Ansichten eines Berliner Musicaltalents - Allzeit gute Fahrt mit Konstantin Zander

Konstantin Zander stand bereits in diversen Musical - Produktionen auf der Bühne und begeisterte in vielen verschiedenen Rollen. Beispielsweise war der gebürtige Berliner bereits in großen Inszenierungen, wie "Dirty Dancing", "Into The Woods", "Kolpings Traum" und "Die Päpstin" zu erleben. In diesem wie auch im vergangenen Sommer bereicherte der Darsteller die Bad Hersfelder Inszenierung des Musicals "Titanic".
Ich durfte Konstantin zu seinem Werdegang und seinen Ansichten zur Musicalwelt befragen und freue mich, euch dieses interessante Interview präsentieren zu dürfen.

Wann stand für dich fest, dass du im Genre "Musical" tätig sein möchtest?

Mit vier Jahren wurde ich riesiger Musicalfan, als ich eine Kassette vom "Phantom der Oper" im Auto meiner Eltern entdeckt habe. Den Mut, es selbst zum Beruf zu machen, konnte ich aber erst nach einer abgebrochenen Ausbildung (Veranstaltungskaufmann) im Jahre 2007 aufbringen.

Du hast nicht - wie viele deiner Kollegen - deine Ausbildung ausschließlich an einer deutschen Schule absolviert, denn du hast das „Bishop Ridley College“ in den USA besucht. Wie hast du diese Zeit selbst empfunden und wie war es für dich, so weit entfernt von deiner eigentlichen Heimat zu leben?

Meine Zeit in Kanada war ja nur die an der High School. Dort durfte ich in meinen ersten Musicals mitspielen (das ging weit über Schultheater hinaus) und diese ersten Erfahrungen bewahre ich bis heute in meinem Herzen. Im Ausland zu leben, getrennt von Familie und Freunden, war nie ein Problem, auch da ich die Scheidung meiner Eltern so nicht hautnah miterleben musste.


Du bist sowohl Sänger und Schauspieler als auch Vocal Coach. Was fasziniert dich besonders an diesen einzelnen Tätigkeiten?

Ich habe eine Abneigung gegen das Wort “Musicaldarsteller”. Es ist leider in manchen Fällen immer noch so, dass man als Künstler ein schlechteres Ansehen genießt, wenn das Wort "Musical" fällt. Ich sehe mich selbst eindeutig als Schauspieler, der eben viel singt, deswegen sage ich das auch so. Am Singen fasziniert mich die Tatsache, dass Interpretationen sehr vielschichtig sein können. Hier ein Crescendo, da ein kleiner Riff machen jeden Song zu etwas Besonderem. Meiner Meinung nach trennt sich dort auch die Spreu vom Weizen. Manche “singen einfach”. Große Künstler dagegen haben einen ganz genauen Plan, wie sie an einen Song herangehen wollen. Schauspiel ist der Kern von allem auf der Bühne. Ob wir singen, tanzen oder sprechen ist gleichgültig. Wir spielen eine Rolle, und diese Rolle mit Authentizität zu füllen und eigenständig zu entwickeln, ist die Hauptaufgabe - immer. Da bei mir während des Studiums leider zwei Ödeme auf den Stimmlippen diagnostiziert wurden und ich dementsprechend unters Messer kam, habe ich beschlossen, mich intensiv mit Gesangspädagogik auseinanderzusetzen, damit mir (und allen, die bei mir lernen wollen) so etwas nie passiert. Es ist ein unglaublich spannendes Thema, bei dem man vollends “abnerden” kann über die Anatomie des Kehlkopfs, die Rolle des Körpers beim Singen und so weiter.

Du standest bereits in diversen Produktionen auf der Bühne. Welche Rolle hat bisher für dich die größte Herausforderung dargestellt?

Ganz klar die Rolle des "Don Lockwood"! Ich bin leider kein guter Tänzer und eine der größten Tanzrollen spielen zu dürfen hat mich emotional irrsinnig viel Kraft gekostet. Der Satz "Ich kann das alles nicht" musste aus meinem Kopf verschwinden.

Unter anderem warst du als „Theodorus“ in der renommierten Spotlight-Musical – Produktion „Die Päpstin“ zu erleben, welche bis heute einen großen Erfolg feiert. Was ist deiner Meinung nach das Erfolgsgeheimnis dieser Show? 

An Spotlight kann sich jede Musical-Produktionsfirma ein riesiges Beispiel nehmen. Sie kreieren am laufenden Band eigene, deutschsprachige (!!!) Produktionen, erfinden eine eigene Musical-Sprache und produzieren das auf bestmöglichem Niveau. "Die Päpstin" hat einen wunden Punkt exakt getroffen. Deutschland mag düstere Stücke mit ernster Handlung, Tod und Verderben darf massenhaft vorkommen. “Die Päpstin” war heroisch, mächtig, düster, sogar sexy. Situationen wurden schön inszeniert. Die Texte waren simpel und verständlich. Sabrina hat brilliert. Es hat einfach alles an dem Stück gestimmt. Man wollte der Handlung folgen!


In dem Stück „Dirty Dancing“ hast du die Rolle des „Billy“ verkörpert. Wie würdest du diesen Charakter beschreiben und welche Gemeinsamkeiten hast du persönlich mit dieser Rolle?

"Billy" ist ein Schatz. Er will immer cool sein und vorausdenken, macht aber dauernd Fehler und verplappert sich durchgehend. Ich war früher nie Teil der “coolen Clique” an der Schule und das fünfte Rad am Wagen. Da sind wir uns ähnlich.

Zudem warst du in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal Teil der Bad Hersfelder Festspiele und hast dort in dem Stück „Titanic“ mitgewirkt. Was hat dich an dieser Produktion besonders begeistert, sodass du bereits zwei Mal in Folge dort auf der Bühne standest?

Oh, Bad Hersfeld. Das waren zwei traumhafte Sommer. Fantastisches Stück (diese Musik!!), fantastische Cast, fantastisches Leading Team… allein mit Stefan Huber zu arbeiten macht dermaßen viel Freude, dass es das zweite Jahr nur seinetwegen schon dieses Ereignis wert war. Und der Rest war ja genau so perfekt. Die Titanic-Whatsapp Gruppe wird wohl keiner von uns löschen, damit wir alle schön in Kontakt bleiben.

Die Festspiele sind in Bad Hersfeld jedes Jahr ein großes Highlight. Was macht deiner Meinung nach den Zauber dieses Ereignisses aus und wie gefällt dir persönlich Bad Hersfeld?

Also, das Dorf als solches ist eher ausbaufähig… aber die Ruine, die Qualität auf der Bühne und im Orchestergraben, der ganze Sommer… da merkt man halt, was passieren kann, wenn alle so richtig Lust haben, etwas ganz Tolles zu kreieren und nicht nur daran denken, ein weiteres Jahr die Kasse klingeln zu lassen. Es geht dem ganzen Team darum, die Qualität bis ins Nirvana zu heben. Das fängt bei den Darstellern an. Jeder ist ein Solist, aber keine Rampensau. Jeder performt gut verständlich und alle ziehen an einem Strang mit dem Ziel: Das Publikum soll so richtig fühlen.


Hast du eine Traumrolle, die du in Zukunft unbedingt einmal verkörpern möchtest?

"Graf von Krolock" natürlich! :-)

Welche ist deine größte Stärke und welche deine größte Schwäche?

Ich kann sehr schnell Anweisungen von Regisseuren umsetzen, aber wenn ich meine Vorstellung der Rolle nicht einbringen darf, nehme ich es persönlich und fange an rumzuzicken.

Was muss ein Darsteller auf der Bühne mitbringen, um dich als Zuschauer fesseln zu können?

In meinen Augen ist ein authentisches Schauspiel wahnsinnig wichtig! Es ist mir völlig wurscht, ob ein Darsteller jeden Ton trifft, solange mir die Geschichte durch Situationen erzählt wird, bin ich glücklich. Die Kunst liegt für mich oft in gut getimten Reaktionen. Das authentische Spiel findet statt, wenn man gerade nicht spricht. Naja, okay, ein fettes, hohes C höre ich wohl doch auch ganz gern, wenn Drew es singt ;)



Hast du bereits Pläne für die kommende Zeit, über die du uns etwas verraten darfst?

Ich kann nur verraten, dass es riesig wird... ;-)

Die Musicallandschaft ist in ständiger Bewegung und es kommen immer mehr neue Produktionen, beispielsweise vom Broadway, auch nach Deutschland. Wie empfindest du diese Veränderungen in der Musicalwelt?

Schlecht, ganz schlecht! Ich fände es ehrlich gesagt deutlich sinnvoller, deutschsprachige Autoren und Komponisten zu fördern und zu fordern. Wir MÜSSEN unsere eigene Musical-Sprache sprechen (Spotlight olé) und für unseren Markt selbst produzieren.

Lieber Konstantin, vielen Dank, für dieses offene und sehr ehrliche Gespräch. Wir wünschen dir für deinen weiteren Weg alles Gute und viel Spielfreude und sind sehr gespannt, in welchen Produktionen wir dich in Zukunft noch erleben dürfen.
 

Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Große Emotionen im Sherwood Forest - Mit Robin Hood kommt eine neue Zeit des Musiktheaters

Wenn die Sehnsucht tanzen geht - Schaurig-schöne Ästhetik und düstere Fulminanz in Hamburgs Gruft

Theater kann die Welt verändern - "Der Club der toten Dichter", ein eindringliches Meisterwerk, das die Sprache des Herzens spricht