Vom Dschungel bis nach Kilmarnock


Johanna Zett steht zwar erst seit einigen Jahren auf der Bühne, aber hat sich dennoch in Deutschland bereits durch verschiedene Engagements einen Namen gemacht. Unter anderem schwang sie sich als Cover "Kala" und Cover "Jane" im Musical "Tarzan" über die Stuttgarter Bühne und begeisterte in der Rolle der "Johanna" in "Sweeney Todd". Spätestens seit ihrem letzten Engagement als "Mary Cullen" in der Inszenierung "Der Medicus" in Fulda sollte ihr Name vielen Musicalfans ein Begriff sein. Neben ihrer Ausbildung für Gesang und Schauspiel hat die junge Darstellerin auch eine Ausbildung zur Gesangspädagogin absolviert.

Johanna hat sich im Sommer die Zeit genommen, mir einige Fragen über ihre Engagements und ihr Privatleben zu beantworten und entstanden ist ein kleines, spannendes Interview...

Beschreibe doch bitte erst einmal deine Rolle im "Medicus", liebe Johanna!

Die "Mary" ist im Stück die weibliche Hauptrolle und die Geliebte der männlichen Hauptfigur "Rob". Die Beiden begegnen sich zum ersten Mal in Gabrowo. "Rob" ist auf dem Weg nach Isfahan, um dort Medizin zu studieren und "Mary" ist mit ihrem Vater eigentlich auf der Reise nach Griechenland, um Schafe zu kaufen. Allerdings müssen die Beiden sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Ziele nach kurzer Zeit schon wieder trennen.
Doch eines Tages treffen sich "Rob" und "Mary" unter sehr tragischen Umständen wieder, denn "Mary" wurde auf ihrer Reise überfallen und von einem Sklavenhändler gefangen genommen und nun ist "Rob" in einer guten Position, so dass er "Mary" kaufen kann. Obwohl die Situation erst einmal recht aussichtslos erscheint, wendet sich aber alles zum Guten für das Paar und Rob verspricht seiner großen Liebe auch, bald mit ihr wieder in Marys geliebte Heimat zurückzukehren und ihr damit einen sehr großen Wunsch zu erfüllen.
Mary begleitet Rob durch sein Studium, unterstützt ihn und ist sein Fels in der Brandung und fängt ihn immer auf, wenn ihn etwas bedrückt.

Was macht das Musical deiner Meinung nach aus?

Ich finde es besonders spannend, wie dieser doch sehr umfangreiche Roman in ein Musical umgewandelt wurde, denn das ist wirklich eine sehr schwierige Aufgabe. Man muss natürlich immer ausprobieren, wie man diese große Geschichte in der Zeitspanne, die im Theater zur Verfügung steht, den Zuschauern angemessen erzählen kann. Natürlich ist es zeitlich auch gar nicht möglich, alle Szenen aus der Originalgeschichte in dem Musical zu verpacken. Meiner Meinung nach ist es den Produzenten allerdings super gelungen, diese Vorlage auf die Bühne zu bringen.
Natürlich ist es auch sehr spannend, dass man in dieser Geschichte durch die verschiedenen Orte, an denen die Handlung stattfindet, ganz unterschiedliche Eindrücke in fremde Kulturen bekommt und beispielsweise bereits die Kostüme und die Musik von diesen Kulturen geprägt werden.

In der letzten Spielzeit wurde die Rolle der "Mary" von Sabrina Weckerlin verkörpert. Hast du sie in der Show erleben dürfen?

Leider nicht, da ich selbst noch ein Engagement hatte und mir daher die Zeit fehlte.

Inwiefern findest du dich in dem Charakter wieder. Hast du Gemeinsamkeiten mit der Rolle?

Ja, absolut! Wir haben beide eine große Willensstärke und wir stecken manchmal unsere eigenen Bedürfnisse zurück, um andere Menschen unterstützen zu können.


Vor deinem Engagement in Fulda warst du ja unter anderem im Disney - Musical "Tarzan" als Cover "Kala" und Cover "Jane" zu erleben. Welche der beiden Rollen hat dir mehr Spaß gemacht?

Mir hat an der Show besonders die Abwechslung gefallen. Ich hatte ebenfalls einen fantastischen Ensemble - Track und so hatte ich fast jede Woche die Möglichkeit, mich in den verschiedenen Rollen zu präsentieren. 
Sowohl "Kala" als auch "Jane" haben sehr viele Gemeinsamkeiten mit mir und wirklich tolle Charakterzüge und vor allem durchleben beide Rollen eine ganz große Entwicklung.

Hast du die Produktion bereits in Oberhausen besucht und wie gefällt dir die Inszenierung im Vergleich zu der Stuttgarter Version?

Ja, ich habe die Premiere gesehen und es gefällt mir auch super gut. Wir waren schon sehr gespannt auf die veränderte Inszenierung und wir sind absolut begeistert. Das Musical passt perfekt in dieses Theater, welches die Möglichkeit für noch riskantere und spektakulärere Flüge bietet.

Was ist für dich insgesamt das Faszinierende am Genre Musical?

Ich glaube, das Besondere ist, dass man im Musical alles machen kann und ganz unterschiedliche Möglichkeiten hat, denn Musical ist nicht gleich Musical. Es gibt sowohl Shows, wie besipielsweise "Sweeney Todd", die klassisch angehaucht sind, als auch Stücke, wie zum Beispiel "Der Medicus", die poplastig sind. Man findet im Musical einfach ganz viele verschiedene Musikstile, die man mit Tanz und Schauspiel vermischen kann und das finde ich super!


Du hast ja nun sowohl in größeren Theaterhäusern, wie zum Beispiel die von Stage Entertainment, als auch in kleineren Stadttheatern mitgewirkt. Wo liegen dabei die wesentlichen Unterschiede? 

Der größte Unterschied ist natürlich, dass man bei Verträgen von Stage tatsächlich ein ganzes Jahr lang gebunden ist und somit natürlich auch jeden Monat sein festes Gehalt auf dem Konto hat. An den Stadttheatern hat man über einen gewissen Zeitraum verteilte Spieltermine, zwischen denen man auch immer wieder Spielpausen hat, die man auch für weitere kleine Produktionen nutzen kann.

Schaust du dir neben deinen eigenen Engagements auch andere Musicals an und welches ist dein persönliches Lieblingsmusical?

Das mache ich wirklich unheimlich gerne, da ich selbst ja ein großer Fan bin, aber leider fehlt mir oft die Zeit dazu.
Eigentlich war mein Lieblingsmusical immer "Sweeney Todd", weshalb ich auch sehr dankbar bin, dass ich dort schon selbst mitwirken durfte, aber es gibt viele großartige Produktion, wie beispielsweise "Wicked", "Les Misérables" oder auch "Jesus Christ Superstar". Da fällt die Entscheidung sehr schwer.

Was ist deine Vorgehensweise für das Lernen von neuen Texten?

Ich habe mit dem Auswendiglernen eigentlich gar nicht so viele Probleme. Ich schaue mir die Texte für die Probe immer gut an, aber einen Teil lernt man auch durch das aktive Üben in der Probe - Learning by doing. Ich versuche mich aber immer gut vorher vorzubereiten.

Dein Beruf hat insgesamt viele Vor - und Nachteile, wie zum Beispiel das ständige Reisen. Kannst du dir selbst vorstellen, diesen Job dein ganzes Leben lang auszuüben?

Momentan kann ich es mir schon vorstellen, allerdings bin ich ja erst seit drei Jahren in dem Beruf tätig und derzeit möchte ich natürlich noch ganz lange spielen. Aber wenn ich dann irgendwann aufhören muss, kann ich mir auf jeden Fall auch eine neue Aufgabe suchen.


Welchen Beruf hättest du ergriffen, wenn du keine Musicaldarstellerin geworden wärst?

Einen anderen Traumberuf hatte ich tatsächlich nie. Wenn überhaupt, dann haben mich andere Menschen vielleicht in anderen Jobs gesehen, aber mein Traum war immer, auf der Theaterbühne zu stehen.

Wie würdest du dich selbst in drei Worten beschreiben? 
humorvoll, zuverlässig und bodenständig

Ist die Nervosität größer vor Auditions oder vor der Premiere?

Auf jeden Fall bin ich bei den Auditions aufgeregter, da man vor Premieren lange probt und so Sicherheit gewinnt, während man bei den Auditions immer seine Höchstleistung zeigen muss und das ist wahnsinnig nervenaufreibend.

Hast du bisher ein Lieblingstheater?

So viele verschiedene Theater habe ich noch nicht abgeklappert, aber bisher mag ich das "Stage Apollo Theater" in Stuttgart sehr gerne, weil das ganze Team wirklich toll ist und man sich dort sehr aufgehoben fühlt.

Was ist dein größter Wunsch für die Zukunft?

Mein größter Wunsch ist natürlich, dass ich weiterhin ganz viel auf der Bühne spielen kann und mein Privatleben auch mit der Karriere vereinbaren kann.

Vielen Dank, dass du die Zeit für dieses interessante Gespräch gefunden hast, liebe Johanna! Wir wünschen dir weiterhin ganz viel Freude am Musical und hoffen, dich noch in vielen weiteren Rollen erleben zu dürfen!


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