Welcome to the show! - Auf einer eindrücklichen Reise in die Goethezeit

Es ist einer dieser Namen, der für etwas ganz Großes steht. Ein Name, mit dem jeder von uns etwas assoziiert, ein Name, dessen Träger die Literatur des selbsternannten Landes der Dichter und Denker geprägt hat wie kaum ein anderer: Johann Wolfgang von Goethe. Ob in der Schule, beim Schmökern im heimeligen Wohnzimmer oder eben auf einer Theaterbühne: Früher oder später macht jeder Bekanntschaft mit diesem Mann, der als bedeutender Schöpfer der deutschen Dichtung gilt, sowie seinem Schaffen und der Genialität, die in seine Werke geflossen ist. Die Dramen von Goethe wurden vielfach bereits auf den deutschen Theaterbühnen zum Besten gegeben. In den unterschiedlichsten Häusern waren "Faust", "Die Leiden des jungen Werther" oder auch "Iphigenie auf Tauris" bereits zu erleben, doch die Bad Hersfelder Festspiele, welche jedes Jahr aufs Neue mit großen Musicalproduktionen aufwarten, haben es sich in dieser sowie in der vergangenen Spielzeit zur Aufgabe gemacht, die Geschichte hinter den großen Werken zu erzählen. In der Stiftsruine blickt man aktuell hinter die Kulissen einer großen Erfolgsgeschichte und beleuchtet das Leben desjenigen, dessen Texte bis heute unvergessen sind, dessen steiniger Weg zu sich selbst und seiner Leidenschaft für das Schreiben jedoch bei dem gewaltigen Ruhm allzu oft aus dem Blickfeld gerät. Es lohnt sich immer, hinter die Fassaden eines Menschen zu blicken und gerade die größten Erfolge fangen im kleinsten, im verborgenen Kreise an. 

(c) BHF/S. Sennewald

Die kreativen Köpfe rund um Regisseur Gil Mehmert haben sich der Herausforderung gestellt, den Scheinwerfer auf einen bedeutenden Ausschnitt aus Goethes Leben zu richten und vor der Kulisse der alten Ruine einen Mann vorzustellen, dessen Weg mit Kämpfen, Fluchtversuchen und dem so verhassten Geschmack des Scheiterns begann. Der junge Johann entdeckt bereits früh seine Liebe zum Wort, doch sein Vater ist der festen Überzeugung, dass sein Sohn in die väterlichen Fußstapfen tritt und Jurist wird. Aus dieser Überzeugung heraus schickt er Johann nach Wetzlar an das Reichskammergericht, wo der junge Mann lernen und sich von seinen Träumen, die für den Vater nichts als Flausen darstellen, verabschieden soll. Doch während der junge Goethe zunächst sehr ablehnend auf diese angeordnete Reise reagiert, erfährt er schon kurz darauf, welchen Wendepunkt Wetzlar auf seinem Lebensweg darstellen soll. Hier lernt der junge Mann ganz schnell, dass sein Herz nicht nur für das Dichten, sondern auch für eine junge Frau namens Lotte schlägt, die ihm seit dem ersten Aufeinandertreffen nicht mehr aus dem Kopf gehen mag. Mit der Hilfe seines neu gewonnenen Freundes Wilhelm schafft es Johann immer häufiger, seine heimliche Geliebte zu treffen und stolpert so ungeahnt in ein wahrhaftiges Drama hinein, welches zwei Feinde hervorbringt, die auf unterschiedliche Arten um das Herz der jungen Frau kämpfen. Ob es für Johann und Lotte eine gemeinsame Zukunft gibt, sei an dieser Stelle natürlich nicht verraten, denn diese Gecshichte können euch die Bad Hersfelder Festspiele viel eindrucksvoller erzählen als ich.

(c) BHF/S. Sennewald

Welche Erwartungen bringt man einer Produktion namens "Goethe!" entgegen? Zunächst denkt man wohl an ein Stück voller klassisch anmutender Musik, das versucht, das 18. Jahrhundert visuell so realitätsgetreu wie möglich einzufangen. Vielleicht mag der ein oder andere, der sich schon in der Schulzeit nicht unbedingt mit dem Analysieren von Goethes Werken anfreunden konnte, mit diesem Titel einen leicht verstaubten, in die Jahre gekommenen Stoff sowie blasse Charaktere assoziieren. Doch das Ausrufezeichen im Titel der Produktion weist schon darauf hin, dass diese Show sich nicht darauf beschränken lässt, kunstvoll und zeitgeschichtlich entsprechend einen Ausschnitt aus Goethes Werdegang auf die Bühne zu bringen. Die Inszenierung präsentiert sich mutig, schwungvoll und facettenreich. Das 18. Jahrhundert trifft hier auf moderne Einflüsse, sodass sich zeitgenössische Elemente mit innovativen Akzenten vereinen. Kunstvoll verwebt die Produktion die Zeit des Geschehens mit der Gegenwart und bringt ein (für den ein oder anderen Zuschauer sicherlich überraschendes) Produkt voller Energie hervor, das sich deutlich abhebt und mit Figuren spielt, welche ebenfalls eine ausgewogene Mischung aus Zeitgeist und modernem Charme verkörpern. Bei der Besetzung der einzelnen Rollen wurde - wie bei den Bad Hersfelder Festspielen so oft - ein gutes Händchen bewiesen und so lässt eine herausragende Truppe an Künstlerinnen und Künstlern die farbenfroh inszenierte Geschichte rund um einen der bedeutendsten Dichter und Denker erblühen. 

(c) BHF/Lefebvre

In der Hauptrolle des jungen "Johann Wolfgang Goethe" brilliert Philipp Büttner. Mit einer unglaublichen Ausstrahlung nimmt er die Bühne für sich ein und kreiert ein authentisches Bild eines jungen Mannes, der sich in einem inneren Kampf zwischen seiner Leidenschaft zum Schreiben und den Erwartungen seines Vaters befindet. Mit viel schauspielerischem Geschick entwickelt der Darsteller ein sehr menschliches, verletzliches Abbild des großen Dichters und baut mittels der Wärme und des Feingefühls, welches er der Zeichnung dieses Charakters entgegenbringt, von der ersten Szene an eine intensive Beziehung zu dem Publikum auf. Philipp Büttners Kreation der Figur lebt von einem enormen Facettenreichtum. Gekonnt verbindet er die Leidenschaftlichkeit des jungen Mannes, die er seinem Freund sowie seiner Geliebten entgegenbringt, mit schelmischen, ja beinahe lausbübischen Zügen, die die Zuschauer in dem Charakter stetig auch einen kleinen Revolutionär sehen lassen, der nicht in das Erwartungsraster der damaligen Gesellschaft passt. Es macht große Freude, die Figur mit pointierten herausgearbeiteten Eigenschaften auf ihrer Reise zu sich selbst zu begleiten und zu sehen, wie aus so vielen kleinen Steinchen ein buntes Mosaik entsteht, das über die landläufigen Vorstellungen eines Dichters der damaligen Zeit hinausgeht, ja vielmehr einen Menschen mit Stärken und Schwächen widerspiegelt, der gegen die Erwartungen der Gesellschaft und manchmal auch gegen seine eigenen Widerstände ankämpfen muss. Doch Philipp weiß nicht nur schauspielerisch auf ganzer Linie zu überzeugen, auch seine herausragende Stimme hat einen erheblichen Anteil an dem Fazit, das man nach Ende der Vorstellung ziehen muss: Dem Künstler ist die Rolle wie auf den Leib geschneidert. Brillant meistert der Darsteller alle Herausforderungen, die diese komplexe Rolle an einen Schauspieler und Sänger stellt und beweist somit, dass er mehr als geeignet für dieses große Engagement ist.

Auch Iréna Flury vermag mit ihrer darstellerischen Raffinesse sowie ihrer spielerischen Leichtigkeit in der Rolle der "Lotte" zu begeistern. Mit einer äußerst positiven Ausstrahlung tritt die Künstlerin als herzensgute, einfühlsame und zugleich sehr schlagfertige und wortgewandte Lotte auf, die der Zuschauer mit ihrer quirligen Art in Windeseile in sein Herz schließt. Ebenso wie bei ihrem Spielpartner bleibt auch Irénas Spiel zu keiner Zeit an der Oberfläche. Mehr als glaubwürdig durchlebt sie die Entwicklung von einem lebensfrohen Wirbelwind hin zu einer pflichtbewussten Frau, in deren Fokus zu jeder Zeit ihre Geschwister sowie ihr Vater stehen, und lässt den Konflikt zwischen ihrer Liebe für Goethe und dem Wohl ihrer Familie transparent werden. Glanzvoll präsentiert sich zudem ihre rundum grandios ausgebildete Stimme, mit der Iréna treffsicher die in der musikalischen Linie verarbeiteten Stile verbindet. Glockenklar, ja man mag schon fast engelsgleich sagen, lässt sie in der einen Minute zarte musikalische Passagen erstrahlen, während sie in der nächsten Minute ihre Stimmgewalt unter Beweis stellt.

(c) BHF/S. Sennewald

Weiterhin begeistert Jonas Hein in der Rolle des "Wilhelm", Johanns in Wetzlar neu gewonnenem Freund, der für ihn den einzigen Lichtblick in dem vom Vater ausgewählten Reichskammergericht darstellt. Gemeinsam erleben die beiden jungen Männer diverse Abenteuer, legen ihre Herzen der Damenwelt zu Füßen und lernen dabei still und heimlich das tiefe Gefühl einer besonderen Freundschaft kennen. Diese innige Verbindung transportiert Jonas Hein gemeinsam mit seinem Spielpartner Philipp Büttner fabelhaft und lässt die Zuschauer mittels seines wunderbaren Fingerspitzengefühls für den Charakter an dem Knüpfen einer tiefen Freundschaft teilhaben. Feinfühlig lässt sich der Darsteller auf die Figur des treuen Wegbegleiters und leidenschaftlichen Liebhabers ein und arbeitet ihre Charakterzüge detailreich aus. Dabei legt er so viel Wärme und sichtliche Spielfreude in die Rolle, dass man nicht anders kann, als die Figur von den ersten Szenen an in sein Herz zu schließen. 

Einer der heimlichen Stars ist an diesem Nachmittag sicherlich Christof Messner, der mit einer schauspielerischen Meisterleistung zu begeistern weiß. Scheinbar mühelos gelingt es ihm, der Figur des Gerichtsrates "Albert Kestner" Leben einzuhauchen und die kontroverse Beziehung zu Goethe herauszustellen. Das Verhältnis zu dem jungen Johann gestaltet sich sehr dynamisch. Während der autoritäre Kestner zunächst bemüht ist, den Gehorsam des Mannes zu fördern und ihm die ein oder andere Standpauke zu halten, erlaubt er sich mit der Zeit immer stärker, auch hinter die Fassade Goethes zu schauen und dort den feingeistigen Künstler zu entdecken, der in ihm sowohl Bewunderung als auch tiefen Neid auslöst. Christof lässt die unterschiedlichen Haltungen, die Albert Kestner gegenüber Goethe einnimmt, authentisch transparent werden und ermöglicht dem Publikum - trotz der nach außen getragenen Strenge des Charakters - einen tiefen Einblick in sein Innenleben. Geschickt balanciert der Darsteller dabei zwischen verschiedenen Gefühlsregungen, die von Eifersucht und Angst gegenüber einer vermeintlichen Bedrohung seitens des Konkurrenten Johann Goethe bis hin zu wahrhaftiger Zärtlichkeit gegenüber seiner Geliebten reichen. Christof arbeitet sehr differenziert die Nuancen des Charakters heraus und gibt so einer vielschichtigen Figur den Raum, in ihrer Komplexität zu strahlen. 

(c) S. Sennewald

Detlef Leistenschneider und Rob Pelzer überzeugen in der Gestaltung zweier differenter Vaterfiguren, die entscheidenden Einfluss auf das Leben von Lotte und Johann sowie deren Entscheidungen nehmen. Detlef kreiert einen fürsorglichen, zugewandten Vater, der seinen Kindern eine tiefe Zuneigung entgegenbringt und versucht, seine Familie auf allen Eben abzusichern. Im Rahmen dieses Engagements kann der Darsteller nicht nur mit einem rundum gelungenen schauspielerischen Auftreten überzeugen, sondern auch seine wundervolle, warme Stimmfarbe herausstellen. Mit der Präsentation des Liedes "Liebe ist wie Wasser" beschert Detlef dem Publikum einen musikalischen Genuss und sorgt für kollektive Gänsehaut im Zuschauerraum. Auch sehr auf familäre Interessen bedacht erscheint die von Rob Pelzer grandios in Szene gesetzte Figur des "Herrn Goethe". Jedoch präsentiert sich diese Vaterfigur, die sicherlich das Beste für ihren Sohn erreichen möchte, als recht autoritär und konservativ in ihren Ansichten. Dem Künstler gelingt es fabelhaft, die Verbissenheit des Vaters hinsichtlich der Ausbildung des jungen Johanns zu einem Juristen und der Absicherung seiner beruflichen Nachfolge mittels seiner Interpretation der Figur zu transportieren und bei aller Durchsetzungskraft und Autorität des Charakters doch nie den Blick für die dahinterliegenden väterlichen Gefühle zu verlieren. Hervorragend durchlebt Rob in der Rolle des Goethe senior die Entwicklung vom enttäuschten Mann, der seinen künstlerisch forcierten Sohn nicht annehmen kann, hin zu einem stolzen Vater, der sukzessive lernen muss, seine Zügel zu lockern.

(c) BHF/S. Sennewald

Das Gesamtwerk "Goethe!" präsentiert sich als groß angelegte Ensembleleistung, die von einer feinen Abstimmung zwischen Haupt- und Nebendarstellern lebt. Das Ensemble bringt die Bühne mit geballter künstlerischer Kraft zum Beben und kombiniert tänzerische Perfektion mit stimmgewaltigen gesanglichen Darbietungen. Besonders hervor stechen Darstellerinnen, wie Karen Müller, die in der Rolle des "Rotschopf" zu begeistern weiß, oder auch Inga Krischke, die eine herzensgute, liebevolle Interpretation von Lottes Schwester zaubert und ihre tolle Leistung mit stimmlicher Sicherheit abzurunden vermag. Zudem muss man sicherlich einige Worte über die sensationelle Leistung von Darsteller Mischa Mang verlieren, der mit spielerischer Leichtigkeit zwischen den unterschiedlichsten Rollen wechselt und jeder Figur, ob "Professor", "Postler" oder auch lüsterner "Mephisto", eine eigene Handschrift verleiht. Vor allem Letzteren zeichnet Mischa unglaublich eindrucksvoll und charakterstark und strahlt dabei eine Gänsehaut verurachsende Laszivität und Eindringlichkeit aus. 
Dem gesamten Ensemble gelingt es ohne Zweifel, den Besucher in den Bann der Geschichte zu ziehen und - trotz des Spiels unter freiem Himmel - die Strahlkraft und Präsenz bis in die letzte Reihe der Stiftsruine auszusenden.

In puncto Bühnenbild braucht es bei einer solch grandiosen Kulisse wie der Bad Hersfelder Ruine und solch spielfreudiger Cast, welche an diesem atmosphärisch aufgeladenen Ort zu begeistern weiß, gar nicht viel. Das Gemäuer der Stiftsruine schafft ein unvergleichliches Flair für die Aufführung der Produktion und spielt mit seinem einzigartigen Charme in den Erzähltypus der Geschichte hinein. Ein laues Lüftchen streift dem Zuschauer um die Beine und lädt gleich dazu ein, sich mit Johann Goethe auf eine abenteuerliche Reise nach Wetzlar zu begeben, die ihn Streifzüge durch kleine Gassen und naturelle Schauplätze erfahren lässt. Die Wirkung der Spielstätte wird ergänzt durch ein simples, aber dennoch effektvolles Bühnenbild, das durch an Scherenschnitte erinnernde Elemente gezaubert wird. 

(c) BHF/S. Sennewald

Die musikalischen Arrangements der Show muten überraschend modern und schwungvoll an. Gefühlvolle Balladen werden mit kraftvollen, fetzigen Beats kombiniert, die den Songs eine ungeahnte Energie und Sogkraft entlocken. Bereits beim ersten Hören schleicht sich der ein oder andere Ohrwurm ein und spätestens bei erneutem Genuss der Songs geht eine Nummer nach der nächsten in Windeseile ins Ohr und manifestiert sich dort als neues Herzensstück. Die aktuelle Bad Hersfelder Produktion wartet auf jeden Fall mit einer Menge musikalischer Überraschungen auf und versteht es meisterhaft, unterschiedliche Stile miteinander zu verbinden und eine große kompositorische Palette zu bespielen. Die Melodien fließen förmlich durch das alte Gemäuer und entfalten durch die Stimmgewalt des Ensembles ihren gesamten Zauber. Den einzigen Wermutstropfen stellt dabei eine punktuell nicht ausbalancierte Soundkulisse dar, die an diesem Nachmittag insbesondere zu Beginn des ersten Aktes von einer nicht ganz gelungenen Abmischung geprägt war. In einigen Szenen fiel es dementsprechend recht schwer, den Liedtexten zu folgen, die einen erheblichen Einfluss auf das Verständnis des Handlungsverlaufs haben. Der Plan, Goethes Geschichte in dieser Produktion fast ausschließlich durch gesungene Texte zu erzählen, macht die Struktur der Inszenierung zu etwas ganz Besonderem und geht auch - unter der Voraussetzung einer stimmigen Abmischung - perfekt auf.

Eindrucksvoll gestalten sich auch die Choreografien der Inszenierung, welche so eindringlich und ausdrucksstark daherkommen, dass man das Auge einfach nicht abwenden kann. Da wird die volle Bewegungskraft des Körpers ausgenutzt, um die Songs mit prägnanter Körpersprache zu unterstreichen. An der ein oder anderen Stelle hätte es in meinen Augen gar nicht so exzentrische Choreografien gebraucht, da die musikalischen Arrangements an sich bereits einen sehr eigenen Charakter sowie einen starken Ausdruck transportieren. Doch trotz kontroverser Diskussionen lässt sich in jedem Falle festhalten, dass die Choreografien eine hoch individuelle Handschrift tragen und aufgrund ihres eindrücklichen Charakters lange nachklingen.

(c) BHF/S. Sennewald

Das Musical "Goethe!" bietet dem Zuschauer eine facettenreiche Vorstellung, die voller kreativer Ideen auf allen Ebenen steckt und sowohl dramaturgisch als auch kompositorisch durch eine unglaublich kluge Ausgestaltung punktet. Hier wird die Geschichte eines der größten Helden deutscher Sprachkunst und Dichtung in einen zeitgemäßen Rahmen eingebettet, sodass sich kunstvolle Verwebungen von historischem und modernem Zeitgeist ergeben. Den kreativen Köpfen ist es gelungen, ein charakterstarkes Produkt zu erschaffen, das durch die fantastische Leistung eines jeden Darstellers und einer jeden Darstellerin zu einem eindrucksvollen Musicalerlebnis erwächst, das voller Liebe zum Detail und Feingeist steckt. Brillant werden Textschnippsel und Assoziationen mit Deutschlands großem Schreibgenie eingearbeitet, die die gedankliche Verbindung des Dargebotenen mit der Lebzeit Goethes noch greifbarer machen.
Ebenso wie die Goethezeit verschiedene Epochen, wie Sturm und Drang, Romantik und Klassik vereint, führt auch die Bad Hersfelder Inszenierung unterschiedliche Stile und Erzählelemente geschickt zusammen, welche die großen Emotionen der Romantik, aber auch die Kerngedanken der freiheitlichen Selbstverwirklichung und Rebellion inhaltlich sowie inszenatorisch verknüpfen. Die Inszenierung gestaltet sich erfrischend anders und bietet Jung und Alt die Möglichkeit, abseits von trockenen Deutsch- oder Geschichtsbüchern einen farbenfrohen Johann Goethe kennenzulernen, der durch seine Standhaftigkeit und vor allem seine Menschlichkeit begeistert. Die Geschichte eines gefeierten Dichters und Denkers wird plötzlich zu einer Geschichte über das Scheitern und Kämpfen, über die Suche nach dem eigenen Weg und über Freundschaft, Liebe und Konkurrenzkampf. "Goethe!" setzt einen neuen Akzent in der Musicalwelt und lässt die Besucher des diesjährigen Festspielsommers in ein Wetzlarer Abenteuer eintauchen, das für einen Abend "raus aus dieser Welt" führt und die Faszination für einen bislang nicht so präsenten Blick auf diese bedeutende Figur der deutschen Kulturszene weckt. Die Produktion ermöglicht es uns, Goethe in vielen Farben zu sehen - als Kämpfer, Revolutionär und Vorbild, als Entdecker, als Identifikationsfigur und als Mensch... Und egal, welche Vorstellung das Publikum zu Beginn der Show mitbringt, dieses Musical besticht vor allem durch eines: Überraschungen! Also, lasst euch überraschen und begebt euch auf eine eindrückliche Reise in das Jahr 1772.

(c) S. Sennewald







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