Ein Musical "völlig ohne Fehler"

Ein Schornsteinfeger, lebendige Skulpturen, sprechende Spielzeuge und ein fliegender Regenschirm... natürlich, dies sind alles Merkmale für das weltbekannte Kindermädchen "Mary Poppins", welches ich am 26. August im Stage Apollo Theater in Stuttgart besucht habe.
Bisher stand das Stück als ein Disney-Musical nie ganz oben auf meiner Liste, so dass ich auch mit relativ geringen Erwartungen meinen Besuch gestartet habe, um dann schließlich völlig begeistert das Theater wieder zu verlassen ...

Das Musical erzählt die Geschichte der Familie Banks, die für ihre Kinder ein geeignetes Kindermädchen sucht, denn bisher hat es niemand lange mit den frechen und vorlauten Kindern ausgehalten. Die Familie selbst scheint völlig überfordert mit dieser Situation und so kommt es im Hause Banks immer wieder zu Streit und Unzufriedenheit.
Eines Tages kommt plötzlich die selbstsichere Mary Poppins ins Haus "geschneit", um die Familie wieder zusammenzuführen. Gemeinsam mit ihrem langjährigen Freund "Bert" erlebt sie mit den Banks viele magische Abenteuer und gewinnt dabei trotz einiger Verstrickungen das Herz und auch den Respekt der beiden Kinder. Wird sie es schaffen, auch die Eltern wieder zu bekehren und ihnen ihre lange verschollene Lebensfreude zurückzugeben...?

Elisabeth Hübert schwebte an diesem Abend als magisches Kindermädchen "Mary Poppins" über die Bühne und eroberte nicht nur die Herzen von Jane und Michael, sondern auch die der Menschen im Zuschauersaal. Sie passte einfach hundertprozentig in die Rolle der selbstsicheren, dominanten und dennoch herzensguten Nanny. Ein einziger Blick genügte und alle wussten, dass sie das Zepter in der Hand hält.
Auch gesanglich und tänzerisch ist Elisabeth eine exzellente Besetzung. Bei jedem einzelnen Lied konnte sie mit einer sehr klaren und durchdringenden Stimme überzeugen.


Ihr Freund "Bert" wurde von Christopher Bolam gespielt, der, um ehrlich zu sein, auf der Bühne wirklich alles können muss... Singen, Erzählen, Schauspielern, Tanzen, und das alles auf höchstem Niveau. Christopher führte vom Anfang bis zum Ende durch die Geschichte und baute so eine sehr starke Bindung zum Publikum auf. Vor allem in der großen Stepp - Szene "Schritt für Schritt" brachte er die Zuschauer zum Staunen und stellte so seine phänomenalen tänzerischen Fähigkeiten unter Beweis. Auch gesanglich konnte er die Menge mit vielen Ohrwürmern mitreißen.

"George Banks" wurde von Livio Cecini verkörpert, der in der Geschichte eine große Entwickung durchlebt. Livio konnte in dieser Rolle seine Wandlungsfähigkeit präsentieren und vom gestressten und disziplinierten Bankkaufmann bis hin zum lebensfrohen und kindlichen Familienvater alle Seiten auf der Bühne ausleben. Mit dem Lied "Korrektheit und Ordnung" führte er sehr geschickt in die ganz persönliche Geschichte seiner Figur ein und entwickelte sich von diesem Standpunkt aus - vor allem in der zweiten Hälfte - sehr glaubwürdig weiter.

Jennifer van Brenk stand als Mutter "Winifred" auf der Bühne und konne besonders mit ihrer großartgen Stimme verzaubern. Vor allem mit dem Lied "Mrs. Banks zu sein" konnte sie emotional auftrumpfen und gesanglich brillieren. Auch schauspielerisch war Jennifer eine absolute Idealbesetzung. Sie schaffte es, den Zuschauern ganz genau die Gefühle und Gedanken der Rolle zu vermitteln und gemeinsam mit ihnen auch eine wichtige Wandlung zu durchleben. Zudem harmonierte sie auch ausgesprochen gut mit ihrem "Ehemann".

Eva Kämpfer und Ben Knotz spielten die beiden Kinder "Jane" und "Michael Banks". Die Kinderdarsteller standen fast die gesamte Show auf der Bühne und raubten dem gesamten Publikum den Atem. Mit einer beeindruckenden Professionalität und Spielfreude leisteten die Kleinen ganz große Arbeit und mussten sich keineswegs hinter den Etablierten verstecken, denn sie waren ohne Frage die "kleinen großen Stars" an diesem Tag.


Das gefürchtete Kindermädchen "Miss Andrew" wurde in dieser Vorstellung von Maaike Schuurmanns dargestellt, die in dieser Rolle vor allem mit einer herausragenden und kraftvollen Stimme faszinieren konnte. Dank ihrer Performance klang den Zuhörern wohl noch Tage nach der Vorstellung der Song "Krautsaft und Fischöl" in den Ohren. Auch ihr Comedy - Talent blieb in diesem Stück keinesfalls verborgen und sie konnte schauspielerisch eine ganz neue und boshafte Seite präsentieren. Sobald Maaike die Bretter, die die Welt bedeuten, betrat, gehörte ihr die gesamte Aufmerksamkeit und so sorgte sie für unvergessliche Momente des "wohligen Schauderns" beim Publikum.

Betty Vermeulens Rolle der Vogelfrau war zwar keine besonders große Rolle in der Produktion und dennoch konnte die Darstellerin sich mit wunderschönen und emotionalen Szenen die Herzen der Zuschauer erkämpfen. Grund hierfür war besonders ihre sehr gefühlvolle und warme Stimme, mit der sie das Publikum ganz in die Figur eintauchen ließ.

Mrs. Brill wurde von Lisa Kolada verkörpert, die in die Inszenierung viel Witz brachte und immer den komödiantischen Teil übernahm. Mimik und Gestik unterstrichen ihr unfassbar amüsantes Schauspiel, welches sie in genau dem richtigen Maße einzusetzen wusste, so dass es niemals übertrieben wirkte. Außerdem konnte Lisa wunderbar mit ihrem Bühnenpartner "Robertson Ay" harmonieren und in den gemeinsamen Szenen des Hauspersonals die Menschen im Zuschauerraum noch mehr zum Schmunzeln bringen.

Dennis Hupka formte als "Robertson Ay" den zweiten Teil des Comedy - Bühnenpaars und verfügte neben seinem Comedy - Talent auch über eine brilliante klassische Stimme. Er erheiterte die allgemeine Stimmung und brachte vor allem in der Küchenszene "Mit ´nem Löffelchen voll Zucker" die Zuschauer zum Lachen.


Dem gesamten Ensemble wird in dieser Show vom Anfang bis zum Ende alles abverlangt, was man sich nur vorstellen kann und alle Menschen auf der Bühne präsentieren ihre absolute Höchstleistung. Jeder einzelne Darsteller trägt täglich dazu bei, dass die Produktion zu etwas ganz besonders Magischem wird und die Herzen der Zuschauer verzaubert. 

Das Musical entführt das Publikum in eine bunte Zauberwelt und hält sie dort für knappe drei Stunden gefangen. 
Kunterbunte und zauberhafte Kulissen bringen die Zuschauer zum Staunen und bilden das Fundament für eine großartige Familienshow.
Neben weltbekannten Songs aus der Originalvorlage wurde das Stück durch lustige und sehr passende Lieder ergänzt, die sehr erfolgreich den Charakter der einzelnen Rollen widerspiegeln.

Die Vorstellung hilft den Erwachsenen, ihr Kind in sich neu zu entdecken und ihre Fantasie einzusetzen, denn wie heißt es schließlich: "Alles, was wir wollen, kann passieren!"
Seht euch das Musical auf jeden Fall an und lasst euch von all den magischen Sängern und den zauberhaften Effekten mitnehmen auf eine leichte und beschwingte Reise. "Das perfekte Kindermädchen" nimmt euch mit auf eine "supercalifragilisticexpialigetische" Expedition durch fremde Welten und lehrt euch "Schritt für Schritt" die Geheimnisse des Träumens...

Fotos (c) Stage Entertainment 

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