Der Klang von Notre Dame

Am 25. Mai 2017 habe ich der Kathedrale Notre Dame bzw. dem Theater des Westens in Berlin einen Besuch abgestattet und mir den "Glöckner von Notre Dame" angesehen.
Ich war vorher sehr skeptisch, da ich bekanntlich ja kein riesiger Fan von Disney-Musicals bin, aber ich kann schon vorwegnehmen, dass ich Samstag noch ein weiteres Mal in der Show war.
Das Stück erzählt die weltbekannte Geschichte des Glöckners von Notre Dame, der bereits seit seiner Geburt entstellt ist und nur mit Widerwillen von dem Erzdiakon Frollo aufgenommen und im Glockenturm versteckt wird. Quasimodo findet sich lange Zeit mit seiner "kleinen Welt" ab, doch irgendwann bekommt er Sehnsucht nach der Ferne und wagt sich nach draußen, wo er auf die schöne Zigeunerin "Esmeralda" trifft. Doch nicht nur er wird von ihrer Magie angezogen, auch der Hauptmann Phoebus und vor allem Frollo sind fasziniert von dieser Frau. Esmeralda hingegen erwidert Frollos Liebe in keiner Weise, sodass dieser enttäuscht und verletzt ist. Er lässt Esmeralda und ihren geliebten Phoebus verhaften und will sie zum Tode verurteilen. Auch Quasimodo bestraft er für seine Flucht nach draußen und dafür, dass er sich hat von Esmeralda verführen lassen. Doch der Glöckner entschließt sich, sich erneut seinem Herrscher zu widersetzen und Esmeralda vor dem Tode zu retten... Wird es ihm gelingen?!


Am Donnerstag durfte ich Jonas Hein als Quasimodo auf der Bühne erleben. Er spielt die Rolle ziemlich amüsant, naiv und ein wenig kindlich. Es war eine wahre Freude, ihm zuzusehen. Auch gesanglich konnte Jonas mit einer Top-Leistung brillieren und das Publikum begeistern. Er legte einen ganz eigenen Charme in die Rolle, der ihn einfach unverwechselbar macht.
Samstags hatte ich dann das Glück, Milan van Waardenburg ebenfalls als Glöckner erleben zu dürfen und es war wirklich ein Feuerwerk der Emotionen. Milan legte auch sehr viel Liebe in die Rolle und verkörperte sie auf eine ganz eigene Art. Man musste die gesamte Zeit einfach mit ihm mitfühlen, da Milan auch so viel Trauer und Schmerz in seine dennoch kindliche Interpretation legte. Mit seiner Stimme schien er das Publikum magisch anzuziehen und eine Gänsehaut zu zaubern.


Die weibliche Hauptrolle "Esmeralda" wurde von Sarah Bowden verkörpert, die diese Rolle exzellent ausfüllte. Tanz, Gesang und Schauspiel, alles passte einfach perfekt und bereits nach einigen Minuten war man begeistert von dieser ausdrucksstarken Frau. Sie legte viel Herz, aber auch Mut in die Rolle und führte sowohl mit emotionalen und melancholischen, als auch mit tänzerischen Liedern durch die Inszenierung. Ich kann mir definitiv keine bessere Besetzung für diese Rolle vorstellen.

Felix Martin stand als "Claude Frollo" auf der Bühne und erhielt mehrfach und mit Recht einen donnernden Applaus. Dieser Mann war einfach umwerfend. Er spielte diese tiefgründige Rolle nicht nur, er schien sie wirklich auf der Bühne zu leben. Geschickt zeigte er eine ganze Palette von verschiedenen Emotionen und baute talentiert großartige Mimik ein und auch aufgrund seiner fantastischen Stimme entwickelte sich Felix wohl zu einem der Publikumslieblinge der Show.


Hauptmann Phoebus de Martin wurde von Maximilian Mann gespielt, der die Zuschauer schnell für sich gewinnen konnte. Er harmonierte wunderbar mit seiner geliebten Esmeralda und brachte in seinem Schauspiel sowohl einen großen Mut und eine starke Liebe zum Ausdruck, als auch Wut, Angst und Verzweiflung. Auch gesanglich konnte Maximilian die Zuhörer begeistern und vor allem mit dem Duett "Einmal" zu Tränen rühren.

Jens Janke beeindruckte mit einer phänomenalen Schauspielleistung in der Rolles des "Clopin" die Menschen im Zuschauerraum. Er zeigte in vielen Szenen einen ganz besonderen Charme und stellte die Figur dennoch sehr authentisch dar. Auch den kleinen Wandel der Figur - vor allem gegenüber Fremden - konnte Jens sehr gut zum Ausdruck bringen.


Das gesamte Ensemble ist einfach unbeschreiblich gut. Gemeinsam mit einem tollen Chor bezaubern sie das Publikum und umrahmen eine glanzvolle Vorstellung. Bereits bei den ersten Tönen des Chors scheint der Saal zu erstrahlen und es liegt eine Magie in der Luft. Ohne diese phänomenalen Stimmen und das einzigartige Schauspiel vor allem in den Rollen der Wasserspeier wäre diese Produktion gar nicht möglich. 

Das Besondere an der Inszenierung ist, dass sich die Geschichte selbst erzählt. Das heißt, es gibt keinen Erzähler, sondern die einzelnen Rollen erzählen ihre eigenen Handlungen selbst. So entsteht eine zusammenhängende Geschichte.

Das Bühnenbild und die Kostüme der Show sind ein wirkliches Meisterwerk und unterstreichen zusätzlich die grandiose Leistung der Darsteller. 
Dennoch muss man sagen, dass dieses Stück (glücklicherweise) kein typisches Disney-Musical ist und vor allem von den großartigen Stimmen und dem ergreifenden Schauspiel lebt und nicht in erster Linie von einer bunten Action-Show.


Die gesamte Geschichte ist unglaublich berührend und ergreifend und vor allem ist sie immer noch brandaktuell. Die Thematik des Stücks lässt sich ohne große Mühe auf unsere heutige Welt übertragen, sodass man wirklich vor Augen geführt bekommt, wie grausam und egoistisch doch eigentlich die Gesellschaft war und immer noch sein kann. Wirklich erschreckend!
Die Inszenierung regt definitiv zum Nachdenken an und lässt einen so schnell nicht mehr los und so war es auch nicht verwunderlich, dass ich mir dieses tolle Musical direkt ein zweites Mal angesehen habe. Ich kann nur jedem Musicalfan empfehlen, auch dem Klang von Notre Dame zu folgen, dem Rhythmus des Tambourins zu lauschen und sich im Theater des Westens verzaubern zu lassen, denn dies ist ein Ort der Wunder.

Bilder (c) Johan Persson 

Kommentare

  1. Huhu :),

    ich weiß, ich bin spät dran damit, eine Glöckner-Rezension zu kommentieren, aber ich bin grad so im Dernierenblues, daher ist jetzt eine gute Zeit :D.

    Ich finde es witzig, dass tatsächlich viele Leute (mich eingeschlossen) erwähnen, dass sie kein Disneyfan sind oder kein Fan des Films und deshalb skeptisch waren. Umso besser, dass wir uns das Stück alle trotzdem angesehen haben und es uns so begeistern konnte :).

    Hey, du hast in deiner Inhaltsangabe schon alles bis zu Lied 25A von 26 verraten :P. Wobei, glaube ich, eh jeder die Story kennt ^^.

    Deiner Beschreibung von Milan und Jonas kann ich mich nur anschließen. Jonas spielt die Rolle sehr lustig, Milan spielt sie irgendwie schmerzvoller. Und sein „Nur aus Stein“ - der absolute Hammer! Ich finde beide bzw. alle vier Quasimodos auf ihre Art super, auch oder gerade weil sie sehr unterschiedlich spielen.

    Sarah macht ihren Job echt super! Ich persönlich sehe Sina am liebsten, aber das ist definitiv keine Frage der Qualität sondern eher des Geschmacks.

    Das mit Felix hast du super ausgedrückt. Man hat bei ihm echt das Gefühl, dass er die Rolle richtig lebt. Umso beeindruckender, wenn man ihn dann mal außerhalb der Rolle sieht und merkt, wie anders er eigentlich ist. Ein grandioser Schauspieler! Dieses „die Rolle leben“ hat er meiner Meinung nach auch den anderen beiden Frollos voraus.

    Max sehe und höre ich auch sehr gerne ;) und Jens ist wirklich super!

    Freut mich, dass dir der Chor gefällt :). Ich finde das Zusammenspiel zwischen Chor und Ensemble total spannend. Das ist ja für Musicals auch eher ungewöhnlich, dass es einen extra Chor gibt.

    Ich finde es auch super, dass das Stück nicht so typisch Disney ist. Ich habe zwar noch kein anderes Disney-Musical gesehen, aber kenne natürlich eibige Filme und die sind mir immer zu verkitscht. Daher mag ich das Ende dieser neuen Inszenierung und die ernste Thematik sehr.
    Und die Botschaft des Stückes <3.

    Dein letzter Satz ist richtig schön :).

    Mit mir hast du eine neue Leserin, würde ich sagen.

    Liebe Grüße :)
    Charlie

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