. Es brauchte mitunter einen größeren Abstand und das Arbeiten auf
der Bühne und als Lehrer, bevor mir wirklich klar wurde, mit wieviel Verstand, Leidenschaft und Knowhow die Lehrenden auf mich eingewirkt haben. Das Wichtigste, was ich gelernt habe, ist, auf mich und mein Können zu vertrauen, und dass Irritation im Arbeitsprozess gut ist.

In der Produktion „Die fabelhafte Welt der Amélie“ standest du im Werk7-Theater in München auf der Bühne. Dieses Theater stellt
einen ganz besonderen Spielort dar. Bitte beschreib doch einmal kurz, inwiefern sich dieses Theater von anderen unterscheidet, und verrate uns doch gerne, wie du das Spiel in solch einem Rahmen empfunden hast.

Ich liebe das Werk7-Theater in München. Es war früher eine Kartoffellagerhalle und wurde zu einem Theater mit ebenerdiger Bühne und 180 Grad - Zuschauertribühne umgebaut. Es gibt ganz viele Besonderheiten: Was ich am meisten mochte, war, dass man alle an der Produktion beteiligten Menschen täglich sieht - das ist in größeren Häusern nicht so. Und alle, die am Theater arbeiten, egal, ob als kulturschaffende Person oder am Einlass, in der Technik, in der Verwaltung…, sind am Gelingen eines Theaterabends beteiligt - es geht nur zusammen. Übrigens: Das Werk7-Theater wurde wiedereröffnet und zeigt feines unterhaltendes Theater. Ein Blick auf die Homepage lohnt sich. Ich selber spiele vom 25.-27.11.22 und am 3./4.12.22 wieder mit unserer Produktion „Eine Frau, die weiß, was sie will!“ im Werk7-Theater.

Du hast dort ganz unterschiedliche Rollen verkörpert. Wen durftest du in der Show spielen und welche Herausforderungen haben die unterschiedlichen Charaktere für dich bereitgehalten?

Wir haben bei "Amélie" fast alle mehrere Figuren gespielt, weil wir ein kleines Ensemble waren. Meine Hauptparts waren der Dichter Hipolito, Elton John und der Gartenzwerg. Was mich besonders
interessiert hat, war die Arbeit als Puppenspieler. Die große Herausforderung bestand für mich darin, jeder Rolle eine andere Gestik, Mimik, Sprache zu geben und das in Windeseile abrufen zu können.

Aktuell bist du in Fuldas neuem Musical „Robin Hood“ zu erleben. Wie verlief der Probenprozess für diese Inszenierung? Wann haben eure Proben begonnen und welches Gefühl war es, den Zuschauern dann ab Ende Mai das Gesamtergebnis in Preview bzw. Premiere präsentieren zu dürfen?

Es ist für das ganze Team rund um „Robin Hood“ ein wunderbares Gefühl, endlich vor Publikum zu spielen. Der Probenprozess für eine „Uraufführung“ ist immer zu knapp und wartet mit vielen Überraschungen und Unsicherheiten auf - immerhin wird das Stück zum ersten Mal inszeniert. Wobei uns Matthias Davids (Regie) und Kim Duddy (Choreografie) mit einer unglaublichen Ruhe und Klarheit durch die Probenzeit geführt haben.

Leider musste die Premiere des Stücks aufgrund der pandemischen Situation mehrfach verschoben werden, jedoch habt ihr die vorfreudigen Musicalfans bereits im vergangenen Jahr mit einem Streaming-Konzert beglückt, im Rahmen dessen erste Einblicke in die Inszenierung gegeben wurden. Wie hast du dieses Konzert der besonderen Art erlebt?

Wir Darstellende haben uns seit 2020 immer wieder mit dem Stück auseinandersetzen können und das Streaming-Konzert war sicher ein Highlight. Das ist auch das Tolle an der Produktionsfirma "Spotlight": Die Jungs und Mädels lassen sich nicht lumpen.

Die Kompositionen zur Show stammen aus der Feder von Dennis Martin und Chris de Burgh. Inwiefern hat auch zwischen euch
Darstellern und dem irischen Weltmusiker ebenfalls eine Zusammenarbeit stattgefunden und wie hast du diese empfunden?

Chris de Burgh war immer wieder virtuell oder live vor Ort - ob beim Reading, Streaming-Konzert, Probenstart oder auch am Tag der Premiere.

Abseits der aktuellen Produktion warst du in Fulda auch schon in dem Erfolgsmusical „Die Päpstin“ zu erleben. Was macht deiner
Meinung nach den Charme der Fuldaer Inszenierungen aus und warum kehrst du immer gerne ins Schlosstheater zurück?

Fulda ist zum einen eine schöne, kleine, lebenswerte Stadt. Auf mich wirkt es fast so, als wäre ganz Fulda im Musicalsommer involviert. Die gegenseitige Unterstützung dort ist deutlich spürbar (es gibt sogar ein "Bruder Tuck Eis" in der hiesigen Eisdiele). Ich glaube, dass macht auch einen Teil des Erfolges aus - neben den bombastischen Stücken. In Fulda zu arbeiten ist immer wieder auch eine Grenzerfahrung, denn wir spielen in kurzer Zeit sehr viele Vorstellungen.

Spotlight wagt sich gerne an die Umsetzung historischen Stoffes und lässt bekannte Helden aus Buch oder Film neu aufleben. Wie gehst du an die Erarbeitung solcher Stücke heran? Setzt du dich mit dem historischen Kontext auseinander? Wirfst du vor Probenbeginn noch einmal einen intensiven Blick auf die Vorlagen? 

Das kommt immer auf den Einzelfall an. Bei "Robin Hood" habe ich mir ganz bewusst keine Filme vorher angesehen oder Bücher 
gelesen. Stattdessen habe ich mich sehr ausführlich mit Skript und Musik beschäftigt. Wir zeigen eine sehr spannende Version von 
"Robin Hood", die mitunter auch ein wenig düster ist - dem Produktionsteam war es wichtig, mit der Figur des Bruder Tuck eine 
gewisse Leichtigkeit in die Show zu bekommen.

                         (c) Michael E. Werthmüller

Gibt es eine Produktion auf deiner „inneren Liste“, in der du besonders gerne einmal mitwirken würdest?
 
Ganz viele und doch keine konkret. :-)

Was muss ein Musicaldarsteller mitbringen, um dich als Zuschauer fesseln zu können? 

Ich will von einem Menschen auf der Bühne emotional berührt werden. Natürlich sind eine tolle Stimme und ein ausdrucksstarker Körper von Vorteil, aber zuallererst möchte ich der Person auf der Bühne glauben und 
mich in ihre Geschichte ziehen lassen.

Was ist das Wertvollste, das dir die Arbeit auf der Bühne geschenkt hat? 

Die Möglichkeit, das zu tun, was ich liebe und immer wieder neue Seiten an mir und neue Möglichkeiten, Künstler zu sein, zu entdecken.

In "Robin Hood" heißt es: „Freiheit für Nottingham!“ – Was bedeutet der Begriff "Freiheit" für dich persönlich? 

Freiheit bedeutet für mich, das machen zu können, was ich will, den Menschen offen zu lieben, den ich liebe und ganz aktuell: in Frieden zu leben!


Schnellfragerunde:

- Lieblingsbuch? - "Der Herr der Ringe"

- Diese drei Dinge müssten mit auf eine einsame Insel... - Meine Katzen und mein Verlobter

- Lieblingssong aus "Robin Hood"? - Natürlich "Komm, wir lassen Fünfe g'rade sein"

- Was versüßt dir den Start in den Tag? -Kuchen (gerne zu jeder Tageszeit)

- Vorbild? - Nö 

- Darauf bist du besonders stolz... - Auf das Leben, das mein Verlobter und ich uns aufgebaut haben

Lieber André, vielen lieben Dank, dass du dir die Zeit für meine Fragen genommen und gemeinsam mit uns auf einige Stationen deines bisherigen beruflichen Weges geblickt hast. Es war eine Freude, mit dir einen kleinen schriftlichen Streifzug unternehmen und dich über deine sehr lesenswerten Antworten besser kennenlernen zu dürfen. Weiterhin alles Gute für deine Zeit im "Sherwood Forest"!

                           (c) Christian Tech


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