Die neue Kinky-Queen - Grüße aus der schrillsten Schuhfabrik Hamburgs

Laura Pfister absolvierte von 2014 bis 2017 ihr Studium im Fach Musical an der "Theaterakademie August Everding" in München. Anschließend war sie unter anderem im Ensemble der Produktion "Drei Musketiere" in Altusried zu erleben. Aktuell steht die authentische und lebensfrohe Darstellerin als Swing, "Cover Lauren" und "Cover Nicola" in der Deutschlandpremiere des Musicals "Kinky Boots" auf der Bühne des Hamburger Operettenhauses. Laura hat sich die Zeit für ein kleines Interview über ihre Ausbildung, ihr berufliches und privates Leben und vieles mehr genommen...

(c) Lenja Schultze 

Wann hast du dich entschieden, Musicaldarstellerin zu werden?

Eigentlich kam die Idee erst relativ spät. Also, ich wusste nicht schon, wie manch anderer Kollege, mein Leben lang, dass ich später als Musicaldarstellerin auf der Bühne stehen möchte. Als ich ca. 16 Jahre alt war, habe ich in einem Schulmusical mitgewirkt und habe dann auch erst ziemlich spät mit Gesang und Schauspiel begonnen. Lediglich getanzt habe ich bereits seit meiner Kindheit. Mit der Zeit habe ich dann auch verschiedene Workshops besucht, um mich auszuprobieren und weiterzuentwickeln und von da an habe ich diesen Weg dann immer weiter verfolgt.

Wie hast du dein Studium selbst empfunden?

Ich war ja insgesamt drei Jahre an der Theaterakademie in München und habe auch erst im März 2017 meinen Abschluss dort gemacht. Ich habe sowohl Hochs als auch Tiefs durchlaufen und tatsächlich auch ganz oft darüber nachgedacht, das alles abzubrechen und einen anderen Weg einzuschlagen, aber grundsätzlich haben wir natürlich ganz viel in unserem Studium gelernt, sowohl das Handwerk für die Praxis als auch im Hinblick auf die Persönlichkeitsentwicklung. Mich hat es manchmal gestört, dass man sich den ganz Tag immer mit seiner eigenen Person beschäftigen musste und ich habe sehr oft unsere Maskenbildner bewundert, weil diese natürlich am Ende des Tages ein echtes Ergebnis in ihren Händen hielten, während wir als Musicaldarsteller abends einfach nur todmüde waren, aber keine richtigen Vorschritte vorweisen konnten. Diese machten sich immer erst nach einigen Monaten bemerkbar. Insgesamt war mein Studium auf jeden Fall eine sehr prägende Zeit!

Was war dein erster Gedanke als du erfahren hast, dass "Kinky Boots" nach Deutschland kommen soll?

Ich war im Jahre 2013 am Broadway, als die Show dort gerade anlief und riesige Erfolge feierte und mich hat dieses Stück damals überhaupt nicht interessiert. Auch als wir drei Jahre später mit der Akademie als Abschlussfahrt in New York waren, wollte ich mir dieses Musical nicht ansehen. Allerdings hatte ein Freund von mir die Vorstellung besucht und hatte damals zu der Rolle der "Lauren" gesagt, dass er sich niemals vorstellen könnte, wie diese Show in Deutschland funktionieren solle, weil niemand diese Rolle spielen und so witzig sein könnte. Insgeheim hatte ich dann super viel Lust diese Rolle auszuprobieren, weil ich mich selbst irgendwie darin erkannt habe und als das Stück dann nach Deutschland kommen sollte, wurde ich zunächst gar nicht zu den Auditions eingeladen, weil sich so ungaublich viele Darsteller beworben hatten. Nachträglich wurde ich dann allerdings doch noch angerufen und eingeladen und dann hat es geklappt.

(c) Lenja Schultze 

Was ist für dich persönlich das Besondere an der Show?

Das Musical ist so eine kunterbunte Mischung! Es hat sowohl Tanzelemente als auch sehr bewegende Szenen und es ist natürlich super amüsant. Ich finde, dass man die Show nicht in eine einzige Schublade stecken kann und deshalb auch für jeden Zuschauer irgendetwas dabei ist.
Zudem ist natürlich die Message das Prägnante an diesem Stück und gerade in diesem Zeitalter sind diese Botschaften so unglaublich wichtig. Es ist großartig, diese ernsten Themen in einem künstlerischen Rahmen zu verpacken. Unser Regisseur hat anfangs zu uns gesagt, dass er sich zwar freut, dass dieses Musical nun nach Deutschland kommt, aber das es noch besser wäre, wenn man diese Message nicht bräuchte. Leider ist es aber so und daher ist es umso schöner, dass wir nun ein Teil davon sein dürfen.

Als Swing spielst du ja mehrere Rollen in der Produktion. Welche Rolle verkörperst du am liebsten und ist es schwierig, mehrere Rollen gleichzeitig können zu müssen?

Natürlich macht die Rolle der "Lauren" einfach wahnsinnig viel Spaß, aber grundsätzlich spiele ich  alle Charaktere gerne! Ich habe zwei Ensemble - Positionen und daneben noch "Nicola" und "Lauren" und ich finde es tatsächlich super, ein Swing zu sein! Selbstverständlich muss man sich viel merken und das ist schon eine Herausforderung, aber es macht einfach so viel Freude, unterschiedliche Postionen spielen und eine solche Abwechslung erleben zu dürfen. Da wir ja acht Shows pro Woche spielen, kann man sich die einzelnen Abfolgen insgesamt gut einprägen. 

"Kinky Boots" feierte ja Deutschlandpremiere in Hamburg. Ist eine derartige Premiere eher schwieriger, weil man keine wirklichen Vorbilder in den Rollen hat oder ist es auch ein Glück, weil man vielleicht so als Darsteller mehr Freiheiten besitzt?

Grundsätzlich existiert das Stück ja bereits und wir sind schon die neunte Kompanie, die dieses Musical spielt, daher hatte unser Team schon sehr genaue Vorstellungen von den Rollen, aber dies hat uns bei unserer Interpretation niemals eingeengt oder in einen Rahmen gepresst.
Insgesamt gab es also schon Vorbilder in anderen Ländern, aber wir hatten dennoch viele Freiheiten bei der Entwicklung unserer Rollen.

Aktuell wird die Show in Hamburg sehr gut angenommen und die Inszenierung passt natürlich auch perfekt auf die Reeperbahn. Könntest du dir dennoch vorstellen, dass das Stück auch an einem anderen Standort Deutschlands gut funktionieren könnte?

Ehrlich gesagt glaube ich, dass das Musical nirgendwo so gut funktionieren könnte, wie hier in Hamburg. Wenn ich mir noch andere Standorte vorstellen könnte, wären es Berlin oder Köln, aber ich glaube beispielsweise nicht, dass die Show in Stuttgart laufen würde. Es heißt natürlich: Sag niemals nie, aber hier ist schon der perfekte Standort.

(c) Matthias Heyde

Hast du eine Lieblingszene oder ein Lieblingslied in der Vorstellung?

Ich liebe einfach den Song "Everybody say yeah", weil es sehr viel Spaß macht, diese Stelle zu performen, aber auch, weil man nach der Nummer total beseelt in die Pause geht. Wir haben dabei alle super viel Freude und auch unser Choreograph hat diese Stelle immer mit dem Austoben auf dem Spielplatz verglichen.

Welche Nachteile hat der Beruf des Musicaldarstellers deiner Meinung nach?

Man muss selbstverständlich leider sehr viel umziehen. Ich bin zwar gerade in einer sehr komfortablen Position, da ich ein Jahr lang am selben Ort bleiben kann und insgesamt auch keine finanziellen Sorgen habe, aber ich kenne auch so viele unfassbar talentierte Kollegen, die total kämpfen müssen. Es gibt einfach zu viele begabte Darsteller für zu wenig Arbeit. Die Bedingungen sind oft nicht einfach!
Außerdem ist es unglaublich schwer, als Darsteller für Produktionen angenommen zu werden, daher muss man wirklich mit der ständigen Zurückweisung umgehen können und Engagements dann auch sehr schätzen.

Wie gefällt dir deine momentane Heimat Hamburg?

Ich liebe die Stadt und habe gerade wirklich das Gefühl, ich habe mit diesem Engagement den Jackpot gezogen. Das Theater ist toll, die Kollegen sind super lieb und die Vorstellung ist großartig. Zudem habe ich auch sehr viele Freunde außerhalb der Show hier, was ich sehr wichtig finde. Ich hatte leider aufgrund der Proben noch nicht so viel Zeit, die Stadt selbst zu erkunden, aber bisher kann ich Hamburg wirklich nur jedem empfehlen.

(c) Lenja Schultze 

Hast du eine Traumrolle, die du später unbedingt einmal spielen möchtest?

Die Frage ist sehr schwer! Grundsätzlich liebe ich Stephen Sondheim und ich würde wahnsinnig gerne einmal in irgendeinem seiner Stücke mitwirken. Mein allerliebstes Musical ist "Company"! Ansonsten würde ich auch sehr gerne den Baum hinten links in "Les Miserables" spielen, denn das ist auch einfach ein Traumstück, daher würde ich dort jede noch so kleine Rolle übernehmen ;-)
Wie würdest du dich selbst in drei Worten beschreiben?

Bodenständig, leidenschaftlich und positiv.

Gibt es ein Theater, an dem du besonders gerne einmal spielen würdest?

Oh ja, und zwar habe ich zwei Träume. Ich würde so gerne einmal in Linz mitwirken und ich würde super gerne einmal an der Staatsoperette Dresden mitspielen! Grundsätzlich mag ich nämlich auch sehr gerne die Klassik und ich finde, dass die Staatsoperette sich an sehr interessante Stücke wagt. Außerdem soll die Stadt auch wunderschön sein! Allgemein würde ich gerne einmal an einem Stadttheater arbeiten. Ich komme aus Nürnberg, dementsprechend würde ich auch sehr gerne dort einmal ein Stück im Opernhaus spielen.

Hast du Vorsätze für das Jahr 2018?

Ja, mein Vorsatz für das neue Jahr ist es, bei "Shopping Queen" teilzunehmen ;-) Ich glaube, dass es schwierig ist dabei zu sein, aber ich werde mich jetzt erst einmal bewerben und wer weiß...

Vielen Dank für dieses tolle Interview, liebe Laura! Wir wünschen dir ein "kinky" Jahr 2018 voller Glück und Freude und sind gespannt, in welchen Rollen wir dich in Zukunft erleben werden dürfen. 

(c) Lenja Schultze

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